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Das Wesen der Seele bei Platon

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Für Platon besteht der Mensch aus Leib und Seele, wobei der Leib für die Seele lediglich ein Vehikel darstellt, sodass die Seele der eigentliche Mensch bildet und der Körper nur ein Schatten ist (Hirschberger, 1976: 116). Der Körper ist für die Seele jedoch ein Gefängnis und somit eine Belastung für die Seele (ebda.). Daher können wir mit unserem Körper niemals das vollkommene Seelenheil erreichen. Die Seele nämlich sucht nach Wahrheit, der Körper dagegen belastet uns mit seinen Gelüsten, was schon mit dem Drang nach Essen und Trinken losgeht (Hirschberger, 1976: 116 f.). Deswegen sollte die Seele nur soweit mit dem Körper in Kontakt treten, wie dies unbedingt notwendig ist (Hirschberger, 1976: 117). Die Entstehung der Seele erläutert Platon im Detail erst in seinem Spätwerk Timaios, welches er ausdrücklich als Forstsetzung der Politeia verstanden sehen möchte (17a-19c; siehe auch Fußnote 2 in der Übersetzung von Paulsen & Rehn, 2009: 217). Im Timaios erklärt Platon die Entstehung der Welt, wobei ein Demiurg sowohl die Weltseele, als auch die Menschenseele erschafft. Die Menschenseele besteht aus dem gleichen Material wie die Weltseele, jedoch wird ersteres nicht aus letzterem entnommen (Hirschberger, 1976: 117). Jede Seele ist etwas Individuelles und hat einen Stern, welche als Heimat der Seele dient (ebda.). Auf diese Weise erklärt Platon auch die Existenz des Sternenhimmels: es gibt so viele Seelen, wie es Sterne gibt (ebda.). Was das Wesen der Seele angeht, so ist sie immateriell und unsterblich und lässt sich am Besten als Geist charakterisieren, dessen Existenz überirdisch ist (Hirschberger, 1976: 118).

Die Bestandteile der Seele werden in der Politeia in Buch IV beschrieben, wobei Platon eine dreiteilige Seele vorschlägt, welche 1) aus einem Vernunftteil, dem λογιστικόν, 2) einem muthaften Teil, dem θυμοειδές, und 3) einem triebhaften lustvollen Teil, dem ἐπιθυμητικόν, besteht (438d-441c). Die körperlichen Begierden, wie Hunger und Durst, welche oben erwähnt worden, sind eine Art körperlicher Zwang und daher mit dem ἐπιθυμητικόν verbunden. Das reine Wissen wonach die Seele strebt dagegen geht vom λογιστικόν aus und steht für die höchste Vernunft. Daher müssen sich λογιστικόν und θυμοειδές zusammentun, um das der Seele innewohnende Vernünftige durch Handlung hervorzubringen und sich vom Körper zu distanzieren, wohin sich das ἐπιθυμητικόν stetig hingezogen fühlt. Damit besteht wiederum die Einheit aus einer Vielheit, was ein essentieller Gedanke der platonischen Seelenlehre darstellt. Wie Moreau (1986: 366) bezüglich der Seele bei Platon herausstellt: « Or nous avons vu (261) que quelques formes morales, les essences de la sagesse, du courage, bref des vertues définies au livre IV et déjà mentionné au livre III (189-190), avaient leur siège dans l’âme, étaient discernables à l’analyse psychologique ; c’est par elles que nos démarches objectives, notre comportement est ordonné et manifeste dignité et décence […] ». Die Seele bei Platon ist also für unser moralisches Verhalten, für unsere Tugend und die (zur tugend-zählende aber nochmals erwähnenswerte) Gerechtigkeit verantwortlich. Im sterblichen Leben ist die Seele sowohl Leben als auch Bewegung und dient als Mittler zwischen Idee und Sinnlichkeit (Hirschberger, 1976: 122). Aber, wie Moreau (1986: 371) auch wichtigerweise feststellt: « le mal du corps entraîne la destruction de l’âme». So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Seelen von ihrem vorigen Leben gezeichnet sind, wenn sie ins Jenseits kommen (s. hierzu den Er-Mythos in Buch X der Politeia). In seinem Phaidros legt Platon zudem eine Werttafel der Inkarnation fest, welche grob vergleichbar mit der Idee des Karmas in den östlichen Religionen ist. Je stärker die Seele nach der Wahrheit, also den platonischen Ideen entgegenkommend, gelebt hat, desto höhere Stufen wird die Seele in den nächsten Inkarnationen erreichen (Hirschberger, 1976: 124). Ich denke, dass es hier selbstverständlich sein muss, dass eine Seele, welche nach Wahrheit gestrebt und damit einen höheren Rang erreicht hat, sich folglich auch Philosophie, also wahre Kenntnis angeeignet hat. Denn der Er-Mythos erzählt uns nämlich, dass viele Seelen, welche vom Himmel gekommen, aber „ohne Philosophie“ (άνευ φιλοσοφίας; s. 619d bei Burnet, 1972) ausgestattet sind, eben nicht in der Lage sind, bei ihrer Loswahl für das nächste Leben eine weise Entscheidung zu treffen und ihr Leben voreilig auslosen. Daraus folgere ich, dass ein tugendhaftes wahrheitsstrebendes Leben zu einer höheren Seeleneinsicht führt, als ein tugendhaftes Leben, indem man Tugend oder Gutes nur durch Gewöhnung (aber ohne echtes Wissen) aneignet. Einen genauen Grund für die Seelenwanderung oder gar Beweis, gibt Platon nicht an (Hirschberger, 1976: 124). Jedoch erscheint es mir nur logisch, dass Platon von einer Seelenwanderung ausgehen muss, wenn die Seele unsterblich und gleichzeitig aber immer wieder auf einen Körper angewiesen ist.

Literatur:

Burnet, John (Hrsg.): Platonis opera, tomus IV. Oxford: Oxford University Press, 1972.

Hirschberger, Johannes: Geschichte der Philosophie. Band 1: Altertum und Mittelalter. Freiburg im Breisgau: Herder, 1976.

Moreau, Joseph: La construction de l‘idéalisme platonicien. Hildesheim/ Zürich/ New York : Georg Olms Verlag, 1986.

Platon: Timaios, Griechisch-Deutsch. Übersetzung, Anmerkungen und Nachwort von Thomas Paulsen und Rudolf Rehn. Stuttgart: Reclam, 2009.

Platon: Der Staat (Politeia). Übersetzt und herausgegeben von Karl Vretska. Stuttgart: Reclam, 2015.

Veröffentlicht am 9. August 2019

Politische und Philosophische Analysen

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