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Der Possibilist

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Als besonderes Heftchen-Beispiel sei “Der Hexer” genannt. Der Bastei Verlag wollte eine neue Grusel-Romanserie veröffentlichen. Als Wolfgang Hohlbein das geplante Titelbild mit dem Hexergesicht sah, bot er dem Verlag an, eine Probestory zu schreiben. Die geriet jedoch etwas komplexer als in Groschenromanen üblich. Sie lehnte sich an Howard Phillips Lovecraft an, weshalb Wolfgang Hohlbein dem Verlag empfahl, daraus keine Heft- sondern eine Taschenbuchserie zu machen.

Wie ein Refrain taucht Lovecraft in Hohlbeins Leben und Werk auf. Da gibt es vage biographische Parallelen: familiäre und schulische Schwierigkeiten, ungeliebte Jobs und die Erstveröffentlichungen in Zeitschriften. Da gibt es auch das problematische Verhältnis zur Gegenwart: Lovecraft hielt das 20. Jahrhundert für eine Zeit der Barbarei. Vor- und Rückwärtsgewandtheit prägen beide Autoren. Und vor allem erinnern Lovecrafts Versuche, die Genregrenzen auszudehnen, an Wolfgang Hohlbeins Experimente mit den verschiedenen literarischen Strömungen. Horror (Cosmic Horror, Supernatural Horror, Survival Horror), Phantastik, Science Fiction, Dys- und Utopien und zahllose fließende Übergänge zwischen allen Sorten von Mythen- Schauer- und Traumweltgeschichten. Wie kaum ein Autor vor ihm kultivierte Lovecraft die Furcht, die Angstlust und die Schrecken, die Fremdes und Unbekanntes auslösen. Gespeist von Alpträumen, von literarischen Vorbildern wie Edgar Allen Poe und von inspirierenden Schauplätzen wie Friedhöfen oder Ruinen entwickelt Lovecraft und in seiner Folge Hohlbein seine Werke.

Und es gibt noch eine Parallele zwischen Lovecraft und Hohlbein: Das große Netzwerk gleichgesinnter Autoren und der rege Austausch. So wie Lovecraft mit Robert Bloch („Psycho“) oder Robert E. Howard („Conan der Barbar“) korrespondierte, so hält Hohlbein Kontakt zu seinen Schülern und Kollegen wie Nina Blazon oder Bernhard Hennen.

Doch Anfang der 1980er Jahre war Wolfgang Hohlbein noch ein Unbekannter, und der Bastei Verlag hörte nicht auf ihn, blieb bei der Ansicht, „Der Hexer“ solle nicht in Buchform erscheinen, und verkaufte die Hefte gut, aber nicht so gut wie erwartet. Nach zwei Jahren wurde die Heft-Serie eingestellt, was Wolfgang Hohlbein sehr enttäuschte. Als aber dieselben Geschichten einige Jahre später als dreißigbändiger Taschenbuch-Zyklus erschienen, verkauften sie sich um ein Vielfaches besser. Daher glaubt Wolfgang Hohlbein, dass der Zusammenhang zwischen Form und Inhalt für seine Texte wichtig ist.

Nach dem Hexer-Modell entstand auch der Drachen-Zyklus. Erst waren es Heftchen, dann wurden es Taschenbücher. Erfolgreich sind auch Sammelbände wie das bereits erwähnte “Das Große Wolfgang Hohlbein Buch”, in dem verstreute Frühschriften des Erfolgsschriftstellers vereint werden. Das Hohlbein-Werk ist also auch ein Lehrstück der Mehrfachverwertung. Dank neuer Printformen, dank neuer Umschläge werden neue Leser gewonnen. Und auch wenn es darum geht, Texte als E-Books oder via Handy zu verbreiten, ist Wolfgang Hohlbein heute an vorderster Front der deutschen Autoren, so wie der von ihm verehrte Autor Stephen King die Möglichkeiten in den USA oft als erster auslotet. Das mag mit der Affinität für zukunftsweisende Stoffe zu tun haben und mit der ständigen inhaltlichen Auseinandersetzung mit allem, was möglich, aber noch nicht wirklich, noch nicht in der Realität umgesetzt ist. Science Fiction eben: Wolfgang Hohlbein ist weder Pessimist noch Optimist, sondern Possibilist.

Wolfgang Hohlbein: Leben und Werk

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