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Dann war der Frühling da!

Als Lilly Eibensteiner eines Morgens die Fensterläden aufstieß und auf die weite Wiese bückte, da hielt sie den Atem an. So etwas Schönes hatte sie in ihrem ganzen Leben noch nicht gesehen.

Überall, so weit sie nur blicken konnte, standen auf der Almwiese Krokusse. Das war so bezaubernd schön, dass sie für einen Augenblick die Augen schloss und sie dann wieder öffnete. Aber sie blieben dort!

Ganz hinten, dem Hochwald näher, da lag noch Schnee auf den Wiesen, und hier blühten die Krokusse. Und im hellen Morgenlicht leuchteten die schneebedeckten Berge.

Sie rannte nach vorn in die Küche. Hier fand sie den Mann.

»Ignaz, Ignaz, hast du es schon gesehen?«, jubelte sie ihm entgegen.

Er blickte sie an und lächelte.

»Was denn?«, fragte er.

»Draußen, die Blumen. Ich glaub, ich kann heute gar nicht im Haus schaffen. Draußen ist es so wundervoll, so schön.«

»So?«

»Die Krokusse«, sagte sie, »hast du sie denn noch nicht gesehen?«

»Doch«, sagte er leise, »früher war ich auch so wie du, weißt. Da wurde meine Brust auch ganz weit vor Freude, und ich hab gedacht, niemand wohnt schöner als ich, aber dann, mit der Zeit ...« Wieder diese Resignation.

»Aber die Blumen sind doch dieselben, sie kommen doch immer wieder.«

»Ach«, seine Stimme klang traurig. »Jetzt findest du alles wunderschön und bezaubernd. Aber es wird nicht mehr lange dauern, dann hast du wahrscheinlich das Gefühl, in einem Gefängnis zu leben. Hier oben bleibt es immer so, da ist die Natur wunderschön, aber wenn man jung ist, da sehnt man sich dann fort, will unter die Menschen, will froh und glücklich sein. Wenn es erst mal überall Frühling ist, dann wirst auch wohl fortwollen.«

Sie blickte ihn mit ihren großen ausdrucksvollen Augen an. Nervös zupfte sie am Schultertuch. »Ignaz«, flüsterte sie leise, »soll das heißen, du willst mich fortschicken?«

Brüsk drehte er sich herum.

»Nein, nein, aber ich hab Augen im Kopf, ich kenn die Welt. Mein Gott, Lilly, du bist jung, und die ganze Welt liegt dir zu Füßen. Im Winter war es ja nicht so schlimm, aber wenn es Frühling wird, da wird das Blut unruhig, dann sehnt man sich fort.«

»Nein«, sagte sie schlicht. »Ich soll fortgehen? Wo es hier so wunderschön ist? Wo ich hier leben kann?, Aber, Ignaz, ich geh nicht fort, wirklich nicht.«

Er lächelte schmerzlich, dann nahm er für einen Augenblick ihre Hände in die seinen und hielt sie fest.

»Ich hab dir schon mal im Winter gesagt, Lilly, du kannst gehen, wenn du willst, niemand hält dich zurück, hörst du! Du bist mir nichts, aber auch gar nichts schuldig!«

Sie sah ihn an, versuchte in seinen Augen zu lesen, aber er blickte schnell fort.

»Warum sagst du mir das immerzu?«, flüsterte sie.

»Ich will, dass du glücklich wirst«, brachte er mühsam über die Lippen.

»Ich bin glücklich«, antwortete sie.

Dann hörten sie Sonja auf dem Gang und gingen schnell auseinander.

»Muss man heute vielleicht auf das Frühstück verzichten? Seit wir eine Angestellte haben, geht nichts mehr seinen rechten Gang«, schoss sie wieder einen Pfeil ab. Aber er konnte Lilly nicht mehr treffen. Ignaz schon, er lief rot an und wollte ihre eine Antwort zukommen lassen. Aber Lillys Augen flehten ihn an, und da ließ er es.

Wenig später saß man dann am Tisch. Meistens wusste man nicht, was man reden sollte, da Sonja die Luft um sich vergiftete. Sie genoss es weidlich, wenn sie beide vor sich sah und fühlte, wie sie innerlich litten.

Meistens besprachen sie dann nur belanglose Dinge, Sachen, die erledigt werden mussten, die sich um den Haushalt und den Hof drehten.

Ignaz sagte: »Jetzt ist es so weit, dass ich bald auf die Sennhütte muss, um nach dem Rechten zu sehen. Den Winter über stand sie ja leer. Sobald es ganz warm ist, zieht der Sepp dann mit der Herde hinauf, da haben wir dann nicht mehr so viel zu schaffen.«

»Und er versorgt alles allein?«

»Freilich, aber ich hab auch eine elektrische Melkeinrichtung anbringen lassen und einen Lastenlift. Einfacher hat er es schon, aber er ist halt allein. Nun ja, ich weiß, er hat es gern. Den Sommer über kommen ja auch oft Urlauber vorbei, die die Berge besteigen und dann zwischendurch Rast machen.«

»Wenn die Kühe oben sind, was müssen wir dann tun?«, wollte sie wissen.

»Wir müssen dann für das Heu für den Winter sorgen, und dann muss das Holz für die Öfen geschlagen und zerkleinert und aufgeschichtet werden. Da gibt es schon eine Menge zu tun, aber man hat es dann nicht mehr so eilig, ich mein, bei den Kühen muss ja immer pünktlich gemolken werden und so. Im Sommer kann man schon mal einen Tag faulenzen. Ich hab dir ja auch versprochen, wenn du willst, besteigen wir mal die Berge. Und dann gibt es noch das Talfest.«

Sonja sagte giftig: »Und ich soll wohl so lange das Haus für euch hüten, damit ihr euch in Ruhe amüsieren könnt!«

Lilly neigte hastig den Kopf über ihren Teller.

Ignaz erwiderte ruhig: »Früher hab ich dir oft genug angeboten, dich herumzufahren. Überallhin wollt ich dich bringen, aber du hast es abgelehnt, weil du wohl Angst hast, dass dann die Dörfler sehen, dass ich gar nicht so schlecht bin, wie du ihnen vorspielst.«

So hatte er noch nie mit ihr gesprochen. Bis jetzt hatte er immer zu ihren giftigen Worten geschwiegen. Sie starrte ihn einen Augenblick entgeistert an. Gab ihm das Mädchen so viel Kraft? Da wurde es höchste Zeit, dass sich etwas änderte, aber was nur?

Lilly wollte die Situation entschärfen und sagte schnell: »Was muss denn Sepp auf der Sennhütte alles machen?«

»Nun, der Sepp und ich richten sie wieder wohnlich her. Da ist bei den Winterstürmen so manches entzweigegangen, das muss nachgesehen werden, dann muss die Hütte auch gescheuert werden.«

»Aber das kann ich doch tun«, sagte sie schnell. »Das ist doch eine Arbeit für mich, Ignaz. Ich werd mit dem Sepp gehen und alles in Ordnung machen.«

»Wenn du willst«, meinte er lächelnd. »Es wird dir dort oben gefallen. Wenn du Glück hast, so kann der Sepp dir auch Edelweiß und Enzian zeigen. Die wachsen da oben.«

»So ist es also abgemacht?«

»Ich werd gleich mit dem Sepp reden. Er soll alles zurechtmachen. Wenn morgen das Wetter auch noch so schön ist, dann könnt ihr gehen. Ein bis zwei Tage werdet ihr wohl dazu gebrauchen.«

Lilly erhob sich und räumte den Tisch ab. Auch Ignaz verließ sofort das Zimmer. Sonja saß wieder mal wie eine Spinne im Netz und beobachtete ihr Opfer. Lilly tat so, als bemerkte sie es nicht.

Mein Gott, dachte sie wenig später in der Küche, jetzt bin ich schon froh, wenn ich nur ein bis zwei Tage fort von hier komm, damit ich die Frau nicht immer sehen muss.

Sie stand am Fenster und dachte über die Worte von Ignaz nach.

Vielleicht hat er recht, dachte sie bestürzt, vielleicht kommt tatsächlich der Augenblick, wo ich es hier oben nicht mehr aushalte, wo ich fort will. Aber dann nicht, weil es mir hier zu einsam ist, oder weil ich unter jungen Menschen sein möchte, nein, weil sie dann doch Siegerin geblieben ist.

Noch kann ich sie ertragen, noch erdulde ich alles, aber wie lange noch?


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