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Allgemeine Hinweise

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Abkürzungen

(in Ergänzung zu dem Beitrag von Olivier Jouanjan, § 2 Grundlagen und Grundzüge staatlichen Verfassungsrechts: Frankreich):

Cass. Ass. Plén. Cour de Cassation, Assemblée plénière
Cass. Crim. Cour de Cassation, Chambre criminelle
JCP Jurisclasseur Périodique
LGDJ Librairie Générale de Droit et de Jurisprudence
RDP Revue du Droit Public et de la Science Politique
RGDIP Revue Générale de Droit International Public
RMC Revue du Marché Commun et de l’Union européenne
RPP Revue Politique et Parlementaire.

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Redaktionell bearbeitet von F. Leßniak und Dr. F. Wollenschläger.

Obwohl Frankreich zu den Mitbegründern des Europarats und der Europäischen Gemeinschaften zählt, ist die Einstellung gegenüber der europäischen Integration seit langem von einer gewissen Ambivalenz geprägt. Trotz der Bereitschaft zur Aushandlung und Ratifizierung der Verträge scheinen die Staatsorgane nicht immer von der Notwendigkeit überzeugt zu sein, auch alle Konsequenzen aus den von ihnen eingegangenen Verpflichtungen zu ziehen. Die Überzeugung vom Nutzen einer Annäherung der europäischen Staaten konfligiert mit der Treue zur nationalen Identität.

2

Der Gedanke, dass Frankreich durch die europäische Einigung seinen nach dem Zweiten Weltkrieg mühsam behaupteten Status als Weltmacht verloren hat, bleibt in den Köpfen verankert, auch wenn dies nicht ständig ausgesprochen wird. Mit besonderer Schärfe unterstrich das de Gaulle in den Diskussionen über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft: „Europa ist auf dem Leichnam Frankreichs errichtet“[1]. Seither äußern sich die Gegner der europäischen Einigung weniger lyrisch, und ihre Befürworter unternehmen alles, um die Tragweite der von ihnen verteidigten Texte zu verharmlosen. Auf Seiten der Gegner bekämpft die Kommunistische Partei die „supraconstitutionnalité“ („Überverfassungsmäßigkeit“), womit – mit einem Fachausdruck kaschiert – der Verlust der Unabhängigkeit Frankreichs angeprangert wird.[2] Andere verteidigen das nationale französische „Modell“ gegen die Vision eines europäischen Bundesstaates[3] oder lehnen die Preisgabe der nationalen Souveränität ab[4]. Auf Seiten der Befürworter gehört es zum guten Ton, die Vorteile der europäischen Verträge für Frankreich, insbesondere für seine Landwirte, herauszustellen, ohne sich mit langfristigen Betrachtungen über die Zukunft Europas abzugeben.[5] Diese – wenig mitreißende – politische Perspektive auf Seiten der Befürworter des europäischen Systems ist mit ein Grund für die Schwierigkeit Frankreichs, zu einem angemessenen Verständnis der Integration zu gelangen.

3

Aufgrund der häufig widersprüchlichen Vorgaben der Politik haben die französischen Verwaltungsbehörden Schwierigkeiten, die von Frankreich eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten. Die mangelhafte Umsetzung von Richtlinien macht dies besonders anschaulich. Sie verdeutlicht den Graben zwischen der Annahme von Gemeinschaftstexten durch die Regierung und ihrer vollen Anwendung durch die nationalen Institutionen. Trotz einiger Fortschritte fand sich Frankreich in dem von der Kommission im November 2004 erstellten Umsetzungsranking erst an zehnter Stelle wieder. Die Verzögerungen bei der Umsetzung beruhen selten auf bösem Willen der einzelnen Beteiligten. Sie finden ihren wesentlichen Grund vielmehr in der mangelnden Anpassungsfähigkeit der legislativen und administrativen Verfahren. Anders gesagt, die bürokratischen Barrieren in der Entscheidungskette sind trotz aller seit 1986 hierzu unternommenen Anstrengungen nicht aus dem Weg geräumt.[6] Die vom Premierminister an die gesamte Regierung adressierte zunehmende Zahl an Runderlassen zum Thema Richtlinienumsetzung ist dabei ein sicheres Zeichen dafür, dass diese auf Schwierigkeiten stößt.[7]

4

Besonders augenfällig war die Diskrepanz zwischen dem proeuropäischen Diskurs und einer anders lautenden Praxis lange Zeit hinsichtlich der EMRK. Wie wir sehen werden, hat Frankreich den 1950 unterzeichneten Text erst sehr spät ratifiziert und noch später Einzelbeschwerden vor dem Straßburger Gerichtshof zugelassen. Auch da entsprachen die Sonntagsreden französischer Politiker über die Menschenrechte nicht dem geltenden französischen Recht.

5

Im Folgenden sollen die verfassungsrechtlichen Grundlagen für die Umsetzung des europäischen Gemeinschaftsrechts in französisches Recht (I), die vom Europarecht aufgeworfenen Probleme (II) sowie das französische Verständnis und die Bedeutung der Europäischen Menschenrechtskonvention untersucht werden (III). Abschließend wird auf die Diskussionen in der Lehre über die Auswirkungen der europäischen Integration auf die französische Verfassung eingegangen werden (IV).

Erster Teil Offene Staatlichkeit§ 15 Offene Staatlichkeit: Frankreich › I. Verfassungsrechtliche Grundlagen für die Umsetzung europäischen Rechts

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