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2.6. Die Hölle, das ist der Andere: SartreSartre, Jean-Paul

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Auch Jean-Paul SartresSartre, Jean-Paul während des Zweiten WeltkriegsZweiter Weltkrieg verfasste Werk L’ être et le néant. Essai d’ontologie phenomenologique (1943) (deutschdeutsch: Das SeinSein und das NichtsNichts. Versuch einer phänomenologischen OntologieOntologie, 1952) ist einem ‚humanistischen‘ Alteritätskonzept verpflichtet, in dem, wie sich schon im Titel ankündigt, das Moment der NegationNegation im Mittelpunkt steht. Das seinerzeit höchst einflussreiche, heute aber verblasste Werk markiert im DiskursDiskurs über AlteritätAlterität einen ÜbergangÜbergang von der klassischen post-idealistischen Philosophie zu gegenwärtigen Konzepten des Anderen und Fremden.

Die Überlagerung von traditionellem philosophischen Denken und innovativem Anspruch lässt sich sowohl an der Gliederung des Werkes wie an der theoretischen Strategie des Buches ablesen. Zunächst beschäftigt sich SartreSartre, Jean-Paul mit dem ‚dialektischenDialektik‘ Verhältnis von SeinSein und NichtsNichts, um sich dann im zweiten Teil dem Für-sich-sein und im dritten dem Für-Andere-SeinFür-Andere-Sein zu widmen. Diese Anordnung suggeriert, dass das Andere zeitlich wie logisch nachordenbar ist. So wird zwar die Gegenüberstellung von Eigenem und Fremden, dem für sich und für andere, immer wieder unterlaufen, jedoch zugleich bestätigt. Mit anderen Worten, Sartres Werk ist eines des ÜbergangsÜbergang.

Von Anfang an versucht SartreSartre, Jean-Paul, einen dritten Weg zwischen den zwei Hauptströmungen abendländischer Philosophie einzuschlagen, oder, um HegelsHegel, Georg Wilhelm Friedrich Terminologie zu benützen, zwischen diesen beiden zu vermitteln. Vereinfacht gesprochen ist der RealismusRealismus, insbesondere nach der Kantschen Wende, philosophisch vorkritisch geworden. Die idealistische Philosophie hat aber insofern Schwierigkeiten mit dem Anderen, als dieser, insbesondere in radikalen Versionen, nur als Teil meiner Vorstellungswelt vorkommt. Die Figur des Anderen stellt also eine Herausforderung für das okzidentale Denken dar. Diese bezeichnet Sartre in einer Kapitelüberschrift als „die Klippe des SolipsismusSolipsismus“, jener Denktradition, in der der MenschMensch vornehmlich als singuläres und nicht als soziales Wesen fokussiert wird.1 Während also der Realist die Tatsache des Anderen für gewiss hält, diese indes niemals als ein Problem angesehen und sich damit beschäftigt hat, ist der Andere in dem von KantKant, Immanuel initiierten kritischen Idealismus lediglich ein ObjektObjekt unserer Vorstellungswelt. Sartre schreibt mit unüberhörbar kritischer DistanzDistanz über Kant:

Diesen Anderen, dessen Verhältnis zu mir wir nicht erfassen können und der nie gegeben ist, konstituieren wir nach und nach als ein konkretes ObjektObjekt; er ist nicht das Instrument, das dazu dient, ein Ereignis meiner ErfahrungErfahrung vorauszusehen, sondern die Ereignisse meiner Erfahrung dienen dazu, den Andern als Andern zu konstituieren, das heißt als Vorstellungssystem außer Reichweite wie ein konkretes und erkennbares Objekt.2

Wenn der Andere nur als ein intellektuelles ProduktProdukt unseres Bewusstseins erscheint, dann ist er von vornherein kein Anderes im Sinne eines Draußen, das uns widerfährt. Dann reduziert sich ErfahrungErfahrung auf ein rein inneres kognitives „Ereignis“. Die Pointe besteht nun aber darin, dass der Andere nicht nur für uns ein Wahrnehmungsobjekt ist, sondern umgekehrt auch wir für ihn. Der Andere ist von daher die „radikale NegationNegation meiner Erfahrung“: Er durchbricht meinen SolipsismusSolipsismus dadurch, dass ich bemerke, wahrgenommen zu werden: „Der Andere ist ja nicht nur der, den ich sehe, sondern auch der, der mich sieht.“3 Damit wird ein absoluter Solipsismus, den SartreSartre, Jean-Paul als „ontologischesOntologie Alleinsein“ bezeichnet, obsolet. Favorisiert wird an dieser Stelle eine bescheidenere Version, die im Sinne der PhänomenologiePhänomenologie HusserlsHusserl, Edmund gegenüber der Erfassung und dem Begriff des „Andern“4 Zurückhaltung (epoché) übt und jede unkritische VerdinglichungVerdinglichung des Anderen zu vermeiden trachtet.5

Der Andere ist der, der mich ins Visier nimmt und ohne den das PhänomenPhänomen der SchamScham (→ Kapitel 9), das für SartreSartre, Jean-Paul zentral ist, nicht denkbar wäre. In dieser Szene erfolgt der Umschlag des Für-sich-SeinsFür-sich-Sein in das Für-Andere-SeinFür-Andere-Sein: Die Scham sei, so Sartre, die Scham vor jemandem, und obwohl der Autor zuvor suggeriert hatte, die Scham sei eine intimeintim Beziehung zu mir selbst, so enthält sie eine Dimension, die dieses Für-sich übersteigt. Über Sartre hinaus gesprochen, lässt sich sagen, dass diese IntimitätIntimität sich erst durch die AnwesenheitAnwesenheit des Anderen herstellt, doch soweit möchte Sartre in seinem „bescheidenen“ SolipsismusSolipsismus nicht gehen. Aber er beschreibt, wie sich der, die oder das Andere in das Eigene eindrängen:

Ich habe mich ungeschickt oder grob benommen: dieses Benehmen haftet an mir, ich beurteile und tadle es nicht, ich lebe es einfach, ich realisiere es nach dem Modus des Für-sich. Aber plötzlich hebe ich den Kopf; jemand war da und hat mich gesehen. Mit einemmal realisiere ich die ganze Grobheit meines Benehmens und schäme mich.6

Das ist eine Schlüsselpassage des ganzen Buches und demonstriert die Zwiespältigkeit seines ganzen Ansatzes. Denn einerseits schämt sich SartresSartre, Jean-Paul Ich dafür, was es ist, sozusagen ganz für sich allein, aber andererseits ist dieses Schamgefühl doch undenkbar ohne die – vorgängige – AnwesenheitAnwesenheit eines Anderen, der von außenAußen hinzutritt und sich nicht schon im ‚Feld‘ des Intimen befindet. An anderer Stelle heißt es: „Der Andere ist der, der nicht ich ist und der ich nicht bin.“ Dadurch entsteht ein NichtsNichts, das ein Trennungselement darstellt: „Zwischen dem Andern und mir selbst gibt es ein Trennungs-Nichts.“7

Die Figur des Anderen ist üblicherweise so konzipiert, dass sie, insbesondere in realistischen und idealistischen Konzepten des Anderen, in einer Äußerlichkeit zum Eigenen verbleibt:

Dieses NichtsNichts leitet seinen UrsprungUrsprung weder von mir selbst noch vom Andern oder von einer Wechselbeziehung zwischen dem Andern und mir selbst her; sondern es ist im Gegenteil ursprünglich die Grundlage jeder Beziehung zwischen dem Andern und mir als persönliches Fehlen einer Beziehung.8

Während Idealismus und RealismusRealismus SartreSartre, Jean-Paul zufolge dieses NichtsNichts gleichermaßen als externe, äußerliche RelationRelation begreifen, möchte Sartre dieses Nichts im Sinne einer internen NegationNegation verstanden wissen, als „eine Negation, die die ursprüngliche Unterschiedenheit des Andern und meiner SelbstSelbst in genau dem Maß setzt, wie sie mich durch den Andern bestimmt und den Andern durch mich bestimmt“.9 In dieser Denkfigur wird die Negation noch einmal dialektischDialektik gewendet. Denn die mit der strikten GrenzziehungGrenzziehung identische Negation führt letztendlich dazu, dass diese mich durch den Anderen „bestimmt“ und umgekehrt. Dass ich nicht der Andere bin, setzt mich demnach als SubjektSubjekt, das von sich sagen kann, dass es Ich ist. Dass der Andere nicht ich sein kann, ist ebenfalls das Ergebnis der Negation.

SartresSartre, Jean-Paul Versuch eines ‚dritten Weges‘ zwischen den idealistischen und realistischen Denktraditionen führt ihn immer wieder dazu, an klassischen SubjektSubjekt-Vorstellungen festzuhalten und damit die Spaltung von KörperKörper und Bewusstsein, die auf DescartesDescartes, René zurückgehende monistische TrennungTrennung zwischen res extensa und res cogitans, aufrechtzuerhalten und zu prolongieren.

Von dieser Warte aus kann er der Hegelschen PhänomenologiePhänomenologie mehr abgewinnen als jener HusserlsHusserl, Edmund oder HeideggersHeidegger, Martin. Dessen „zeitlose DialektikDialektik“ wird ausdrücklich bekräftigt: „Nicht mehr für die Konstituierung der WeltWelt und meines empirischen Ego ist ja die Erscheinung des Andern unentbehrlich, sondern für die Existenz meines Bewußtseins von sich.“10 HegelsHegel, Georg Wilhelm Friedrich „geniale Intuition“ besteht demgemäß darin, „daß er mich in meinem SeinSein vom Andern abhängig macht. Ich bin, sagt er, ein Fürsichsein, das nur durch einen Andern für sich ist.“11

Ausdrücklich wird SartresSartre, Jean-Paul Bewusstseinsphilosophie darauf bestehen, dass die körperliche Begegnung, etwa der heterosexuelleHeterosexualität intimeintim Akt in seiner physischen Tatsächlichkeit, das leibliche Zusammentreffen mit dem/der Anderen, gegenüber dieser rein bewusstseinsmäßigen Präsenz alteritärenAlterität Bewusstseins kontingent sei.

An dieser Stelle kommt freilich ohne theoretische Reflexion und höchst indirekt die geschlechtliche DifferenzDifferenz als irritierendes und fremdesfremd Moment ins SpielSpiel. Die BegierdeBegierde nach dem Anderen interpretiert SartreSartre, Jean-Paul von daher als eine Unterordnung unter die eigeneEigentum KontingenzKontingenz, insofern das Bewusstsein „einen andern KörperKörper – das heißt eine andre Kontingenz – als begehrenswert erfaßt“.12 Kontingenz meint philosophisch immer mehr als einen bloßen Zufall, und enthält zudem die Bestimmung, dass es keinen zwingenden GrundGrund gibt: Mein Körper und der des/der Anderen könnten auch andersAndersheit beschaffen sein. Die „Seinstiefe meines Körpers“ besteht für Sartre darin, dass er „dieses fortwährende ‚Draußen‘ meines intimsten ‚InnenInnen‘“ ist.

So ist der KörperKörper ein merkwürdiges Mittelding, halb Gegenstand, halb ‚Medium‘13 meines Bewusstseins und meiner BegierdeBegierde:

Ich existiere meinen KörperKörper: das ist seine Seinsdimension. Mein Körper wird vom Andern benutzt und erkannt: das ist seine zweite Dimension. Aber insofern ich für den Andern bin, enthüllt sich mir der Andre als das SubjektSubjekt, für das ich ObjektObjekt bin.14

„Ich existiere meinen KörperKörper“, das ist nun, wenigstens im Deutschen, eine ganz merkwürdige Formulierung, die mit einer hintersinnigen Bedeutung des aus dem Lateinischen abgeleiteten Wort existieren einhergeht, das es in vielen europäischen SprachenSprache, etwa im Französischen und Englischen, gibt. Die menschliche Existenz, eben die Seinsweise im Sinne der Lehre vom menschlichen SeinSein, besteht demzufolge darin, dass der MenschMensch als ein Lebewesen bestimmt wird, das aus sich heraustritt, und zwar mittels seines Körpers. Aber durch dieses Heraustreten, dass das ‚Drinnen‘ ins ‚Draußen‘ drängt, gerät der Mensch zugleich in eine Fremde, die er nicht mehr zu steuern vermag. Der Andere kommt (in einem geschlechtsneutralen Sinn) mir deshalb ins Bewusstsein, weil er mich sieht. Die sich daraus ergebende SchamScham hat zwei Aspekte: Sie „enthüllt“ mir, dass „ich dieses Sein bin“.15 Zugleich aber bedeutet dieses Gesehen-Werden seiner ganzen LogikLogik nach eine „SelbstentfremdungSelbstentfremdung“16: „Mein Sündenfall ist die Existenz des andern“. Wiederum tritt der Andere als eine InstanzInstanz auf, die mich einschränkt und meiner FreiheitFreiheit beraubt: „Ich erfasse den Blick des andern gerade innerhalb meiner Handlung als Verhärtung und EntfremdungEntfremdung meiner eigenenEigentum Möglichkeiten.“17 Von hier ist es nicht mehr weit bis zum berühmten Diktum aus SartresSartre, Jean-Paul Theaterstück Geschlossene GesellschaftGesellschaft: L’ Enfer c’est les autres, „Die Hölle, das sind die Anderen“.18 Der Andere trägt den „Anteil des TeufelsTeufel“ (André GideGide, André) in sich, er lähmt mich, so wie das KafkaKafka, Franz in seinen RomanenRoman Der Prozeß und Das Schloß beschrieben habe. Durch den Anderen verliere ich die Kontrolle über meine WeltWelt, ich werde ihrer nicht mehr ihrer HerrHerr, sie entgeht mir. Franz K. und K. wären in diesem Sinne exemplarische Gestalten, weil ihre WeltverlorenheitWeltverlorenheit mit dem Ausgeliefert-Sein an den Anderen zusammenfällt.19

SartreSartre, Jean-Paul verwendet den Begriff EntfremdungEntfremdung in einem gänzlich anderen Sinn als der auf MarxMarx, Karl zurückgehende DiskursDiskurs. Marx charakterisiert die SelbstentfremdungSelbstentfremdung des MenschenMensch wie folgt: Die vom Menschen geschaffenen ProdukteProdukt seiner ArbeitArbeit und die Organisation der menschlichen WeltWelt kommen ihm als etwas Äußerliches und Fremdes entgegen, obwohl sie doch eigentlich seine Erfindungen sind. Weil er für Andere und Anderes arbeitet, gehören ihm die Produkte seiner Arbeit nicht, er kann sie nicht als sein Produkt erfahren und genießen. Die Entfremdung in der kapitalistischen Welt ist demgemäß eine durch die GesellschaftGesellschaft und Wirtschaft hervorgebrachte Spaltung von Mensch und Welt. Das politische Versprechen des MarxismusMarxismus bestand gerade darin, dass mit der Überwindung des KapitalismusKapitalismus (auch im Sinne des Hegelschen Modells von HerrschaftHerrschaft) nicht nur der Ausbeutung, sondern auch der Entfremdung, von der alle Menschen, Herren wie KnechteKnecht letztendlich betroffen sind, ein Ende gesetzt werden würde (→ Kapitel 11).

SartresSartre, Jean-Paul Vorstellung ist eine ganz andere und sie hat eigentlich zwei Seiten, wobei die eine auffällig unterbelichtet bleibt. Der Andere, der mich mit seinen Augen sieht, macht mich zum Fremden, Anderen, aber er ermöglicht mir dadurch eine völlig neue FormForm von Reflexion, insofern wäre „EntfremdungEntfremdung“ sogar ein menschlicher ‚Zugewinn‘. Aber viel bedeutsamer ist, dass er in mein LebenLeben eintritt und mich von mir selbst trennt, meine Handlung lähmt oder zumindest beschränkt. Der Blick des Anderen auf mir macht mich plötzlich zum Gegenstand der Wahrnehmung eines Anderen und ich erfahre mich als SubjektSubjekt.

Diese EntfremdungEntfremdung verstärkt sich, wenn die Körperlichkeit und damit die BerührungBerührung ins SpielSpiel kommen. Nicht nur beim Arztbesuch, sondern auch in der intimenintim Begegnung mit einem anderen MenschenMensch erfahre ich meinen KörperKörper als einen entfremdeten. „Mein Körper“, so SartreSartre, Jean-Paul, entgeht mir als ein „Werkzeug unter Werkzeugen“, das zugleich durch fremdefremd „Sinnesorgane“ erfasst und fixiert wird. Sartre beschreibt diese Szene im Sinne „einer konkreten AuflösungAuflösung meiner WeltWelt, die zum Andern hin abfließt und die der Andre in seiner Welt wieder erfaßt“.20

Der Andere enteignet mein Bewusstsein, mein Für-sich-SeinFür-sich-Sein und degradiert so meinen KörperKörper, in den ich mich ebenso verliere wie in den Anderen. Insofern ist das, was die französische SpracheSprache höchst treffend den kleinen TodTod nennt, der Sexualakt, der Inbegriff von SelbstenteignungSelbstenteignung und SelbstentfremdungSelbstentfremdung. Mag SartreSartre, Jean-Paul in seinem Buch auch verschiedene Möglichkeiten der Beziehung zum Anderen erörtern, die LiebeLiebe, die Sprache, den MasochismusMasochismus, die Gleichgültigkeit, die BegierdeBegierde, den HassHass und den SadismusSadismus, so ist die von ihm konstatierte AbhängigkeitAbhängigkeit des Ich vom Anderen eine schmerzliche. Ein radikaler Weltpessimismus kommt hier zum Vorschein, für den die Begegnung mit dem Anderen vornehmlich als eine Auslieferung an ein Fremdes, das nicht ich bin, erscheint. Mag der Andere auch eine InstanzInstanz sein, die mich ermöglicht, so entmächtigt sie mich zugleich. Etwas Misanthropisches umgibt diesen ‚linken‘ HumanismusHumanismus, und es drängt sich die FrageFrage auf, ob die von Sartre beschriebene Konstellation nicht auch im Verhältnis zum konkreten Anderen von Belang ist. Wir sind im Allgemeinen gewohnt, XenophobieXenophobie als Auswuchs von irrationalen, womöglich unbewusstenunbewusst Ängsten anzusehen, aber es könnte auch sein, dass die Unberechenbarkeit des Anderen jenen Kontrollverlust bewirkt, die der Rationalist, der die VernunftVernunft vornehmlich als probates Instrument der Kontrolle und Beherrschung ansieht, generell fürchtet. Bis in die Metaphorik hinein begleitet die heutige MigrationMigration nach EuropaEuropa das NarrativNarrativ, dass wir wegen der Einwandernden nicht mehr imstande sind, unser TerritoriumTerritorium zu überwachen und die Invasion der Fremden zu unterbinden. Nicht mehr HerrHerr der Lage zu sein, weil eine unberechenbare andere Instanz ins SpielSpiel kommt, das generiert nachhaltiges Unbehagen. Das Andere beherrschen zu können, beschert SicherheitSicherheit.

Festzuhalten bleibt, dass die von SartreSartre, Jean-Paul beschriebene Konstellation der EntfremdungEntfremdung eine wechselweise ist. Dass wir uns einander entfremden, Entfremdung erzeugen und Entfremdung erleiden, und mittels unserer KörperKörper aus uns heraustreten, ist in dieser Philosophie das Schicksal aller MenschenMensch, und zwar ungeachtet ihrer jeweiligen Prädikation. Insofern gibt es keinen Platz für XenophobieXenophobie in dieser Philosophie. Nicht als Fremder einer anderen SpracheSprache und KulturKultur und nicht als Fremde eines anderen Geschlechtes, sondern gerade als ein vertrautes Wesen in unserer NäheNähe bedroht uns der Andere, der uns enteignet. JeJe näher uns der Andere kommt und je weniger fremdfremd wir ihn erfahren, desto prekärer wird unsere wie auch seine Existenz. Vom „Schock der Begegnung mit dem Andern“ als einer „leeren Enthüllung in der Existenz meines Körpers“ und vom „Abfließen meiner WeltWelt zum Andern hin“ spricht Sartre wörtlich an einer Stelle ganz drastisch.21 In jedem Fall erklärt Sartres ‚bescheidener‘ SolipsismusSolipsismus nicht, warum wir uns vor den Anderen nicht nur fürchten, sondern die Begegnung mit ihnen zuweilen auf den verschiedensten Dimensionen unseres Daseins ersehnen. Sehnen wir uns bloß danach, „ein An-sich für den andern“ zu sein? Gibt es so etwas wie eine LustLust an SelbstSelbst-EntmächtigungEntmächtigung und SelbstenteignungSelbstenteignung? Schon die RomantikRomantik hat, wie ein Brief von Clemens BrentanoBrentano, Clemens von zeigt, davon geträumt, kein Ich sein zu müssen.22

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