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Seit Walter Tögel die Kobra eingefangen hatte, hatte er bei Dr. Härtling einen Stein im Brett. Der Klinikchef war froh, dass er den Pfleger nach dem Malheur mit Barbara Wanders nicht entlassen hatte.

Tögel hatte sich vorbildlich benommen, und er versah auch seinen Dienst inzwischen sehr zufriedenstellend. Er erreichte als Krankenpfleger zwar nicht die absoluten Bestnoten, aber seine Leistungen lagen immerhin um einiges über dem Durchschnitt, und damit könnte man zufrieden sein. Seit seiner heldenhaften Tat begegnete man ihm mit Respekt, und eine der Stationsschwestern war sogar sehr eifrig hinter ihm her, obwohl sie ihn früher kaum eines Blickes gewürdigt hatte.

Der Wahnsinnige, der die Schlange in der Paracelsus-Klinik ausgesetzt hatte, meldete sich nicht mehr. War er inzwischen in Gewahrsam genommen worden? An jenem Montag nach Barbara Wanders’ Verzweiflungstat erhielt Dr. Härtling einen Anruf, der ihn zuerst verblüffte und dann empörte.

Er konnte das Gehörte beinahe nicht fassen.

Schwester Annegret hatte ihn noch nie so grimmig aus seinem Büro stürmen sehen. „Wissen Sie, wo Herr Tögel ist?“, fragte er heftig.

„Unser Held? Auf der Frauenstation. Warum?“

„Er soll alles stehen und liegen lassen und zu mir kommen“, sagte Sören Härtling.

„Darf ich fragen...“

„Nein, dürfen Sie nicht!“, schnitt der Klinikchef der alten Pflegerin das Wort ab. „Schaffen Sie Walter Tögel herbei, und zwar schnell!“ Er kehrte in sein Büro zurück und wartete.

Zehn Minuten später klopfte der Pfleger.

„Herein!“, rief Dr. Härtling schneidend.

Walter Tögel trat ein.

„ Sie wollten mich...“

„Schließen Sie die Tür, Tögel“, sagte der Klinikchef hart.

Der Pfleger sah ihn unsicher an. „Ist irgend etwas nicht in Ordnung, Chef?“

Sören Härtlings Augen wurden zu schmalen Schlitzen. „Sie halten sich wohl für sehr clever, wie?“

„Ich verstehe nicht...“

„Nach Ihrem schweren Fehler, der Frau Wanders beinahe das Leben gekostet hätte, hing Ihr Job an einem hauchdünnen Faden“, sagte Dr. Härtling. „Um Ihr Image wieder aufzupolieren, ließen Sie sich diesen Irrsinn mit der Kobra einfallen. Sie haben Patienten und Personal in unverantwortlicher Weise in große Gefahr gebracht.“

„Chef, ich...“

„Halten Sie den Mund!“, herrschte der Klinikchef den Krankenpfleger an. „Meine Sekretärin hat bereits die Polizei verständigt. Sie wird in wenigen Minuten eintreffen und Sie festnehmen.“

„Mich festnehmen? Weswegen denn?“

„Sie waren der geheimnisvolle Unbekannte, der die Giftschlange freiließ.“

Walter Tögel schüttelte den Kopf. „Was Sie mir da unterstellen, ist ungeheuerlich.“

„Es hat keinen Zweck, zu leugnen“, erwiderte Dr. Härtling scharf. „Ich weiß alles. Sie wollten mit Ihrer Heldentat Ihre gefährdete Position in der Paracelsus-Klinik festigen, und für kurze Zeit ging Ihre Rechnung sogar auf...“

„Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen“, behauptete der Krankenpfleger.

„Ach, kommen Sie, Herr Tögel, hören Sie doch auf zu lügen. Das Spiel ist aus.“

„Ich schwöre beim Grab...“

Sören Härtling ließ ihn nicht ausreden. Er sagte: „Nachdem Sie die Kobra gefangen hatten, zu wem haben Sie sie gebracht?“

„Ich habe sie einem Tierhändler überlassen.“

„Einem Tierhändler namens Rüdiger Daubeck?“, fragte der Klinikchef.

„So ist es“, bestätigte Walter Tögel.

„Sie haben Daubeck die Schlange nicht überlassen, sondern zurückgebracht“, sagte Dr. Härtling laut. „Die Kobra gehörte ihm.“

„Wer hat Ihnen denn das erzählt?“, fragte Tögel mit schmalen Lippen.

„Herr Rüdiger Daubeck.“ Sören Härtling zeigte auf das Telefon. „Vor wenigen Minuten. Sie haben eine Zeitlang in seiner Tierhandlung gearbeitet und von ihm gelernt, wie man Schlangen einfängt, wenn sie mal entwischen.“

Walter Tögel schwieg.

„Daubeck wollte Ihnen die Kobra nicht geben“, fuhr Sören Härtling fort. „Also haben Sie ihn schwer zusammengeschlagen und ihm gedroht, es würde ihm noch viel mehr passieren, wenn er nicht den Mund halten würde, aber sein Gewissen zwang ihn trotz aller Angst, die er vor Ihnen hat, zu reden. Sie sind kein Held, Herr Tögel. Sie sind ein gemeiner, niederträchtiger Verbrecher. Was Sie getan haben, ist so verabscheuungswürdig, dass mir die Worte fehlen, und ich hoffe, dass das Gericht Sie dafür hart bestrafen wird.“

Die Tür öffnete sich, und Moni Wolfram meldete: „Kommissar Hassmann und sein Assistent sind soeben eingetroffen.“

Sören Härtling nickte mit finsterer Miene. „ Schicken Sie die Herren herein.“

Der Arztroman Lese-Koffer Mai 2021: 16 Arztromane

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