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5. Das Bauprojekt: Planungsphase

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Wie vorausgesehen ist das Projekt Hühnerhaus bei Klaus-Dieter in den richtigen Händen. Solche Bauvorhaben hat er gern und setzt sich dann auch schnell daran, sie umzusetzen.

Im ersten Schritt gilt es, den genauen Standort des Hauses festzulegen; die für das gesamte Hühnerareal vorgesehene Fläche haben wir ja im Prinzip schon festgelegt. Bei näherer Überlegung ist der bei unseren ersten Überlegungen ins Auge gefasste Standort für ein „Gebäude“ aber nicht so günstig, weil das Gelände abschüssig ist, dann hat man keinen ebenen Untergrund. Außerdem verläuft genau dort die schmale Einflugschneise auf Nachbars Wiese - der mit dem unbebauten Grundstück mit Wildwuchs. Da muss man häufig mal drauf, um das schlimmste Chaos am Zaun mit der nicht vorhandenen Machete zu bearbeiten. Und dort entlang führt der Schleichweg „hinten rum“ ins Dorf. Es wäre also ungünstig, das zuzubauen.

Alternativ bietet sich aber das andere Ende des „Baugebiets“ an. Dort befindet sich unser Gemüsebeet. Die Bezeichnung stammt noch aus den Anfängen der Gartenplanung, als uns der Gärtner dort ein schönes Beet, circa 1,5 Meter mal 80 Zentimeter, mit Holzbalken eingegrenzt und mit Maschendraht unterlegt eingerichtet hat. Idee war, dort Gemüse und Salat küchennah anzubauen. Die Rechnung hatten wir allerdings ohne die Schnecken gemacht, die auch begeistert von unserer Idee waren. Und auch wenn ich begeisterte Hobbygärtnerin bin, zu so viel Lust und auch Zeit, wie ein Gemüsebeet sie erfordern, reicht es dann doch nicht. Sprich, das sogenannte Gemüsebeet beheimatet immerhin noch eine stattliche Rhabarberstaude; leider allerdings grüner Rhabarber mit dünnen Stangen. Den roten mit den dicken mag ich lieber. Weiterhin noch lieblos eingebuddelte Lauchzwiebeln, die eigentlich nie geerntet werden, und ansonsten Unkraut. Strafverschärfend kommt hinzu, dass irgendwann der Nachbar seinen Fahrradunterstand neben dem Beet errichtet hat, der dafür sorgt, dass das Beet fast nur im Schatten liegt - für Gemüse bekannterweise eher ungünstig. Lange haben wir daher schon vor, das umzugestalten.

Für das Hühnerhaus ist der Platz eigentlich ideal: es ist nicht abschüssig, der Maschendraht von unten verhindert von dort schon einmal das Eindringen von Ratten, Mäusen, Mardern, auf die Holzbalken kann das Haus gesetzt werden und steht so in der Waage. Der fürs Gemüse ungünstige Schatten kommt den Hühnern im Sommer zugute. Allerdings steht das Haus dann ziemlich direkt am Nachbarhaus und Geräusche aus dem Haus - z. B. Hahnengeschrei - dringt prima in Nachbars Schlafzimmer. Aber wenn wir kleine Hühner wie die Seramas nähmen, wären die ja gar nicht laut - kleiner Körperbau, kleines Organ, ist doch schlüssig. Und vielleicht gibt es ja auch gar keinen Hahn dazu - bis jetzt ist noch alles unbestimmt. Und mit dem Stück Land macht man sonst wirklich nichts anderes; bis jetzt ist uns noch kein zündender Gedanke gekommen. Gut, dann ist das beschlossene Sache: Das Gemüsebeet ist der Bauplatz fürs Hühnerhaus und wird endlich sinnvoll genutzt.

Schritt zwei ist die Recherche im Internet, denn es gibt ja sicher Bausätze für Hühnerhäuser aus Holz. Außerdem gibt es die mobilen aus Plastik, die muss man ja irgendwo kaufen können. Und im Internet findet man ja bekanntlich (fast) alles. Mal sehen, ob da etwas Brauchbares dabei ist.

Die Internetrecherche gehört ganz klar zum Bauvorhaben, sprich fällt in Klaus-Dieters Aufgabenbereich. Aber auch das macht er (relativ) gern. Stundenlang kann er am Rechner etwas gucken, zugegebenermaßen bevorzugt nach Ferienunterkünften. Da findet er dann die tollsten Luxusvillen und Katharina ist begeisterte Mitguckerin. Ich hasse das, schon nach kurzer Zeit werde ich ungeduldig und habe keine Lust mehr. Allein das Begutachten der von Klaus-Dieter getroffenen Vorauswahl dauert mir schon zu lange.

Und Klaus-Dieter begibt sich auch ohne Wort und Weise auf die Suche. Es gibt, wie vermutet, die Alternativen Holz(bausatz) oder Vollplastikhäuser. Für beide Alternativen gibt es Auswahl, jedoch überschaubar. Hühner sind halt erst noch im Kommen. Die Vollplastikhäuser schließt Klaus-Dieter nach gemeinsamem Beratschlagen schnell von der Suche aus. Erstens haben wir eh nicht die Möglichkeit, den Stall zu verstellen, zweitens halten wir nicht so viel von Plastik.

Der Fokus liegt nun also auf Holz, da sollte doch etwas Vernünftiges zu bekommen sein. Aber was ist eigentlich vernünftig, also was braucht ein Hühnerhaus alles? Nun, eine Tür zu einem erhöhten Eingang (Stichwort Hühnerleiter), ausreichend Platz (was heißt ausreichend?) und eine Stange (Stichwort Hühnerstange). Das ist noch höchst vage - wahrscheinlich sollte man sich vorher doch erst einmal schlau machen, was genau denn so ein Hühnerhaus benötigt. Auch hier verlasse ich mich auf meinen Mann, der das im Netz recherchiert und sich zum Hühnerhausexperten fortbildet.

Aber die Bausätze halten nicht, was sie auch nur zum Teil auf den ersten Blick versprechen. Einige kann man direkt, wenn man das Foto anguckt, ausschließen. Die sehen schon auf dem Bildschirm so aus, als würden sie schon vom Anpusten umkippen, geschweige denn Regen oder auch mal Schnee lange trocken überstehen, von stärkerem Wind gar nicht erst zu sprechen. Und auch für den Schutz vor Kälte mit Minusgraden im Winter oder vor Hitze mit Temperaturen über 30 Grad Celsius im Frühling, Sommer und Herbst sehen sie ungeeignet aus. Selbst bei den auf den ersten Blick tauglichen geben die Artikelbeschreibungen preis, dass der Bausatz nicht imprägniert ist, wie klein er tatsächlich ist, dass die Hühnerstange fehlt oder sonst ein Detail. Spätestens die Kundenbewertungen lassen einen zweifeln, wenn die Artikelbeschreibung noch ganz gut klang.

Gut, Kundenbewertungen im Netz traue ich nur bedingt; die sind natürlich so vielfältig wie die verschiedenen Typen Menschen auf Erden und man kennt die Leute ja auch nicht, die da ihre Meinung abgeben, weiß also nicht, ob sie auf der eigenen Wellenlänge schwimmen oder zu den „Meckerern und Nihilisten“ gehören. Aber wenn drei von fünf Kundenbewertungen undichtes Material anführen, wird schon was dran sein.

Und die konzentrierte Recherche zeigt auch, dass der Markt wirklich überschaubar ist, selbst wenn man Kaninchen- oder Meerschweinchen- und Hamsterunterkünfte für draußen mit in die Suche einbezieht: Schnell landet man wieder bei einem Produkt, das man schon gesehen hat. Was die Preise betrifft, so sind sie happig, dafür, dass man einiges noch verbessern muss. Alles nicht zufriedenstellend.

„Gibt es denn nicht Bauanleitungen für ein Haus?“, fragen wir uns. Wäre ja auch viel besser, es selbst zu bauen, dann kann man genau die Maße nehmen, die für den zur Verfügung stehenden Platz passend sind. Imprägnieren und zusammenschrauben müsste man ja sowieso selbst. Dann geht es eigentlich nur darum, das Material selbst im Baumarkt zusammenzustellen. Dann kann man auch vernünftig dickes Holz nehmen. Noch besser fände ich ja ein gemauertes Haus, aber das ist dann doch nicht so das Fach von unserem Hobbybastler.

Klar, Bauanleitungen gibt es, die kann man als „Anregung“ nutzen (das ist wie bei den Kochrezepten, alles nur Vorschläge, die man an die eigenen Bedürfnisse oder halt die vorhandenen Zutaten anpasst) und davon ausgehend das voll funktionstüchtige und alle Ansprüche von den späteren Bewohnern erfüllende Haus selbst planen.

Klaus-Dieter begibt sich also an die Arbeit. Mit Papier, Bleistift und Radiergummi sowie natürlich einem Zollstock bewaffnet begibt er sich zum Ort des Bauplatzes. Er misst und notiert, guckt und überprüft, schüttelt den Kopf und misst neu, radiert und schreibt neu. Eine Weile später kommt er wieder rein und setzt sich nun an den Tisch. Die Rohzeichnung ist nun an der Reihe, nachdem alle Maße vor Ort genommen sind.

Ich bin gespannt, welche Bauweise er anstrebt: einfache Unterkunft oder Luxusvilla mit Walmdach? Klaus-Dieter zeichnet und radiert, geht wiederholt raus und verwirft, zeichnet neu und ist schließlich zufrieden. Er ruft mich, jetzt darf ich den Bauplan begutachten. Eine Menge Zahlen, Striche und auch ein erkennbarer Kasten, der wahrscheinlich das Haus sein soll. Viel erkenne und verstehe ich auf Anhieb nicht; lässt sich wahrscheinlich dadurch erklären, dass ich in Kunst immer nur eine „Drei“ hatte. Klaus-Dieter ist allerdings auch kein Kunstgenie …, aber Hobbybauer und das hat ja auch eher mit Architektur denn mit Kunst zu tun.

„Schön“, sage ich, „das sieht ja gut aus.“ Vorsichtig fange ich an zu fragen: „Erklär doch mal.“

„Na, sieht man doch“, antwortet Klaus-Dieter (leicht konsterniert). Hier ist das Haus, es steht auf den Balken vom Gemüsebeet, da haben wir dann schon mal einen guten Untergrund. Da vorne kommt die Tür rein, hier an der kurzen Seite zum Rasen hin. Ein Fenster brauchen wir auch, nach vorne zum Weg, da knallt die Sonne nachmittags nicht drauf.“

„Hört sich gut an. Also ist das Haus im Prinzip so groß wie jetzt das Gemüsebeet.“ „Genau“, entgegnet Klaus-Dieter, „den Platz können wir ja gut nutzen.“

„Und was für ein Dach machst Du?“

„Das wird leicht geneigt, damit der Regen ablaufen kann. Die Neigung über die lange Seite nach hinten weg.“

„Wie, leicht geneigt, nach hinten weg?“, frage ich. Ein schönes Hausdach hat eine Spitze und damit zwei geneigte Seiten – mehr Vorstellungskraft habe ich im Moment nicht.

„Ja, halt etwas schräg, damit das Wasser nicht darauf stehenbleibt“, wiederholt Klaus-Dieter.

„Wie soll das Wasser darauf stehenbleiben? Ach, meinst Du ein Flachdach?“ Jetzt verstehe ich zumindest Teil eins.

„Ja sicher, ein Brett oben drauf.“

Klar Agnes, ein Spitzdach baut sich nicht mal so eben, dann vielleicht schon eher noch das Walmdach. Scherz beiseite. Das Haus wird also ein Kastenhaus. Aber wie kann das Dach eine Neigung haben, die Seitenwände sehen auf der Zeichnung alle gleich lang aus? Also muss ich wieder fragen: „So, jetzt noch einmal mit der Neigung, wie geht das, die Wände vom Haus sind doch alle gleich hoch, wenn da ein Deckel oben drauf kommt, hat der doch keine Neigung.“

„Da setze ich dann noch auf eine Längsseite des Dachs eine Holzleiste, und dann muss auf das Holzdach noch so ein Wellblech zum Beispiel, das dann auf der Leiste aufliegt. Die Leiste kommt hier vorne zum Weg hin, dann geht die Neigung nach hinten weg, so fließt das Wasser ins Beet, nicht zu uns.“

Okay, klar, gute Idee. „Und der Boden?“, wie machen wir den?“

„Dafür nehmen wir auch eine Platte, die auf den Balken des Gemüsebeets aufliegt“, erklärt Klaus-Dieter (noch) geduldig.

„Fängt die nicht an zu faulen, wenn die aus Holz ist und im Prinzip auf der Erde liegt bzw. darüber schwebt? Denn dann ist doch da ein Hohlraum, wenn die Außenwände auf den Balken aufliegen, die höher kommen als das Erdreich? Das ist doch nicht gut.“ Typisch, schon fängt frau an zu beanstanden. Klaus-Dieter beginnt trotzdem, mit mir gemeinsam neu zu überlegen. Da kommt mir eine Idee: „Wir haben doch noch die ganzen Steinplatten, die unsere Nachbarn uns mal geschenkt haben. Die können wir auf die Erde legen, haben damit einen stabilen Untergrund und die Feuchtigkeit von unten ist kein Problem, da die Steine sie abhalten.“

„Müssen wir mal gucken, wie viele das sind“, erwidert Klaus-Dieter. „Aber grundsätzlich geht das natürlich.“

Nächster Punkt: „Und wie kommen wir in das Haus, wir müssen es ja saubermachen.“

Darüber hat mein Hobbyhäuslebauer sich auch schon Gedanken gemacht. „Wir können eine Schublade einbauen, die kann man dann nach vorn zum Weg herausziehen, da ist dann der Dreck drin und man kann ihn einfach auskippen.“

Das klingt gut, muss ich zugeben. Aber natürlich habe ich noch mehr Einwände, das ist mein Job bei der ganzen Angelegenheit. „Wie kommen wir rein, um Futter und Wasser reinzustellen und um die Eierflut herauszuholen? Die Hühnertür wird da nicht groß genug sein. Und es ist ja auch unpraktisch, wenn wir dafür immer in den Auslauf müssen. Kann man das Dach aufklappen?“

„Das ist doof, das wird ja viel zu schwer. Und wenn es regnet, regnet es sofort rein. Und mit dem Wellblech oben drauf, könnte man das Dach auch schlecht aufklappen. Außerdem: So groß bist Du ja auch gar nicht, dass Du Dich von oben reinbeugen kannst. Wir müssen noch irgendwie eine große Tür oder Klappe einbauen.“ Klaus-Dieter überlegt. „Das kann man so machen: Zum Weg hin lässt sich die Hauswand aufklappen.“

„Ist das denn dann groß genug“, frage ich skeptisch. Wir müssen da ja reinpassen!“

„Das ist ja die Längsseite vom Haus, so breit bist Du ja nicht.“

Danke. „Ja, aber wie hoch ist das Ganze dann, man muss ja irgendwie reinkriechen. Wie hoch ist das Haus denn noch mal?“ Habe ich schon wieder vergessen. Es hat ca. einen Meter Höhe, dann kann die Klappe ca. 50 Zentimeter haben und da das Haus ja auch schon erhöht steht, ist das dann ausreichend, um ins Innere vom Haus zu kommen.“

Gut, hört sich plausibel an.

„Und in diese Hauswand kommt auch das Fenster“, ergänzt mein Mann. Denn Hühner benötigen Licht, sonst legen sie keine Eier. Die Internetseiten geben an, wieviel Fensterfläche relativ zur Hausgröße vonnöten ist. Klaus-Dieter hat das für unsere Maße berechnet und sich eine Lösung überlegt, bei der wir eine der im Keller lagernden, vor Zeiten mal von der Oma überlassenen Glasplatten nutzen können.

Jetzt fällt mir erst einmal nichts mehr ein. „Ja, sehr schön, hört sich gut an“, lobe ich meinen Göttergatten.

„Dann sollten wir bald die Sachen im Baumarkt holen“, beendet auch mein Mann die Unterredung, „damit wir zeitnah mit dem Projekt starten können.“

Das ist mir mehr als recht; und wir vereinbaren, das nötige Material am Wochenende zu erstehen.


Die flattern höchstens mal ein bisschen

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