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Schlangenalarm in der Paracelsus-Klinik! Schwester Annegret hatte das Reptil in der Teeküche entdeckt und war so schnell aus dem Raum geflitzt, wie man es ihr auf Grund ihres Alters nicht zugetraut hätte.

Sie prallte auf dem Flur gegen Schwester Olli und stöhnte: „Die Kobra! Sie ist da drinnen! Ich habe sie gesehen!“ Die alte Pflegerin rang um Fassung.

Ihre Kollegin riss bestürzt die Augen auf. „Hat sie Sie gebissen?“ Annegret schüttelte den Kopf. „Das wollte sie, aber sie war nicht schnell genug.“ Sie verdrehte die Augen. „ Grundgütiger, was ich in dieser Klinik auf meine alten Tage noch erleben muss.“

„Wir müssen den Chef informieren“, sagte Schwester Olli.

„Den Chef informieren?“, fragte hinter ihr Moni Wolfram. „Weshalb?“

„Die Kobra ist in der Teeküche“, informierte die Säuglingsschwester die Sekretärin.

Moni wurde blass. „O Gott, nein!“

„Was ist los?“ Der Krankenpfleger Walter Tögel gesellte sich zu den Frauen.

Moni deutete mit dem Kopf auf die Tür der Teeküche. „Die Kobra.“

„Eine Einkaufstüte!“, sagte Walter Tögel entschlossen. „Schnell!“ Schwester Olli sah ihn entgeistert an. „Was haben Sie vor?“

„Was wohl?“, gab Walter Tögel trocken zurück. „Ich werde die Schlange fangen.“

„Mit bloßen Händen?“ Schwester Annegret sah ihn an, als würde sie an seinem Verstand zweifeln. „Selbstverständlich“, nickte er. „Was, wenn sie Sie beißt?“, fragte Moni Wolfram mit belegter Stimme.

Walter Tögel zuckte mit den Schultern. „Dann hab’ ich Pech gehabt.“ Annegret schüttelte ernst den Kopf. „Sie dürfen da nicht hineingehen.“

„Schwester“, sagte der Krankenpfleger mit Nachdruck, „wenn wir hier noch lange untätig herumstehen, haut das Biest ab, und es kann Tage dauern, bis die Schlange wieder zum Vorschein kommt. Kriege ich jetzt endlich die Tüte, in die ich die Kobra stecken kann, wenn ich sie gefangen habe?“

Schwester Olli eilte davon und kam mit einer großen gelben Plastiktüte wieder. Inzwischen standen auch Dr. Jordan und Schwester Irmgard vor der Teeküche. Walter Tögel trat an die Tür.

„Seien Sie vorsichtig“; riet ihm Moni Wolfram überflüssigerweise.

Der Krankenpfleger grinste. „Keine Sorge, ich pass’ schon auf.“

„Ich bewundere Ihren Mut“, gab Jan Jordan offen zu. „Ich würde da nicht hineingehen.“

Walter Tögel öffnete die Tür. „Sehen Sie sie?“, fragte Schwester Annegret gepresst. „Sehen Sie sie?“

„Ja“, antwortete der Krankenpfleger. „Sie ist da. Ein Prachtexemplar.“

„Ein Prachtexemplar, sagt er“, krächzte Schwester Annegret und legte gespannt die Hände auf ihre Wangen.

Walter Tögel betrat den kleinen Raum. Zischend richtete sich die Kobra auf und blähte angriffslustig ihren Hals. Schwester Olli, Moni Wolfram, Schwester Annegret , Schwester Irmgard und Dr. Jordan hielten den Atem an.

„Wir drücken Ihnen die Daumen“, sagte Schwester Olli mit belegter Stimme.

Der Krankenpfleger konzentrierte sich auf die gefährliche Giftschlange. Er reizte sie, lenkte sie mit der linken Hand ab, damit er mit der rechten im richtigen Augenblick zupacken konnte. Wie eine Stahlfeder war der Körper des Reptils gespannt. Jedes mal, wenn Walter Tögels Linke der Kobra zu nahe kam, schnellte diese vor und verfehlte ihr Ziel ganz knapp. Schwester Irmgard nagte nervös an ihrer Unterlippe.

„Heilige Muttergottes, lass es gut ausgehen“, flüsterte Schwester Olli.

Abermals verleitete Walter Tögel die Schlange dazu, zuzubeißen. Und dann packte seine Rechte so schnell zu, dass man ihr beinahe nicht mit den Augen folgen konnte.

„Er hat sie!“, rief Schwester Annegret erleichtert aus. „Mein Gott, er hat sie!“

Als Tögel die Kobra in die Plastiktüte steckte, kam Dr. Härtling hinzu. Die Schwestern applaudierten dem mutigen Krankenpfleger, und Schwester Annegret ließ sich zu der begeisterten Bemerkung hinreißen: „Dieser Mann ist ein Held, Chef!“

Mit der Giftschlange in der Tüte kam Walter Tögel aus der Teeküche. Man wich nervös vor ihm zurück.

„Die Gefahr ist gebannt, Chef!“, sagte er stolz zu Sören Härtling.

„Das war wirklich großartig, wie Sie das gemacht haben, Herr Tögel“, sagte der Klinikchef, wie alle andern merklich erleichtert.

„Und was geschieht nun mit der Schlange?“, erkundigte sich Moni Wolfram.

Walter Tögel hielt ihr grinsend die Plastiktüte hin, in der sich die Kobra wand. „Wenn Sie möchten, können Sie sie mit nach Hause nehmen.“ Die Sekretärin griff sich erschrocken ans Herz. „Liebe Güte, niemals.“

„Ich kenne jemanden“, sagte der Krankenpfleger, „der hat eine Tierhandlung. Dem könnte ich die Kobra bringen.“

Dr. Härtling nickte sofort. „Tun Sie das und... Danke, Herr Tögel. Wir alle wissen Ihre mutige Tat sehr zu schätzen.“

Es ging wie ein Lauffeuer durch die Belegschaft der Paracelsus-Klinik, dass der Krankenpfleger Walter Tögel ein richtiger Held war.

Der Arztroman Lese-Koffer Mai 2021: 16 Arztromane

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