Читать книгу Roman Koffer 10 Arztromane zum Jahresende 2021 - A. F. Morland - Страница 73

Mit Klaus Krage ging es gesundheitlich „programmgemäß“ aufwärts, aber seelisch ging es ihm nicht besonders gut, das sah Dr. Härtling ihm an, als sie sich am Montagvormittag auf dem Klinikflur begegneten.

„Na, Herr Krage“, sagte der Chefarzt zu dem jungen Patienten. „Sie machen keinen besonders glücklichen Eindruck.“

„Ich habe keinen Grund, glücklich zu sein“, grollte Klaus Krage.

„Was ist passiert?“, erkundigte sich Sören Härtling.

„Sie wissen es nicht?“

„Hat Schwester Melanie mit Ihnen gesprochen?“, fragte der Klinikchef.

„Ja, sie war bei mir. Sie hat mir ihre Geschichte erzählt, ich habe ihr meine Geschichte erzählt, dann hat sie mein Zimmer verlassen - und seither habe ich sie nicht wiedergesehen. Eine andere Pflegerin macht jetzt Nachtdienst. Schwester Melanie ist krank, hat man mir gesagt.“ Eine Unmutsfalte kerbte sich in seine Stirn. „Krank.“ Er wies mit dem Daumen auf seine Brust. „Meinetwegen“, sagte er deprimiert. „Sie geht mir aus dem Weg, will mich nicht sehen.“

Am Ende des Flurs tauchte Schwester Annegret auf. Sie unterhielt sich gestikulierend mit dem jungen Assistenzarzt Dr. Wolfram.

„Seltsam“, sagte Dr. Härtling zu dem Patienten, „ich hatte den Eindruck, dass Sie ihr nicht ganz gleichgültig sind.“

„Da müssen Sie sich bedauerlicherweise geirrt haben, Herr Doktor. Schwester Melanie würde sich anders benehmen, wenn sie auch nur annähernd für mich so empfinden würde wie ich für sie.“

„Hat sie Ihnen von ihrem Bruder erzählt?“

Klaus nickte.

„Und ich habe ihr gesagt, dass Bruno mich überhaupt nicht stören würde, aber allem Anschein nach glaubt sie prinzipiell keinem Mann etwas.“ Er seufzte traurig. „Trotzdem möchte ich Ihnen dafür danken, dass Sie bei Melanie ein gutes Wort für mich eingelegt haben.“

„Es hätte mich gefreut, wenn ich damit auch Erfolg gehabt hätte“, meinte Sören Härtling bedauernd.

Schwester Annegret und Dr. Wolfram trennten sich. Die grauhaarige Pflegerin kam auf den Leiter der Paracelsus-Klinik und Klaus Krage zu. Sie fragte, ob sie den Chefarzt kurz sprechen dürfe. Klaus hob die Hände.

„Der Herr Doktor gehört schon Ihnen, Schwester. Unser Gespräch ist bereits zu Ende.“

„Wann kommen bei Ihnen die Nähte raus?“, erkundigte sich Dr. Härtling.

„Heute“, antwortete Klaus Krage.

„Dann verlassen Sie uns ja schon bald“, sagte Sören.

Der Patient verzog das Gesicht zu einem schiefen, ironischen Grinsen.

„Je eher, desto besser - damit Schwester Melanie ihren Nachtdienst wieder antreten kann.“ Er nickte dem Chefarzt und der alten Pflegerin zu, drehte sich um und entfernte sich mit kleinen, vorsichtigen Schritten.

„Wie war das?“, fragte Schwester Annegret ratlos und wissbegierig. „Was hat er damit gemeint?“

Dr. Härtling erklärte es ihr. Anschließend fragte er: „Und was für ein Problem haben Sie, Annchen?“