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Karsten Wanders schlug die Augen auf und wusste nicht, wo er war. Er hatte Streit mit seiner Mutter gehabt. Sie war dahintergekommen, dass er an der Nadel hing, und war natürlich schwer geschockt gewesen. Begreiflich. Aber nicht zu ändern. That’s life. Irgendwann war bei Karsten der

Film gerissen. Er zerbrach sich den Kopf und überlegte angestrengt, wo es dazu gekommen sein konnte, erinnerte sich dunkel an ein Geschäft mit Heiko Rossmann, und dann?

Wo hast du dich danach herumgetrieben, Junge?, fragte er sich. In der Szene? Wahrscheinlich. Hast du gedrückt? Bestimmt. Um den Ärger mit Mama zu vergessen.

Karsten setzte sich auf und sah sich um. Er kannte den Raum nicht, in dem er sich befand. Billige Möbel. Billige Tapeten. Billige Vorhänge.

Aber alles sauber. Wem mochte diese Wohnung gehören? Und wem gehörten die Klamotten, die er trug? Das waren nicht seine. Er besaß keinen grob gestrickten blauen Pullover und keine beige Baumwollhose.

Er stand auf. Seine Knie waren weich wie Gummi. Auf wackeligen Beinen ging er zum Fenster und sah Menschen daran vorbeigehen. Er befand sich im Erdgeschoss.

Aber was war das für eine Straße? Er konnte sich nicht entsinnen, schon mal in dieser Gegend gewesen zu sein. Wer hatte ihn hierher gebracht?

Er setzte sich und stützte den Kopf mit den Händen. Was war auf einmal los mit ihm? Bisher hatte er den Stoff relativ gut verkraftet.

Er hatte eigentlich fast immer gewusst, was er tat. Hatte Heiko Rossmann angefangen, seine Ware mit minderwertigem Zeug zu strecken, um mehr Profit zu erzielen?

Schlüssel klimperten. Karsten hob den Kopf und blickte erwartungsvoll und neugierig zur Tür. Wer würde gleich diese kleine Wohnung betreten?

Ein schmales blondes Mädchen war es. Ihr Haar war so kurz, dass man sie auf den ersten Blick für einen Jungen halten konnte. Irgendwie kam ihm ihr hübsches Gesicht bekannt vor. Hatte er sie schon mal gesehen? Im Drogenrausch? In der Szene? Sie sah so sauber aus, dass sie nicht in die Szene passte.

Sie sah ihn an und lächelte. Sie hatte blitzweiße, regelmäßige Zähne, trug einen sandfarbenen Hosenanzug und hielt einen Einkaufskorb in der Rechten. „Na, von der Reise zurück?“

„Von welcher Reise?“, fragte Karsten. Wusste sie, was mit ihm los war?

„Vom Drogentrip“, sagte sie. „Er ist dir nicht bekommen.“

Er massierte seine Schläfen. „Ja, ich hatte einen Blackout.“

„Nicht nur das“, sagte das Mädchen. Sie war bestimmt nicht viel älter als er. „Du hast dich dermaßen angekotzt, dass ich dir Klamotten von meinem Ex-Freund anziehen musste.“ In Karstens Kopf herrschte ein schreckliches Chaos. Das Mädchen gefiel ihm. „Wer bist du?“, wollte er wissen.

„Ich heiße Corinna Berger.“

„Wir kennen uns, hm?“, fragte er unsicher.

Corinna nickte. „Vom Sehen.“

„Und wo haben wir uns gesehen?“

„Am Stachus“, antwortete Corinna und stellte den Einkaufskorb ab.

„In der Szene?“, fragte Karsten ungläubig.

Corinna Berger nickte wieder. „Genau.“

„Du bist da dabei?“ Er konnte sich das nicht vorstellen.

„Ich war es“, sagte Corinna. „Jetzt bin ich gottlob draußen. War nicht einfach, umzukehren.“

„Aber du hast es geschafft.“

„Ich habe es geschafft“, sagte sie und lächelte stolz. „Als es mir mal so richtig dreckig ging, sagte ich mir: ‘Jetzt reicht’s. Entweder du gibst dieses Zombie-Dasein a, oder du gehst schon sehr bald vor die Hunde.’ Na ja, und das wollte ich nicht, vor die Hunde gehen.“

„Wieso bin ich hier?“

„Ich hab’ dich aufgelesen und mitgenommen.“

„Warum?“

Corinna lächelte nur ein wenig. Sie kam näher, roch nach Flieder. „Du hast mir leid getan. Du warst so sehr hinüber, dass du nichts mehr richtig auf die Reihe gekriegt hast. Ich wollte nicht, dass du in deinem Zustand der Polizei in die Hände fällst.“

Er lächelte schief. „Eine Samariterin.“

„Vielleicht“, sagte Corinna Berger. „Du heißt Karsten Wanders, nicht wahr?“

„Ja.“

Sie tippte sich an die Stirn. „Weiß ich noch von früher.“

„War es schlimm, umzukehren?“, fragte Karsten zaghaft.

Sie sah ihn an. Ihre Augen waren dunkelbraun und samtweich. „Ziehst du es in Erwägung?“

„Ich habe Angst vor dem Entzug“, gestand er offen.

„Wenn ich es geschafft habe, schaffst du es auch.“

„Ich bin ziemlich feige.“ So ehrlich war er bisher noch nicht einmal zu sich selbst gewesen.

„Wenn du möchtest, werde ich dir helfen“, sagte Corinna.

Er musterte sie verblüfft. „Warum?“

Sie zuckte mit den Schultern. „Vielleicht mag ich dich. Vielleicht fände ich es schade, wenn du total abstürzen würdest.“

Der Arztroman Lese-Koffer Mai 2021: 16 Arztromane

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