Читать книгу Das wundertätige Unterröckchen. Wobei der Berggeist Rübezahl auch eine Rolle spielt. - Alexander Zaunkönig - Страница 10

Sechstes Kapitel. Worin eine Eigenschaft des Röckchens an den Tag kommt, die ihm zu keiner Empfehlung gereichen wird:

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Das Häuschen der Strombergerin war Klärchens Himmel.

Je seltner ihre Besuche dort wurden, um desto bedeutender auch, ihr und den guten Leuten.

„Bist lange ausgewesen, Klärchen!“, sagte Fritz mit einem Gesicht, auf dem die Freude die Wehmut überglänzte, und eben so antwortete Klärchen: „Wär gern gekommen, wenn ich gedurft hätte.“

„Wirklich?“, erwiderte der Knabe.

„Freilich!“, antwortete das Mädchen.

Solche und ähnliche Gespräche fielen gemeiniglich vor, und je öfter dies geschah, desto interessanter wurden sie den beiden.

Ihre Hand in Fritzens ging Klärchen oft durch Blumen und Schnee, unter dem Sommer- wie unter dem Winterhimmel, und das Andenken an jenen Augenblick, in dem sie nach überwundener Gefahr einander in die Arme schlossen, erregte ihnen eine lebhaftere Freude, je mehr die Zeit sie von ihm entfernte.

In der ersten Periode von Klärchens Einschränkung ihrer Ausflüge hatten der Knabe und das Mädchen einander immer viel, sehr viel zu sagen, wenn sie zuweilen lange nicht beisammen gewesen waren. In der Folge aber hörte dies auf. Je länger die Zeit der Entbehrung gewährt hatte, desto stiller gingen sie nebeneinander her; desto heimlichere Spaziergänge wählten sie.

Eines Tages, als sich von beiden kein Wörtchen losarbeiten wollte, waren sie eben auf den Platz geraten, wo sie die Wölfin getötet hatten.

Ihre Einbildungskraft beschäftigte sich überaus tätig mit den glücklichen Gefühlen nach der vollbrachten Tat, und, wie damals, sanken sie einander in die Arme.

,,Ich bin Dir allezeit recht gut gewesen, Fritz“, sagte das Mädchen nach einer Pause, „aber heute hab ich Dich gewiss noch weit lieber, als sonst.“

„Ach Klärchen“, sprach der Knabe, „wenn ich doch immer so Dich festhalten könnte, wenn ich doch aufs Schloss mit Dir dürfte!“

„Oder ich in Eurer Hütte bleiben, da ist's viel besser, als auf unserm unfreundlichen Berge.“

„Wenn Du oben bist, Klärchen, ach, dann ist die Hütte bei weitem nicht so hübsch, als Du sie findest.“

Unter diesen und ähnlichen Schmeicheleien, die wahr und warm aus beider Mund und Augen flossen, sanken sie nebeneinander ins hohe Gras und hielten sich fest umschlungen. Ein schöner Traum schien ihre Sinne zu umnebeln, als Fritzen zuerst eine äußere Empfindung auf seiner Brust, die nicht gerade Schmerz zu nennen war, aber doch etwas unangenehmes mit sich führte, halb zu sich selbst brachte.

Er vermutete ein Insekt auf der Stelle. Beim Untersuchen jedoch entdeckte er, dass die Spur vom Kusse jener Alten merklich ins Schwarze überging. Jetzt gedachte er ihres Ausspruchs und machte dem Mädchen den Vorfall bekannt.

Auch Klärchen bemerkte nun eine Veränderung. Das Unterröckchen, welches sonst federleicht und ohne den geringsten Zwang über ihren Hüften hing, schmiegte sich drückend an sie an, und ob sie schon nicht wusste, von welcher Ursache diese Wirkung sich herschrieb, da die Geberin des Rocks, die versprochene Aufklärung über dessen Eigenschaften noch schuldig geblieben war, so schloss sie doch aus der Veränderung an Fritz, dass er einem großen Fehler sehr nahe sein müsse.

Ist er es, dachte sie ferner, so bin ich's ebenfalls, da wir beide vollkommen gleich gehandelt haben, daher zeigt die Veränderung meines Rocks wohl auch eine Vergehung an, der ich in Begriff war, mich schuldig zu machen.

Sie offenbarte Fritz die Begebenheit, mit diesen ihren Nöten begleitet, und beide sprangen so schnell von der Stelle auf, als ob sie da eine Natter gesehen hätten. Sogleich erhielt das Röckchen die gehörige Weite und der Fleck seine rote Farbe wieder.

Aber der angenehme Gang, den ihre Gefühle zuvor nahmen, war gestört.

Nun beobachteten beide die Andenken, welche die Alte ihnen zurückgelassen, mit großer Aufmerksamkeit und bemerkten sonach, dass, sobald ihre Hände wieder ineinander lagen, der Flecken auf Fritzens Brust aufs Neue zu jucken, und Klärchens Röckchen sich zu verengen anfing. Umarmten sie einander, dann ward die Veränderung so stark, als sie es gewesen war, wie sie im Grase beisammen saßen.

Die Hände herabhängend, schlichen sie daher mit traurigen, aufeinander fest gerichteten Augen, zu Fritzens Mutter, welche Klärchen zum Fortgehen ermahnte, damit sie noch vor Abend auf die Burg kommen möchte.

Klärchen war wunderlich zu Mute. Fritz hätte ihr so gern zum Lebewohl die Hand gereicht, sie ihm ebenfalls; allein es blieb bei einem gegenseitigen, laugen und traurigen Blicke, weil das Händereichen doch zu den verpönten Handlungen zu gehören schien.

Wie aber nur das mit einem Male so geworden ist?, dachte Klärchen. Nur erst seit heute geht's uns so fatal. Sonst konnten wir einander die Hände halten, so lange wir wollten, und nun soll das was Unrechtes sein!

In ihrem ganzen Leben hatte Klärchen das Köpfchen nicht so voll, und auch nicht so kraftlos auf der Seite hängen gehabt. Tausend Gedanken liefen in ihr durcheinander. Sie wusste weder was ihr Röckchen, noch was sie selbst wollte.

So kam sie erst lange nach Sonnenuntergang auf der Burg an.

Das wundertätige Unterröckchen. Wobei der Berggeist Rübezahl auch eine Rolle spielt.

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