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Papst Johannes XXIII. als Hoffnungszeichen

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In Hasenhüttls Zeit im Germanicum fällt auch der Übergang des Pontifikats von Pius XII. zu Johannes XXIII. Als Papst Pius XII. am 9. Oktober 1958 nach langer Krankheit starb, schien eine lange Zeit der innerkirchlichen Lähmung zu Ende zu gehen. Viele Beobachter der Entwicklung innerhalb |22|der katholischen Kirche sprachen bewusst vom „Ende des pianischen Zeitalters“. Gemeinsam war den Pius-Päpsten seit 1846, als der zunächst liberale Pius IX. gewählt worden war, nicht nur der Name. Sie stehen auch für eine restaurative Kirchenpolitik und für eine neuscholastische Theologie, die sich prinzipiell allen Veränderungen in Kultur, Gesellschaft und Wissenschaft verweigerte. Exemplarisch stehen dafür das von Pius IX. (Pontifikat: 1846–1878) einberufene Erste Vatikanische Konzil (1869–1870) mit der Proklamation des Dogmas von der Unfehlbarkeit des Papstes, das Dekret „Lamentabili“ (1907) von Pius X. (1903–1914), in dem dieser die scheinbare Unveränderlichkeit der katholischen Glaubensaussagen gegen Neuansätze in der Bibelwissenschaft, dem Offenbarungsund Dogmenverständnis, der neueren Sakramentenlehre und gegenüber neueren Überlegungen zur Kirchenverfassung verteidigte, die Enzyklika „Casti connubii“ (1930) von Pius XI. (1922–1939), in der dieser die traditionelle naturrechtliche Sexuallehre der Kirche verteidigte und sich scharf gegen eine Erziehungsweise wendet, „die man mit einem widerlichen Ausdruck Sexualerziehung nennt“ (DH Nr. 3697), und die Enzyklika „Humani generis“ (1950) von Pius XII. (1939–1958), in welcher der Papst trotz einem kleinen Zugeständnis an die Erkenntnisse der Evolutionslehre letztlich alle neueren Forschungsergebnisse der Naturwissenschaft, aber auch anfängliche Reformbewegungen innerhalb der Theologie kategorisch ablehnte. Die Autorität und letzte Verbindlichkeit des Papstes wird in Letzterer ausdrücklich bestätigt: „Wenn aber die Päpste in ihren Akten zu einer bis dahin umstrittenen Frage vorsätzlich Stellung nehmen, dann ist allen klar, dass diese Frage nach der Absicht und dem Willen derselben Päpste nicht mehr als Gegenstand der freien Erörterung unter den Theologen angesehen werden kann“ (DH Nr. 3885). Gerade diese vom Papst verbotenen Fragen wurden allerdings nur kurze Zeit später Inhalt der Diskussionen auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965).

Als Gotthold Hasenhüttl am 28. Oktober 1958 im roten Talar der Germanicer auf dem Petersplatz stand und den weißen Rauch als Zeichen der vollzogenen Papstwahl aufsteigen sah, verband nicht nur er große Hoffnungen mit dem neu gewählten Papst Johannes XXIII. (1958–1963). Der jetzt zum Papst gewählte Kardinal Angelo Roncalli (1881–1963) war zwar bisher nicht als großer Reformator aufgefallen, doch: „Das Leben Johannes’ XXIII. war ganz beherrscht von einem kindlichen Glauben an Gottes Führung im Alltag und vom Willen zur gänzlichen Hingabe an diese Führung“ (Seibel 1964, S. 11). Roncallis bisherige Arbeitsstätten in |23|Bulgarien, Griechenland, der Türkei und im Frankreich der letzten Kriegsjahre hatten seinen Horizont erweitert. Er hatte dabei etwa die griechisch-orthodoxe Kirche und den Islam konkret kennengelernt, was große Auswirkungen auf sein Pontifikat hatte. Auch seine Persönlichkeit unterschied sich deutlich von der seines Vorgängers: Statt der bei Pius oft wahrgenommenen lähmenden Angst zeichneten ihn Offenheit und Mut zum Wagnis aus. Diese Grundhaltung des neuen Papstes traf die Erwartungen vieler Germanicer – wenn auch noch lange nicht aller. Viele Studenten im Germanicum und an der Gregoriana fühlten sich eher dem Wahlspruch des späteren ersten Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre, Kardinal Alfredo Ottaviani (1890–1979), verbunden: „semper idem“ – immer das Gleiche.

Am 25. Januar 1959 verkündete der neu gewählte Papst Johannes XXIII. seinen Plan, ein neues ökumenisches Konzil einzuberufen. Vorausgehen sollte diesem eine Synode des Bistums Rom, auf der bezüglich Inhalt und formalem Vorgehen gleichsam auf regionaler Ebene erprobt werden sollte, was später universal durchgeführt werden konnte. Im gleichen Jahr 1959 wurde Gotthold Hasenhüttl in Rom von Kardinal Luigi Traglia (1895–1977) zum Priester geweiht – von demselben Kardinal, der zum Präsidenten der geplanten römischen Synode berufen wurde. Hasenhüttl feierte seine Primiz in der Sakramentskapelle des Peterdoms. 1956 konnte er dann sein Lizenziat in Philosophie, 1960 auch das in Theologie abschließen.

Nach dem Tod von Papst Johannes XXIII. erlebte Hasenhüttl später zusammen mit seinem Tübinger Lehrer Hans Küng die Spätphase des Konzils 1964/65 unter Papst Paul VI. (1963–1978). Als Berater seines Heimatbischofs Joseph V. Schoiswohl bekam er die oft kontroversen Diskussionen hautnah mit. Das von Papst Johannes XXIII. ausgegebene Motto eines „aggiornamento“, einer Öffnung von Glaubenslehre und Kirchenform, beschreibt auch Hasenhüttls eigenes weiteres theologisches Arbeiten.

Gotthold Hasenhüttl

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