Читать книгу Das wundertätige Unterröckchen. Wobei der Berggeist Rübezahl auch eine Rolle spielt. - Alexander Zaunkönig - Страница 13

Neuntes Kapitel. Chirurgische Operationen:

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Klärchen hatte indes ganz andere, wenn auch nicht angenehmere Dinge vor, als zu schlafen.

Grausam wie ein Naturforscher in der Wirklichkeit, riss sie in Gedanken dem Ritter vom Kynast jedes einzelne Glied vom Gesichte, und stellte es neben das Bild, das sich stets zwischen ihr Auge und andere Gegenstände einschob, nämlich Fritzens.

Ei, wie schlecht kam da nicht die dicke, bucklige, weinrot- glänzende Nase des Ritters gegen des Jünglings Nase weg, die mit griechischer Kühnheit aus ein paar sanft gerundeten Wangen hervortrat, wie schlecht zumal, wenn Klärchen die ziegelroten Backen, in denen sie sich beinahe verlor, zugleich mit betrachtete. Die breiten, langen Lippen des Herrn vom Kynast, von seinem Knebelbarte überschattet, nahmen sich ebenfalls sehr traurig aus gegen Fritzens schmale Rosenstreifen, woran sich ein Kinn, glatt wie Klärchens, anschloss.

So groß aber auch zwischen diesem allen der Unterschied sich zeigte, so war er doch unbedeutend, wenn das Mädchen die Augen des Ritters neben Fritzens Augen legte. Nein, so etwas Unausstehliches ließ sich nicht lange mitansehen. Die kleinen, grauen, toten, mit Rot umzogenen Sehwerkzeuge des Kynasters, wie sollten die es anfangen, um gleich des Jünglings großen, blauen, lebendigen, mit jedem Momente Klärchen das Wörtchen Liebe zuzurufen?

Des Ritters ergrauende Haare würdigte sie nicht einmal eines besondern Anschauens, da es ihr schon ahnte, wie armselig sie den blonden, schimmernden Locken ihres Freundes gegenüber stehen müssten. Auch vergaß sie einige Warzen in der Vertiefung zwischen des Kynasters runder Stirn und der Nase in Anschlag zu bringen, weil schon ohne diese Verzierung, der sanfte Übergang von Fritzens Stirn zu dessen Nase schön genug war, um jene Hässlichkeit ganz darzustellen.

Die starren, buschigen Augenbrauen des Herrn vom Kynast hielt sie ebenfalls nicht der Mühe wert, sie erst mit den Wölbungen zu vergleichen, welche sich mit weicher Anmut über ihres Freundes Augen hinzogen. Überhaupt hatte sie so vollkommen genug an der Zergliederung seines Gesichts, dass sie den übrigen Körper des Zerstückelns nicht würdigte, sondern ihn im Ganzen neben Fritzens stellte.

Auch diese Mühe war unnötig. Die schlanke gerade Figur des Jünglings, mit ihren passenden schönen Gliedern, verhielt sich zu der Gestalt des Ritters, wie ein warmer- heiterer Maimorgen, zur kalten- stürmischen Dezembernacht. Sah Klärchen ihren Bräutigam von vorn an, so stieß sich ihr Blick unangenehm an dem dicken Bauch; wollte sie sich für dieses Begegnis an seinem Rücken schadlos halten, so kam sie aus dem Regen in die Traufe: denn, allen Schönheitslinien Hohn sprechend, sprang ihr ein abscheulicher Höcker entgegen. Die Beine mochte sie von vorn oder hinten besehen, immer blieben sie krumm und dünne.

„Was!“, sprach sie voll Ärgers zu sich selbst: „Ich – der jeder Bach sagt, dass mein Gesicht im Range sogleich nach der heiligen Jungfrau ihrem kommen muss – sollte in meinem sechszehnten Jahre diesen Unhold von fünfzigen heiraten; ich, die ich den achtzehnjährigen Fritz kenne, der mir so gut ist. Daraus wird nun und nimmermehr etwas. Nein, lieber ins Grab, als auf den hässlichen Kynast!“


So geschwind ich auch aus Billigkeitsliebe den Leser über diese nächtlichen Betrachtungen des Mädchens hinschlüpfen lasse, so glaube man doch ja nicht, dass Klärchen mit gleicher Schnelligkeit dabei zu Werke ging. Das arme Ding brauchte, weil es dazwischen immer weinen musste, eine ganze Nacht dazu, und doch wusste sie, als die Zeit zum Aufstehen gekommen war, immer noch nicht, was sie anfangen sollte.

Erst als sie schon die Sporen ihres Vaters und noch eines Mannes – wahrscheinlich des Bräutigams – über den Saal nach ihrer Kammer klirren hörte, erst dann geriet sie auf den Gedanken, so lange das Bett zu hüten, bis der Mann vom Kynast die Weiherhorst wieder verlassen hätte.

Das wundertätige Unterröckchen. Wobei der Berggeist Rübezahl auch eine Rolle spielt.

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