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Der Bischof der Indios: Leonidas Proaño

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Ein besonderer Höhepunkt von Hasenhüttls Arbeit in Lateinamerika war die Begegnung mit dem damaligen Bischof von Riobamba in Ecuador, Leonidas E. Proaño (1910–1988). Dieser war stark geprägt von den Aufbrüchen des Zweiten Vatikanischen Konzils und bestimmte es unter anderem durch die Mitarbeit an der Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ über die Kirche in der Welt von heute maßgeblich mit. Proaño verband die Arbeit an einer umfassenden Alphabetisierung der Bewohner Ecuadors mit dem Programm einer grundlegenden Landreform. Dabei legte er großen Wert auf die Achtung und Weiterentwicklung der indianischen, indigenen Kultur. So spricht er auch von einer echten „Theologie des Volkes“, in der das Volk die Aufgabe der wahren Theologen übernimmt. Evangelisation ist damit keine Einbahnstraße. Der Dialog der Kulturen könnte auch hier wirklich Neues entstehen lassen. Für diese Ideen warb Proaño, als er als Delegierter der ecuadorianischen Bischofskonferenz an den Sitzungen des Lateinamerikanischen Bischofsrats (CELAM) teilnahm. Als Relator für die Pastoral bestimmt er 1969 maßgeblich die Beschlüsse der Zweiten Generalversammlung des CELAM im kolumbianischen Medellín mit. Für deren dritte Vollversammlung im mexikanischen Puebla verfasst er 1979 das zweite Kapitel des Abschlussdokuments unter der Überschrift „Sozio-kulturelle Sicht der lateinamerikanischen Realität“. Als Papst Johannes Paul II. (1920–2005) am 31. Januar 1985 auch Ecuador besuchte, bezeichnete er Proaño ausdrücklich als „Bischof der Indios“. Viele Erkenntnisse aus der Begegnung zwischen Proaño und Hasenhüttl in Riobamba, der Bischofsstadt Proanos, sind in dessen Schriften eingeflossen. Proano stellte ihm die Projekte zur Alphabetisierung der indigenen Bevölkerung und auch die Maßnahmen für eine gerechte Verteilung des Landes an die Indios vor. Auf Hasenhüttls Initiative verlieh die Universität des Saarlandes Proaño am 26. Oktober 1987 aufgrund seiner Verdienste um |36|den Erhalt der Indiokultur, für sein pädagogisches Engagement für eine „Erziehung zur Freiheit“ und seinen Einsatz für die Menschenrechte der unterdrückten und ausgebeuteten Bewohner seines Heimatlandes die Ehrendoktorwürde der Philosophie.

Die Beschäftigung Hasenhüttls mit Schwarzafrika hat er in seinem Buch „Schwarz bin ich und schön. Der theologische Aufbruch Schwarzafrika“ (1991) niedergelegt. Auch hier verbinden sich wissenschaftliche Analysen mit konkreter Erfahrung, die er auf seinen Reisen vor Ort gewinnen konnte. Stärker noch als in Lateinamerika sieht Hasenhüttl in Afrika die auch gegenwärtig noch erkennbare Verbindung von Kolonisierung und Missionierung. Durch beide wurden die afrikanischen Menschen mit der Vielzahl ihrer Kulturen der eigenen Geschichte und Tradition entfremdet. Dies zeigt sich zum Beispiel bei der konkreten Gestaltung der Glaubensgemeinschaft: „Der Klerikalismus, der sich jeder Kontrolle durch das Volk oder einen ‚Ältestenrat‘ entledigt hat, ist kaum in einem anderen Kontinent so auffällig und zerstörerisch. Die kirchliche Struktur, durch ihre radikale Über- und Unterordnung ohne jeden Kontrollmechanismus, entfesselt die Willkürherrschaft staatlich und kirchlich“ (1991, S. 72). Neben solchen Strukturfragen beschäftigte Hasenhüttl verstärkt die Frage, wie eine Christologie entwickelt werden könne, welche die originäre afrikanische Erfahrung und Lebensdeutung als Bereicherung für die meist im Kontext der westeuropäischen Tradition verfassten Dogmen des christlichen Glaubens erkennt. Letztlich stellt sich auch hier wie in jeder Theologie die Frage nach der spezifischen Erfahrung, die als Gotteserfahrung angesprochen und als solche gedeutet werden kann. „In der Liebe begegnet uns das menschliche Antlitz Gottes. Kann es auf dem Angesicht des Schwarzafrikaners aufleuchten, oder wird es durch Unrecht, Ausbeutung und Unterdrückung geschändet? Es wird an den Christen liegen, ob sie eine bedrückende oder befreiende Botschaft verkünden“ (1991, S. 146).

Gotthold Hasenhüttl

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