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III
ОглавлениеLady Joanna Southwood saß in Linnet Ridgeways Schlafgemach in Wode Hall. »Liebes, ich glaube, das alles wird einfach himmlisch!«
Vom Fenster aus hatte man einen Blick auf die Gärten und hinaus ins weite Land mit den blauen Umrissen der Wälder.
»Es ist schon ziemlich vollkommen, nicht wahr?« Linnet lehnte auf der Fensterbank. Ihr Gesichtsausdruck verriet Ungeduld, Lebenslust und Tatendrang.
Neben ihr wirkte Joanna Southwood – eine große, schlanke junge Dame von siebenundzwanzig Jahren mit einem gescheiten schmalen Gesicht und keck gezupften Augenbrauen – irgendwie blässlich. »Und was du alles geschafft hast in der Zeit! Hattest du viele Architekten und so?«
»Drei.«
»Wie sind denn Architekten eigentlich? Ich habe, glaube ich, noch nie einen kennengelernt.«
»Ach, ganz in Ordnung. Allerdings fand ich sie manchmal ein bisschen unpraktisch.«
»Nun, das hast du bestimmt schnell geradegebogen! Du bist doch das allerpraktischste Geschöpf!« Joanna nahm eine Perlenkette auf dem Toilettentisch in die Hand. »Die sind sicher echt, nicht, Linnet?«
»Selbstverständlich.«
»Ich weiß, dass so etwas für dich selbstverständlich ist, Liebes, aber bei den meisten Leuten wäre es das nicht. Dicke Zuchtperlen oder gleich Woolworth! Liebling, die sind wirklich unglaublich, so exquisit ebenmäßig. Die müssen märchenhaft viel Geld wert sein!«
»Ein bisschen ordinär, findest du?«
»Nein, überhaupt nicht – einfach die reine Schönheit. Was kosten die denn?«
»Rund fünfzigtausend.«
»Eine hübsche Stange Geld! Hast du gar keine Angst, dass sie gestohlen werden?«
»Nein, ich trage sie überall – außerdem sind sie ja versichert.«
»Darf ich sie mal ummachen, bis zum Abendessen, ja, Liebling? Ich würde eine Gänsehaut bekommen.«
Linnet lachte. »Selbstverständlich, wenn du möchtest.«
»Ach, Linnet, ich beneide dich wirklich. Du hast einfach alles. Du bist gerade zwanzig und schon dein eigener Herr, du siehst blendend aus und strotzt vor Gesundheit. Verstand hast du obendrein. Wann wirst du eigentlich einundzwanzig?«
»Im nächsten Juni. Ich werde ein großes Fest in London geben, wenn ich volljährig bin.«
»Und dann Lord Windlesham heiraten? Diese scheußlichen Klatschreporter sind ja alle schon ganz närrisch deshalb. Und er ist dir wirklich beängstigend ergeben.«
Linnet zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht. Ich will eigentlich überhaupt noch niemanden heiraten.«
»Liebling, du hast ja so recht! Hinterher ist doch alles irgendwie anders, nicht?«
Das Telefon klingelte, und Linnet nahm ab. »Ja?«
Die Stimme des Butlers meldete: »Miss de Bellefort ist am anderen Ende. Darf ich durchstellen?«
»Bellefort? Oh, natürlich, ja, stellen Sie sie durch.«
Ein Klick, dann eine ungeduldige, leicht atemlose, aber weiche Stimme: »Hallo, ist da Miss Ridgeway? Linnet!«
»Jackie, Liebling! Ich habe seit Ewigkeiten nichts mehr von dir gehört!«
»Stimmt. Schrecklich. Linnet, ich muss unbedingt mit dir reden.«
»Dann komm doch einfach her. In mein neues Spielzeug. Ich würde es dir liebend gern zeigen.«
»Genau das hatte ich vor.«
»Also, spring in den Zug oder ins Auto.«
»Tu ich. In meinen schrecklich klapprigen Zweisitzer. Ich hab ihn für fünfzehn Pfund gekauft, an manchen Tagen fährt er wunderbar. Aber er hat Launen. Wenn ich zum Tee nicht da bin, dann weißt du, er hatte wieder mal eine. Bis dann, Liebes.«
Linnet legte auf und ging zurück zu Joanna. »Das war meine älteste Freundin, Jacqueline de Bellefort. Wir waren zusammen auf der Nonnenschule in Paris. Sie ist ein Unglücksrabe. Ihr Vater war ein französischer Graf, ihre Mutter Amerikanerin – Südstaatlerin. Der Vater ist mit einer anderen durchgebrannt, und die Mutter hat ihr ganzes Geld beim Börsenkrach an der Wall Street eingebüßt. Jackie stand ohne einen Pfennig da. Ich weiß gar nicht, wie sie die letzten zwei Jahre über die Runden gekommen ist.«
Joanna polierte ihre blutroten Fingernägel mit Linnets Nagelkissen. Dann lehnte sie sich zurück, legte den Kopf auf die Seite und betrachtete das Ergebnis. »Liebling«, flötete sie schließlich, »ist das nicht schrecklich lästig? Wenn Freunde von mir irgendwie in die Bredouille kommen, lasse ich sie sofort fallen! Das klingt zwar herzlos, aber es erspart einem viel Ärger hinterher! Die wollen einen doch bloß anpumpen, oder sie machen ein Modegeschäft auf, und dann soll man ihnen die grässlichsten Kleider abkaufen. Oder bemalte Lampenschirme und Batikschals.«
»Du meinst, wenn ich morgen mein ganzes Geld verliere, dann lässt du mich fallen?«
»Ja, Liebling, lasse ich. Man kann mir jedenfalls nicht nachsagen, ich wäre nicht ehrlich! Ich mag eben nur erfolgreiche Menschen. Übrigens wirst du feststellen, dass die meisten Leute das so sehen – nur zugeben würden sie es nicht. Die behaupten dann, sie kämen eben nicht mehr zurecht mit Mary oder Emily oder Pamela! ›Das arme Mädchen ist ja so verbittert und so komisch wegen all dem Kummer!‹«
»Was bist du für ein Biest, Joanna!«
»Ich sehe nur zu, wo ich bleibe, wie alle Menschen.«
»Ich nicht!«
»Aus naheliegenden Gründen! Man braucht sich nicht schäbig zu benehmen, wenn einem attraktive amerikanische Vermögensverwalter im besten Mannesalter alle Vierteljahre einen dicken Scheck schicken.«
»Und du irrst dich auch in Bezug auf Jackie«, sagte Linnet. »Sie ist keine Abstauberin. Ich wollte sie unterstützen, aber sie lässt mich nicht. Sie ist höllisch stolz.«
»Und warum will sie dich so dringend sprechen? Ich wette, sie will etwas! Du wirst schon sehen.«
»Sie klang schon aufgeregt, wegen irgendetwas«, gab Linnet zu. »Jackie war immer schnell aufbrausend, wegen aller möglichen Dinge. Einmal ist sie mit dem Taschenmesser auf jemanden losgegangen!«
»Nein, wie gruselig!«
»Ein Junge hat einen Hund gequält. Jackie hat versucht, ihn davon abzubringen, aber er hat weitergemacht. Sie hat an ihm herumgezerrt und ihn geschüttelt, aber er war stärker; da hat sie eben ein Taschenmesser gezückt und zugestochen. Es gab einen Heidenkrach deshalb.«
»Das kann ich mir vorstellen. Klingt höchst unerfreulich!«
Linnets Dienstmädchen kam herein, murmelte eine knappe Entschuldigung, nahm ein Kleid aus dem Schrank und ging damit wieder hinaus.
»Was ist denn mit Marie los?«, fragte Joanna. »Sie hat ja geweint.«
»Das arme Ding! Ich hatte dir doch erzählt, dass sie einen Mann heiraten wollte, der in Ägypten arbeitet. Sie wusste aber nicht viel über ihn, deshalb fand ich, ich sollte mal nachforschen, ob er in Ordnung ist. Und dann stellte sich heraus, er hat schon eine Frau – und drei Kinder.«
»Du machst dir ja eine Menge Feinde, Linnet.«
»Feinde?« Linnet sah sie verblüfft an.
Joanna nickte und nahm eine Zigarette. »Feinde, Liebes. Du bist so entsetzlich tüchtig. Und du machst so schrecklich zuverlässig immer alles richtig.«
Linnet lachte. »Aber wo – ich habe keinen einzigen Feind auf der Welt.«