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1.5 Performativität in PädagogikPädagogik, DeutschdidaktikDeutschdidaktik und theaterpädagogisch orientierter Fremdsprachendidaktiktheaterpädagogisch orientierte Fremdsprachendidaktik

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Dass sich pädagogische und fachdidaktische – darunter deutschdidaktische und fremdsprachendidaktische – Diskurse für den Begriff der Performativität öffnen, liegt dann nahe, wenn wir auch didaktische Prozesse der Vermittlung und Aneignung grundlegend als „performative, kulturell-soziale Handlungsprozesse begreifen“ (Zirfas 2017: 18).

Das bedeutet, als Ankerpunkt für die Attribuierung von performativ rücken in diesen Disziplinen Lehr- und Lern-Prozesse und die darauf gerichteten Didaktiken in den Blick. Performativität und damit verbundene Aspekte wie Aufführung, Inszenierung, Körperlichkeit werden als didaktische Ressource für Lehren und Lernen erkannt und analysiert.

Abb. 1.11:

Performative Lehr-Lern-Prozesseperformative Lehr-Lern-Prozesse

Didaktisches Konze ptDidaktisches Konzept vs. Metho deMethode

Didaktik ist die Wissenschaft des Lehrens und Lernens. Man kann darunter aber auch die Kunst des Lehrens und Lernens verstehen. Fachdidaktiken, wie z. B. die Deutschdidaktik oder Sprachdidaktik, richten ihr Forschungsinteresse auf ein bestimmtes Fach und die damit verbundenen Lehr-Lern-Gegenstände (z. B. die deutsche Sprache; Schreiben; Lesen; Sprechen und Zuhören; Umgang mit Literatur und Medien) und beforschen deren Erwerb und Vermittlung im schulischen Unterricht oder auch in anderen Kontexten.

Worin besteht in diesem Zusammenhang der Unterschied zwischen einem didaktischen Konzept und einer Methode?

Eine klare Abgrenzung ist schwer, da Konzept und Methode in der Regel ineinandergreifen und oft auch synonym (= gleichbedeutend) verwendet werden.

Im Prinzip richtet sich das didaktische Konzept auf das Was einer Lehr-Lern-SituationLehr-Lern-Situation, eines Unterrichts: Das didaktische Konzept gibt an, welche Lerninhalte im Fokus stehen und was die Lernziele sind. Im Schreibunterricht könnte z. B. ein didaktisches Konzept zum Einsatz kommen, das auf das motorische Schreiben fokussiert und hier im Besonderen den Lernenden das Ziel setzt, eine Hand-/Arm- und Körperhaltung zu entwickeln, die ein flüssiges Schreiben bestmöglich unterstützt.

Die Methode richtet sich komplementierend auf das Wie des Erwerbs und die Vermittlung in der Lehr-Lern-Situation: Die Methode gibt an, wie Lerninhalte verhandelt und Lernziele angesteuert werden. Im Beispiel des Unterrichts zum motorischen Schreiben könnte z. B. eine Methode zum Einsatz kommen, bei der eine bestimmte Handhaltung körperlich vorgemacht und mit spezifischen Bewegungsübungen praktiziert wird, oder eine Methode, bei der eine angestrebte Handhaltung nur verbal (mit Worten) erklärt wird.

Sondiert man die verschiedenen Ansätze zur Performativität in Pädagogik und Didaktik, wird deutlich, dass sich die Theoriebildung der letzten zwei Jahrzehnte komplex entfaltet hat und dass sie bis heute nicht abgeschlossen ist. Interdisziplinär betrachtet, treffen die pädagogischen und didaktischen Disziplinen auf eine facettenreiche Diskussion zu den Begriffen Performativität, Performanz und Performance in der Sprachphilosophie, den Kultur-, Kunst- und Medienwissenschaften. Sie sehen sich vor die Aufgabe gestellt, die Begriffe vor diesen Hintergründen für die eigene Disziplin auszuloten und zu konturieren (für umfassende Diskussionen siehe u.a. Wulf & Zirfas 2007; Even & Schewe 2016; Hudelist & Krammer 2017; Even, Miladinović & Schmenk 2019).

In seiner Bestimmung einer performativen Deutschdidaktikperformative Deutschdidaktik diskutiert z. B. Krammer (2017), in welcher Weise sich in den Arbeitsbereichen des Deutschunterrichts kulturelle Praktiken des Aus- und Aufführens finden lassen – wie relevant etwa SprechakteSprechakt und körperliche Handlungen für sprachliche Lehr- und Lernprozesse sind und welche Bedeutung das Aufführen für die unterrichtliche Verhandlung von Literatur hat (ebd.: 30). Nach Krammer erforscht eine performative Deutschdidaktik u.a., „inwiefern [bei sprachlichen und literarischen Lehr- und Lern-Prozessen] Aspekte wie Körperlichkeit, Räumlichkeit, Zeitlichkeit oder Lautlichkeit berücksichtigt werden“ (ebd.: 38). Schlägt man die Brücke von den Kunst- und Theaterwissenschaften zur Deutschdidaktik, liegt es nahe, generell performative Prozesse künstlerischen Handelns auch hinsichtlich ihrer didaktisch-methodischen Gestaltungsmöglichkeiten für die Vermittlung und Unterstützung sprachlichen Lernens zu analysieren und nutzbar zu machen (vgl. ebd.).

Solch eine Perspektive wird vor allem dann wünschenswert, wenn man Sprachtheorien voraussetzt, die Sprache – ausgehend vom Sprachgebrauch – als ein zugleich kognitives und sinnliches Gebilde erfassen (vgl. Zepter 2013). Involvieren Sprachproduktion und Sprachrezeption (Sprechen, Zuhören, Lesen, Schreiben) körperlich-sinnliche Dimensionen (Sinneswahrnehmung, Emotionen, Bewegung), impliziert dies, dass auch Lernprozesse in diesen Bereichen von einem vermittelnden bzw. angeleiteten Einbezug der körperlich-sinnlichen Dimensionen profitieren. Im folgenden Kapitel gehen wir darauf noch genauer ein und stellen eine theoretische Grundlage vor.

Im Kontext der Arbeiten von Manfred Schewe und Susanne Even (vgl. u.a. Schewe 1993; Even 2011; Even & Schewe 2016; Even, Miladinović & Schmenk 2019) hat sich in der Fremdsprachendidaktik ein Diskurs zu performativen Lehr- und Lernkonzepten entwickelt, der einen expliziten Schwerpunkt auf die Bedeutung von Kunst und Theatralität legt. Exemplarisch greifen wir einen Beitrag von Dragan Miladinović auf, der systematisierend acht Prinzipien für einen performativen Fremdsprachenunterricht zusammenführt. Bei deren Anwendung kommen „sowohl spracherwerbsorientierte als auch ästhetisch-künstlerische bzw. körper(sprach)liche Elemente zum Tragen“ (Miladinović 2019: 17). Die Idee eines entsprechenden Fremdsprachenunterrichts ist in diesem Sinne, sprachliches Lernen (einer Fremdsprache) mit ästhetisch-künstlerischem und körperbezogenem Lernen gleichwertig zu verzahnen – in der Erwartung, dass sich Synergieeffekte einstellen. Die folgende Grafik zeigt alle acht Prinzipien im Überblick (vgl. ebd.: 17-19):1

Abb. 1.12:

Acht Prinzipien eines performativen FremdsprachenunterrichtsPrinzipien eines performativen Fremdsprachenunterrichts (vgl. Miladinović 2019: 17-19)

Zusammenfassend lässt sich zu den letzten drei Abschnitten festhalten: Wir haben den Begriff der Performativität in (grob eingeteilt) drei verschiedenen Fachkontexten nachgezeichnet: Sprachwissenschaft, Theaterwissenschaft und Didaktik. Im Fokus stehen stets Handlungsvollzüge; jedoch werden diese im ersten (sprachwissenschaftlichen) Kontext nicht notwendig ganzheitlich begriffen, in den anderen beiden schon. Überdies wird das Attribut performativ jeweils auf unterschiedliche Gegenstände angewendet: (i) auf sprachliche Äußerungen; (ii) auf Kunstformen, künstlerische Produkte und Prozesse; (iii) auf Lehr- und Lernprozesse, Lehr-Lern-Konzepte und Didaktiken. Dabei ist auch der Begriff des Handlungsvollzugs nicht eindimensional und kann sowohl auf das Ausführen einer Handlung (in (i) und (iii)) als auch auf das Aufführen einer Handlung (in (ii) und (iii)) verweisen.

Dieses Lehr- und Praxisbuch stellt performative Zugänge zu Deutsch als Zweitsprache in den Mittelpunkt und verortet sich im Rahmen der deutsch- und fremdsprachendidaktischen Perspektiven auf Performativität. Das bedeutet, auch hier wird Performativität als didaktische Ressource erkannt. Die damit verbundenen Möglichkeiten des zweitsprachlichen Lehrens und Lernens werden am Beispiel von verschiedenen didaktischen Konzepten bzw. Methoden und konkretisierenden Unterrichtsvorschlägen aufgezeigt (siehe Teil II).

Im nun folgenden und letzten Abschnitt dieses begriffsklärenden Kapitels fassen wir abschließend zusammen, welche Kriterien genau einen ‚performativen Zugang‘ ausmachen.

Performative Zugänge zu Deutsch als Zweitsprache (DaZ)

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