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Der Nahe Osten am Vorabend des Ersten Weltkriegs

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Am Vorabend des Ersten Weltkriegs ging eine tiefe Spaltung durch die Länder des Osmanischen Reichs und Persiens. Europäische und amerikanische Missionare hatten über ihr Wirken, vor allem über ihre Schulen, westliche Bildung und westliche Vorstellungen unter den Christen verbreitet. Die Schulen der armenischen und griechischen Gemeinden sowie die der mit Rom unierten Kirchen hatten dieses Bildungs- und Wertesystem ebenfalls aufgegriffen und ihm zu weiter Verbreitung verholfen. Damit tat sich eine immer größere Kluft zwischen westlich gebildeten Christen und religiös-traditionell denkenden Muslimen auf.112 Die wirtschaftliche Entwicklung der Christen, die die der Muslime bei weitem übertraf, schuf Neid und Missgunst. Christen profitierten von ihrer Kenntnis europäischer Sprachen (die sie an den neuartigen Schulen erworben hatten), ihrer Unvoreingenommenheit gegenüber dem christlichen Europa und seiner Gedankenwelt (viele Muslime hatten religiöse Vorbehalte gegen europäische, in ihren Augen „christliche“ Errungenschaften) und ihren guten Beziehungen zu europäischen Handelsfirmen und Konsuln. So hatten sie bedeutende Vorteile gegenüber ihren muslimischen Konkurrenten. Die neu entstehenden Berufe waren quasi ein Monopol der Nicht-Muslime: Ärzte, Architekten, Ingenieure, Fotografen sowie Angestellte im Druckereiwesen, in der sich modernisierenden Staatsverwaltung, in der Post- und Telegraphenverwaltung, und bei der Eisenbahn. Muslime arbeiteten dagegen weiter im Militär, dem traditionellen Handwerk, dem kleinen und mittleren Handel (im Groß- und Fernhandel wurden sie immer mehr von Christen verdrängt) und in der Landwirtschaft.

Mit den Reformen des 19. Jahrhunderts wurden im Osmanischen Reich und Ägypten Christen den Muslimen rechtlich gleichgestellt (in Persien erfolgte dieser Schritt erst mit der konstitutionellen Revolution von 1906). Für viele Muslime war dies nicht mit ihrer Vorstellung von einer islamischen Gesellschaftsordnung vereinbar. Nur eine Elite von westlich gebildeten Muslimen stand hinter diesen Maßnahmen. Die Tatsache, dass viele der Reformen auf den Druck europäischer Mächte zurückgingen und dass europäische Regierungen, lokale Konsuln und westliche Missionare immer wieder auf den „Schutz“ der orientalischen Christen drängten, ließ ihnen die Gleichstellung der Nicht-Muslime als Instrument westlicher Herrschaft über die islamische Welt erscheinen. Dass Russland und die entstehenden, aus muslimischer Sicht „christlichen“ Balkanstaaten Muslime in großer Zahl und oft unter unsäglichen Bedingungen aus den von ihnen erworbenen Gebieten vertrieben, tat ein Übriges, um Ressentiments gegen heimische Christen zu schüren. Die koloniale Expansion Europas auf bisher muslimischem Territorium (Besetzung Algeriens durch Frankreich ab 1830, französisches Protektorat über Tunesien 1881, britische Besetzung Ägyptens 1882, Teilung Persiens in ein russisches und ein englisches Einflussgebiet 1907, Besetzung Tripolitaniens durch Italien 1911) verhärtete die Fronten. Dass orientalische Christen, ob sie es wollten oder nicht, von europäischen Mächten protegiert wurden (oft genug haben sie aber auch selbst den Schutz europäischer Staaten angerufen), ließ sie Muslimen als Handlanger dieser Länder erscheinen. Die Muslime empfanden sie als Ergebnis der Reformen also nicht als gleichgestellt – schon dies wäre angesichts ihres jahrhundertealten ḏimma-Status schwer zu ertragen gewesen –, sondern als privilegiert.

Unauflöslich wurde die Situation schließlich durch das Erstarken des Nationalgefühls unter Armeniern und Griechen, dem Unabhängigkeitsstreben der Maroniten im Libanon und den Hoffnungen auf Wiedererrichtung eines arabischen Reichs im Fruchtbaren Halbmond und der Arabischen Halbinsel.113 Diese Nationalismen trafen auf einen sich ausformenden türkischen Nationalismus, der die Macht im Osmanischen Reich einer türkischen Herrscherklasse vorbehalten oder – je nach Ausrichtung – ein türkisches Anatolien schaffen wollte. Die konstitutionelle Phase des Komitees Einheit und Fortschritt war ein letzter Versuch, den multinationalen und multireligiösen Charakter des Osmanischen Reichs zu erhalten. Er scheiterte am Unverständnis weiter muslimischer Kreise (konservative Religionsgelehrte, ungebildete Massen, nomadisierende Stämme, unkontrollierte muhacir in Anatolien), dem Autonomiestreben einflussreicher Kreise in den Reihen der Armenier und Griechen (das von internationalen Kräften noch befeuert wurde) sowie dem auf Ablehnung alles Türkischen basierenden arabischen Nationalismus. Ab 1912 prallten diese Nationalismen mit voller Wucht aufeinander. Religiöse Aspekte, die nicht selten von europäischen Beobachtern noch bestärkt wurden, gaben den Nationalismen zusätzlichen Auftrieb. Diese Entwicklung führte letztlich in die Katastrophen, die die Völker des Osmanischen Reichs während des Ersten Weltkriegs trafen. Aber auch der Nordwesten Persiens, das versuchte, sich aus dem Krieg herauszuhalten, wurde Schauplatz von Ereignissen, die ihren Ursprung in Anatolien und dem Kaukasus hatten. Mit der Schilderung dieser Ereignisse müssen wir die Geschichte der Christen des Nahen Ostens im 20. Jahrhundert beginnen.

1 Fattal 1958:71–313; Bat Ye’or 1991:66–191, Bat Ye’or 1994:33–129.

2 Braude 1982.

3 Lewis 1961:73–125; Karpat 1982:162–167; Augustinos 1992:57–74; Masters 2001:134–140.

4 Göçek 2002:26.

5 Masters 2001:130–134.

6 Karal 1982:394.

7 Lewis 1961:160–165.

8 Der Anerkennung der Katholiken waren Verfolgungen im Umfeld des griechischen Unabhängigkeitskriegs vorangegangen. Die Anerkennung als millet erfolgte mit erheblicher diplomatischer Unterstützung Frankreichs. Der chaldäische und der syrisch-katholische Patriarch hatten 1844 und 1845 in bilateralen Verträgen mit dem armenisch-katholischen Prälaten von Konstantinopel ihre Rechte festgelegt, ohne dafür einen eigenen Berat des Sultans anzustreben. In der armenisch-katholischen Kirche gab es zunächst eine Konkurrenz mit dem bestehenden Katholikossat von Kilikien mit Sitz in Bzommar im Libanongebirge. Diese wurde erst 1867 mit der Zusammenführung der beiden Primate aufgelöst. Allerdings wurde die armenisch-katholische Kirche bis zum Ersten Weltkrieg immer wieder von inneren Krisen geschüttelt, die um die Beteiligung des Nationalrats bei der Wahl des Patriarchen kreisten. Rom hatte seinen Primatsanspruch in dieser Frage in der Bulle Reversurus von 1867 deutlich gemacht, es gab aber immer wieder Schismen. Hajjar 1962:166–167; Schlicht 1981:93–96; Frazee 1983:256–274 (Armenier), 288–289 (Melkiten); 294 (Syrer); Masters 2001:108–111.

9 Merten 2014:62–95.

10 Taylor 2013:87.

11 Augustinos 1992:122–137.

12 Zum Beispiel die Constantinopel Literary Society (Ellīnikos Filologikos Syllogos Konstantinoupoleōs, 1861) für die Griechen, die Ararat Society (Araratean Enkerut’iun) und die Altruistic Society (Andznever, 1860er Jahre Istanbul) für die Armenier sowie die Society of Refinement (Ğamʿiyyat altahḏīb, 1847 Beirut), die Society of the Arab Revival (al-Nahḍa al-ʿarabiyya, 1906 in Istanbul) und der Arabische Club (al-Muntadā al-ʿarabī, 1909 Istanbul) für die Araber, mit überproportional starker Vertretung arabischer, meist griechisch-orthodoxer und protestantischer Christen. Kulturelle und nationalistische Zielsetzungen vermischten sich in diesen Gesellschaften schnell. Augustinos 1992:177–180; Göçek 2002:45–51.

13 Augustinos 1992:177–185; Göçek 2002:27, 30–48.

14 Göçek 2002:31–34.

15 Augustinos 1992:19–32, 75–107.

16 Zu diesem Thema siehe v.a. Schlicht 1981.

17 Issawi 1982:273–276; Baer 1962:7–12, 63–70.

18 Joseph 1983:26–27; Baibourtian 2013:38–39, 51–53, 62–64.

19 Kawerau 1958:233–254; Coakley 1992:11–43; O Flynn 2016:649–664.

20 Mayeur-Jaouen 2005:771.

21 Baibourtian 2013:58, 69, 86, 90–91.

22 Baibourtian 2013:94–96, 132–133.

23 Merten 2014:140–144.

24 Valognes 1994:807–808.

25 Merten 2014:153.

26 Göçek 2002:52–53.

27 Joseph 1983:91–92; Valognes 1994:807–808; de Courtois 2002:97–115; Baibourtian 2013:154–157. Bei den Unruhen kamen in Diyarbakir laut Bericht des französischen Vizekonsuls 1.000 Armenier ums Leben, 250 wurden verletzt. Syrer und Chaldäer zählten 167 Tote und 21 Verletzte. Weibel Yacoub 2011:50–51.

28 Baibourtian 2013:178–179, 184.

29considering that saving the sacred Ottoman fatherland from separation and division is an objective of the two organizations’ joint cooperation, they will work to practically dispel within public opinion the false story inherited from the despotic regime that the Armenians stride for independence.“ Zitiert bei Campos 2011:248.

30 Lewis 1961:203–225; Kévorkian 2006:71–96.

31What we cannot and will not do is sacrifice one iota of the ecclesiastical autonomy which we have enjoyed since Constantine XI [the last Byzantine emperor] died.Daily Telegraph, 31. Oktober 1908. Zitiert bei Campos 2011:247 nach H. Şükrü Ilıcak, „Unknown ‘freedom’ tales of Ottoman Greeks“, in İkinci meşrutiyet’in ilânının 100üncü yılı, ed. Bahattin Öztuncay, Istanbul, 2008:28. 1916 wurde durch ein Dekret die kollektive und nationale Vertretung der verschiedenen Ethnien bzw. Religionsgemeinschaften abgeschafft und der Terminus millet durch cemaat (Gemeinschaft) ersetzt. Am 1. Januar 1918 wurde die Zivilehe als allein gültige Ehe eingeführt; religiöse Eheschließungen waren aus staatlicher Sicht damit nur noch optional. Der alternde griechische Patriarch Germanos V. (1913–1918) versuchte die Säkularisierungstendenzen und den Antiklerikalismus der jungtürkischen Regierung zu bekämpfen, allerdings mit wenig Erfolg. Alexandris 1992:36.

32 Bereits im Jahr 1903 hatten Fedayi des Dashnak einen Attentatsversuch auf Patriarch Ormanian unternommen. Ihrer Auffassung nach war er zu eng mit dem Regime von Sultan Abdülhamid verbunden. Das Attentat war gescheitert. Die Armenische Nationalkammer war seit 1891 nur vier Mal zu besonderen Anlässen (drei davon waren Wahlen eines neuen Patriarchen) und mit besonderer Genehmigung des Sultans zusammengerufen worden. Kévorkian 2006:86–87.

33 Der Libanon und Ägypten nahmen allerdings nicht an den Wahlen teil und entsandten keine Abgeordneten.

34avant toute chose travailler dans l’intérêt général de l’empire. Les intérêts particuliers de la nation arménienne viendront après.“ In der Zeitung Jamanag vom 6. Januar 1909. Zitiert bei Kévorkian 2006:90.

35Tous les crimes qui ont souillé la Turquie et la patrie ottomane ont provoqué sa ruine. Ils étaient la conséquence de la réduction en esclavage de la population. L’esclavage est, sous toutes ses formes, insupportable, mais celui de la parole et de la plume est la pire de toutes les formes de soumission. Si, jusqu’à présent, tant de crimes et d’injustices ont été commis, si la ruine de l’Empire ottoman a jusqu’à présent systématiquement progressé, la raison principale à cela est que nous étions privés de parole, du droit de protester, de notre capacité à défendre les droits légitimes de notre patrie sacrée: on coupait la langue de ceux qui exigeaient la justice; on brisait la plume qui s’exprimait contre l’injustice.“ Wiedergegeben in der armenischen Zeitung Puzantion Nr. 3764 vom 27. Februar 1909:1, zitiert bei Kévorkian 2006:104.

36 Kévorkian 2006:108–124; Weibel Yacoub 2011:55–56.

37Il n’est pas douteux qu’au temps de l’Ancien Régime où se pratiquaient les abus du despotisme, certaines classes de la communauté arménienne travaillaient dans un but politique. Mais quelle que soit la forme dans laquelle ce travail s’opérait, il n’avait d’autre but que de s’affranchir des vexations et des méfaits insupportables d’un gouvernement despotique. Par contre, en ces derniers temps, il a été constaté que les Arméniens ont aidé beaucoup à ce que la nation obtienne la Constitution et ont de ce fait prouvé leur sincère attachement à la patrie ottomane. Après l’octroi de la Constitution surtout, convaincus que, hors la fidélité à la Constitution ottomane, il ne pouvait y avoir ni salut ni bonheur pour leur nation, ils ont concentré leurs efforts pour travailler d’un commun accord au bienêtre de cette dernière. En conséquence, la mauvaise opinion qui fait soupçonner par ceux qui ignorent la vérité la communauté arménienne d’entretenir des visées politiques blâmables n’a certainement pas sa raison d’être.“ Zitiert bei Kévorkian 2006:106.

38D’un bout à l’autre de l’Anatolie une menace de massacre s’étendit sur leur tête. Ils servirent d’otages entre les mains des musulmans. Si ces massacres n’eurent pas lieu, cela fut dû uniquement à ce que, quoique victimes des plus abominables forfaits, les Arméniens avaient renoncé même à demander justice, craignant que leur attitude ne fût interprétée comme un acte de provocation. […] Exposés à ces attentats et au danger d’être massacrés en masse, ceux-ci ne peuvent compter sur aucune protection gouvernementale et n’ont même pas le droit de se défendre. S’ils se procurent des armes, ils sont tout de suite accusés de préparer un soulèvement. La vigilance du gouvernement ne se trouve jamais en défaut contre eux. L’action gouvernementale, en les montrant toujours prêts à prendre les armes, ne fait qu’exciter davantage la haine des masses fanatiques.“ Kévorkian 2006:218–219.

39 Zitiert bei Kévorkian 2006:185–186.

40 Kévorkian 2006:221.

41 Salibi 1965:3–25.

42 Salibi 1965:25–39; Schlicht 1981:28–52. Zu den gesellschaftlichen Veränderungen siehe Chevallier 1971.

43 Salibi 1965:53–105; Schlicht 1981:51–57, 64–75; Masters 2001:163–164.

44 Salibi 1965:106–119.

45 Salibi 1965:112–113.

46 Zamir 1985:18–19.

47 Zamir 1985:21.

48 Zamir 1985:33–37.

49 Schlicht 1981:23–27; Masters 2001:135–136.

50 Masters 2001:158–161.

51 Schlicht 1981:67–75; Masters 2001:163–164.

52 Hopwood 1969:68.

53 Hopwood 1969:130, 150–157.

54 Heyberger 2014:453–478.

55 Hajjar 1962:270–272; Masters 2001:151–152; Libois 2009:161–176, 251–252.

56 Hourani 1967:96–97.

57 Masters 2001:171–179.

58 Hourani 1967:97–102, 274–276.

59 Kawerau 1958:381–388.

60 Libois 2009:119.

61 Hourani 1967:273–274; Hopwood 1969:163–175.

62 Hourani 1967:277–279, 283–284; Hopwood 1969:172, 175–177.

63 Hopwwod 1969:14.

64 Schölch 1986:20–22.

65 Schölch 1986:47–58.

66 1842 wurde ein preußisches, 1843 ein sardisches, 1844 ein amerikanisches und ein österreichisches Konsulat in Jerusalem eröffnet. 1843–1844 und 1848–1854 waren russische Missionen in Jerusalem und 1856 wurde ein russischer Bischof dort eingesetzt. Die Installation von Konsuln zeigt den Wettlauf der europäischen Mächte um die Protektion der Christen und der Heiligen Stätten.

67 Schölch 1986:250–252.

68 Schölch 1986:71–73.

69 Krämer 2015:121–148.

70 Hopwood 1969:197–200; Tsimhoni 1978:81–84; Roussos 1995:217–218; Campos 2011:52–55.

71 Ceylan 2011:107–108.

72 Zahlen bei Ceylan 2011: 34–35.

73 Ceylan 2011: 110–115, 130.

74 Ceylan 2011:121.

75 Filoni 2006:70; Richard 2001:241–242.

76 Fiey 1959:61–63.

77To their ears the words had sounded like a knell. Universal liberty is not a gift prized by tyrants and equality stinks in the nostrils of men who are accustomed to see their Christian fellow citizens cower into the nearest doorway when they ride through the street.“ Bell 1911:248.

78Môṣul was in a state of complete anarchy. Christians were openly insulted in the streets, the civil and military authorities were helpless, and no less helpless was the local committee of Union and Progress. When the troops came some degree of order was restored, but the reactionary movement was not arrested. The formation of a League of Mohammad, which was designed as a counterblast to the Committee of Union and Progress, went on apace. It appealed to Moslems of the old school, who had a genuine dread of the effects of the new spirit upon the observance of the laws of Islâm; it appealed to the ignorant to whom the conception of the equality of Christian and Moslem is incomprehensible, and it was eagerly welcomed by all who were opposed to constitutional government on grounds more or less personal to themselves. He arrested and imprisoned a number of persons and administred severe rebukes to the leading Moslems, together with assurances that the government would protect the rights of Christians.“ Bell 1911:250–251.

79 Bell 1911:266 (Mar Matta, syrisch-orthodox):281 (Rabban Hormizd, chaldäisch). Ansonsten liegen zur Aufnahme der Reformen kaum Informationen vor. Auch die von J.M. Fiey in seinen drei Bänden Assyrie chrétienne minutiös gesammelten Informationen zu den christlichen Dörfern im Nordirak bieten für das 19. Jahrhundert wenig Auskunft.

80 Behrens-Abouseif 1972:7; Behrens-Abouseif 1982:187–189.

81 Vatikiotis 1991:49–52.

82 Behrens-Abouseif 1982:189.

83 Vatikiotis 1991:56–57.

84 Baer 1962:1–7, 13–19; Vatikiotis 1991:53–56; Cuno 1992, 103–104, 106–107, 155–163.

85 Behrens-Abouseif 1982:190–191.

86 Vatikiotis 1991:81–82, 101–105.

87 Cuno 1992:176–178; Elsässer 2014:13–14, 19, 28–29.

88 Vatikiotis 1991:73–89, 124–141, 169–177, 191–192, 218–219.

89 Butros Ghali hatte Forderungen der Suez-Kanal-Gesellschaft nach Verlängerung ihrer Konzession um 40 Jahre (von der bis 1968 geltenden Konzession noch einmal bis 2008) unterstützt. Dies beförderte den Hass auf den christlichen Premier, der sich bereits vorher als Justizminister in den Augen vieler Muslime diskreditiert hatte. Als solcher hatte er in der sogenannten Dinshawai-Affaire von 1906 einem Sondergericht vorgesessen, das mehrere Todesurteile und andere schwere Strafen gegen Dorfbewohner in der Provinz Minufiyya verhängte, die nach einem Jagdunfall, bei der die Frau des lokalen Imams von britischen Soldaten erschossen worden war, in Kämpfe mit den Truppen geraten waren. Die islamisch-nationalistische Presse nutzte dies aus, um den koptischen Minister heftig anzuklagen. Vatikiotis 1991:206–209.

90 Folgende Zahlen wurden genannt: 62 % der Stellen im Innenministerium seien von Kopten besetzt, 44 % im Finanzministerium, 48 % in den Post- und Eisenbahnbehörden, 30 % im Verteidigungsministerium, 15 % im Justizministerium und 6 % im Kultusministerium. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung betrage aber nur 6,43 %.

91 Behrens-Abouseif 1972:72–76; Carter 1986:14–15; Elli 2003:385–386; Ibrahim 2013:57–58.

92 Richard 2009:46–48. Die Kapitulationen wurden erst von Reza Schah abgeschafft.

93 Hellot-Bellier 2006:81. 9.000 armenische Familien sollen allein aus Tabriz abgewandert sein, nur 2.500 blieben. O Flynn 2016:593, 605.

94 O Flynn 2016:593–594.

95 O Flynn 2016:713–714.

96 O Flynn 2016:608.

97 O Flynn 2016:604–618.

98 Richard 2009:56–57; O Flynn 2016:715–718.

99 Hellot-Bellier 2006:101. Dort auch eine französische Übersetzung des Ferman. O Flynn 2016:720–722.

100 Richard 2009:67–71; O Flynn 2016:665.

101 Schwartz 1979:84–85; Bugnini 1981:188–189; Schwartz 1985:48–49; Golnazarian-Nichanian 2009:63; Hellot-Bellier 2014:232–235.

102 Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts waren im Iran die weltweit organisierten armenischen Parteien präsent und sehr aktiv, zunächst Armenakan, dann Hnchak und Dashnak. Von iranischem Boden wurden Fedayi-Kämpfer und Waffen ins Osmanische Reich und in den russischen Kaukasus eingeschleust. Das Kloster Derik in Salmas wurde in den 1890er Jahren von Armenakan und Dashnak wieder aufgebaut und als Waffenlager genutzt. 1899 baute der Dashnak das berühmte Thaddäus-Kloster in Maku wieder auf und nutzte es außer für liturgische Zwecke ebenfalls als Stützpunkt für Transporte von Waffen, Kämpfern und politischer Literatur. Die osmanische Regierung forderte die persische Regierung wiederholt dazu auf, diese Operationen zu stoppen. Die folgenden Durchsuchungen von armenischen Bauerndörfern rund im Salmas durch persische Einheiten führte zu Spannungen zwischen den armenischen Bauern und den Fedayi, weil die Landbevölkerung fürchtete, für die Aktionen der Fedayi verantwortlich gemacht zu werden. 1905 fielen osmanische Truppen in Nordwest-Persien ein (Vezneh und Lahijan), unter anderem um den Aktionen der Fedayi ein Ende zu bereiten. Im Juli zerstörten osmanische Truppen zahlreiche armenische Dörfer westlich des Urmia-Sees und beendeten die Aktivitäten lokaler Räte (anğomān). Dabei wurden sie von kurdischen irregulären Einheiten unterstützt. Hnchak und Dashnak verteilten Waffen zum Selbstschutz an die Dorfbevölkerung und organisierten Einheiten von armenischen Fedayi, die in den unruhigen Jahren 1907 bis 1912, in denen es zahlreiche Angriffe kurdischer Stämme und Racheaktionen assyrischer und armenischer Stämme und Dörfer gab, auch brutale Übergriffe auf muslimische Dörfer verübten. Kurdische Stämme waren dabei oft Instrument der osmanischen oder russischen Politik. Beide Länder versuchten ihren Einfluss in dem umstrittenen Gebiet westlich des Urmia-Sees zu vergrößern. Russland bot gleichzeitig den Christen – Assyrern und Armeniern – immer wieder Protektion an. Gruppen assyrischer Christen traten auch zur russisch-orthodoxen Kirche über.

103 Im ersten mağles waren Armenier und Juden durch die muslimischen Abgeordneten Sayyed Mohammad Tabataba’i und Sayyed Abdollah Behbahani vertreten.

104 In der ersten Version der Verfassung fehlte ein besonderer Bezug zum Islam. Dies wurde von den traditionellen Religionsgelehrten (ʿulamāʾ) mit Unmut aufgenommen. Daher wurden schließlich mehrere Ergänzungsartikel zur Verfassung erlassen. Die wichtigsten die Religion betreffenden waren Artikel 1, der den Zwölferschiismus ja’faritischer Prägung zur Staatsreligion erhob und festlegte, dass der Souverän und die Minister Muslime zu sein hätten, Artikel 2, der einen Rat von Religionsgelehrten vorsah, der darüber wachen sollte, dass nur islamkonforme Gesetze erlassen wurden, und Artikel 27, der bestimmte, dass kein Gesetz in Kraft treten dürfe, das dem Islam widerspricht. Außerdem sollte der Islam die religiöse Gerichtsbarkeit (šarʿī) bestimmen, nicht jedoch die zivilen Gerichte. Gegen den Protest der laizistisch inspirierten demokratischen Abgeordneten, die meisten davon aus Aserbaidschan, wurden die Ergänzungen am 12. Juni 1907 angenommen.

105 Chaqueri 1988:16–45; Chaqueri 1998a:80–101; Berberian 2001:86, 145–146.

106 Berberian 2001:54–55. 1894 gründete der spätere mağles-Abgeordnete Hovhannes Khan Masehian in Tehran die armenische Zeitung Shavigh („Der Weg“). Im Juli 1906 verbot die persische Regierung die Einfuhr der Dashnak-Zeitung Droshak sowie anderer „revolutionärer Broschüren“. Die armenischen Parteien druckten zu Beginn des 20. Jahrhunderts ebenfalls eigene Zeitungen im Iran. Der Hnchak ließ von 1910 bis 1922 seine Zeitung Zang („Der Ring“, Herausgeber: Aleksandr Ter Vardanian) erscheinen, der Dashnak Aravot („Der Morgen“, 1909–1912, Herausgeber: Hayrapet Panirian) und Ayg („Die Morgenröte“, 1912–1922, Herausgeber: G. Hakobian). Zwischen 1894 und 1919 erschienen insgesamt 24 armenische Zeitungen im Iran. Berberian 1996:8–10; Berberian 2001:47–51, 67–68, 94–95; Golnazarian-Nichanian 2009:62, 67–72; Hellot-Bellier 2014:320–329, 332–350.

107 Die Armenier von Salmas, die in den umliegenden Dörfern sehr zahlreich waren, waren dagegen im dortigen anğomān vertreten und nahmen aktiv am Widerstand gegen reaktionäre Kräfte teil. Im fast ausschließlich chaldäischen Dorf Khosrova wurde kein anğomān gebildet; die Bewohner von Khosrova stellten ihre Forderungen dagegen an den anğomān von Tabriz. Hellot-Bellier 2014:320–329, 332–350.

108 Naby 1977:245–246; Yonan 1978:88; Sanasarian 2000:42; Berberian 2001:96–98, 139–140; Golnazarian-Nichanian 2009:54. Die Regelung sicherte den anerkannten Minderheiten zwar eine Vertretung im Parlament, isolierte sie aber von der muslimischen Bevölkerung, da Christen, Juden und Zoroastrier nur für ihre eigenen Kandidaten stimmen konnten, nicht aber für muslimische. Umgekehrt konnten Muslime ihre Stimme einen Kandidaten der Minderheiten geben. Innerhalb der Armenier wurde folglich diskutiert, ob gemischte Wahlkreise nicht die bessere Lösung seien, weil dadurch langfristig religiöse Grenzen überwunden worden wären. Schließlich erhielt jede der genannten Minderheiten einen Abgeordneten. Die Armenier verlangten wegen der Größe ihrer Gemeinschaft dagegen zwei (der zweite Abgeordnete wurde ihnen erst 1925/1927 zugestanden). Die Armenier wählten bei den Wahlen im Februar 1910 Hovsep Mirzayan, der dem Dashnaktsutiun nahestand. Der assyrische Kandidat sollte aus der Provinz Urmia kommen, jedoch verhinderten Rivalitäten zwischen den Konfessionen die Wahl eines Abgeordneten. Bis zur russischen Besetzung der nordwestlichen Provinzen Persiens 1911 konnte keine Einigung herbeigeführt werden. Auch zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg wurde kein assyrischer Abgeordneter gewählt. Erst 1958 erhielten sie einen eigenen Vertreter im Parlament.

109 Chaqueri 1988:7–16; Berberian 1996:26–28; Berberian 2001:128–134, 149–156; Richard 2009:145–165, 142–143.

110 Hellot-Bellier 2014:353–408. Dort auch Einzelheiten zu den Ereignissen während der konstitutionellen Revolution aus Sicht der Assyrer.

111 Berberian 1996:29–32; Berberian 2001:173–183; Golnazarian-Nichanian 2009:103–104.

112 Nicht überall profitierten Christen von modernen Bildungseinrichtungen. Unter den syrisch-orthodoxen Christen des Tur Abdin, den Assyrern des Hakkari und den koptische Fellahen in Oberägypten hatte nur eine kleine Minderheit Zugang zu derartigen Schulen. Mayeur-Jaouen 2005:771.

113 Assyrische Bestrebungen nach Unabhängigkeit sind erst im Verlauf des Ersten Weltkriegs aufgrund alliierter Versprechen entstanden und waren nicht ursächlich für ihren Widerstand gegen die osmanische Herrschaft.

Christen im Nahen Osten

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