Читать книгу Die besten 12 Strand Krimis im September 2021 - Alfred Bekker - Страница 36

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Es war später Nachmittag, als wir endlich den Tatort verlassen konnten.

Wir setzten uns in den Sportwagen und ich ließ den Motor an.

„Ob unser Vorgehen hier wirklich ein Erfolg war, werden erst die Laboruntersuchungen ergeben“, meinte Milo.

„Aus deinen Worten schwingt der Zweifel mit“, stellte ich fest.

„Traust du Clarissa Maxwell zu, dass sie die Seilchen-Morde begangen hat?“

„Eigentlich nicht.“

„Kenneth Easton wäre eher unser Mann, oder?“

„Ja. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir in diesem Fall immer noch nicht den entscheidenden Dreh gefunden haben.“

„Monty Gordon gab den Auftrag und irgendeiner seiner Gang-Krieger hat die Sache ausgeführt. Easton wäre ein passender Kandidat dafür. Morgen früh haben wir die entscheidenden Fragen beantwortet, sobald der Laborbericht vor uns liegt! Glaub mir!“

„Optimist.“ Ich sah kurz auf die Uhr. „Was hältst du davon, wenn wir noch mal mit diesem Allison sprechen?“

„Den Kerl von dieser Hilfsorganisation?“

„Ja.“

„Ich habe nichts dagegen, Jesse, aber ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was uns das jetzt bringen könnte!“

„Ich hatte den Eindruck, dass sich dieser Allison ganz gut hier in der Gegend auskennt. Vielleicht besser, als wir glauben… Vor allem kennt er sehr viele Leute.“

Milo zuckte mit den Schultern. „Es ist sowieso Feierabend, wenn wir in Manhattan ankommen. Da können wir meinetwegen auch noch ein paar Minuten mit Allison reden.“

„Dann ruf ihn doch bitte an und frag nach, ob Mister Allison jetzt etwas Zeit für uns hat.“

„In Ordnung.“

Ein paar Augenblicke später hatten wir James Allison am Apparat. Den Nebengeräuschen nach, die durch unsere Freisprechanlage noch verstärkt wurden, telefonierte er mit einem Handy an und war gerade mit dem Wagen unterwegs.

„Was kann ich für Sie tun?“, fragte er.

„Wir würden uns gerne noch mal mit Ihnen treffen, um ein paar ungeklärte Fragen durchzugehen“, sagte Milo. „Da Sie sich hier in der Gegend ja recht gut auskennen, dachten wir, dass es vielleicht ganz gut wäre, Ihre Meinung dazu zu hören.“

„Vielleicht können wir Sie ja mal in Ihrem Therapiezentrum besuchen“, warf ich ein.

„Das können Sie gerne ein anderes Mal tun“, wehrte James Allison ab. „Im Moment wäre es wahrscheinlich das Einfachste, wenn wir uns hier in der Gegend irgendwo treffen.“

Er schlug eine Snack Bar, nur ein paar Straßen weiter vor, da er ohnehin Hunger hätte.

„Einverstanden“, sagte Milo. „Wir sind gleich dort.“

Etwa fünf Minuten brauchten wir, um das angegebene Lokal zu finden. Seine Einrichtung war einem Diner aus den fünfziger Jahren nachempfunden.

James Allison wartete bereits auf uns. Da wir noch nichts gegessen hatten, bestellten wir jeder einen Hot Dog und setzten uns zu Allison an den Tisch.

„Was kann ich für Sie tun?“

„Zum Beispiel könnten Sie uns alles sagen, was Sie über Clarissa Maxwell und Kenneth Easton wissen.“

James Allison schmunzelte und nippte an seinem dampfenden Kaffee. „Wie kommen Sie darauf, dass ich über diese Leute etwas weiß?“, fragte er.

„Clarissa Maxwell hatte einen Handzettel Ihrer Organisation in einer Jackentasche.“

„Sie haben eine Durchsuchung bei ihr durchgeführt?“

„Ja.“

„Verdächtigen Sie die beiden etwa, in die Morde verwickelt zu sein?“

Ich schmunzelte. „Sie machen das gut, Mister Allison. Normalerweise ist es unsere Rolle, die Fragen zu stellen.“

„Sie müssen schon entschuldigen, aber das ist gewissermaßen eine Berufskrankheit. Meine Frau hat sich auch immer darüber beklagt, solange…“ Er zögerte kurz und schluckte dann. „Solange wir noch zusammen waren“, fügte er dann noch hinzu. „Ich war früher Cop.“

„Hier, in einem Revier in der Bronx?“, hakte ich nach.

„Nein, bei der DEA.“

„Dann führen Sie jetzt denselben Kampf gegen die Drogen nur mit anderen Mitteln.“

„Ja, so könnte man das ausdrücken, Agent Trevellian.“ Er atmete tief durch. „Ich war ein guter Drogenfahnder bei der DEA. Aber ich erkannte irgendwann, dass es sinnlos war, was wir taten. Wir kümmerten uns nur um diejenigen, die mit Drogen Geld zu verdienen versuchten – aber die Süchtigen gerieten dabei völlig aus dem Blickwinkel. Ein Dealer wird verhaftetet, kommt auf Bewährung oder Kaution wieder auf die Straße und macht spätestens, wenn er ein paar Jahre abgesessen hat, genau an der Stelle weiter, an der man ihn zuvor aus dem Verkehr gezogen hat. Im Knast hat er dann auch noch die richtigen Kontakte knüpfen können und ist hinterher nur ausgebuffter als vorher – hat sich aber nicht geändert.“

„Das klingt deprimierend, was Sie da sagen“, meinte Milo.

Ein mattes Lächeln glitt über Allisons Gesicht. „Es ist keinesfalls meine Absicht, Ihnen den Elan für Ihren Job zu nehmen!“, versicherte er. „Aber für mich persönlich war das einfach nicht mehr der richtige Weg. Ich dachte, wenn ich etwas für die Opfer tue, wäre das wichtiger, als mit einem untauglichen Gesetz zu versuchen, Dealer von der Straße zu bekommen.“

„Ich könnte mir denken, dass auch bei Ihrer jetzigen Tätigkeit manche Enttäuschung vorprogrammiert ist“, sagte ich.

„Natürlich! Für viele können wir gar nichts mehr tun! Die sind wie lebende Tote! Zombies, die nur noch Menschen sind, wenn sie ihr Zeug bekommen und in der Zeit dazwischen nur daran denken können, wie sie an genug Stoff herankommen. Je jünger jemand ist, mit dem wir arbeiten, desto besser die Prognose. Deswegen hat sich HELP vor allem zum Ziel gemacht Jugendliche zu erreichen, die in der Drogenszene gelandet sind. Nach der körperlichen Entgiftung beginnt eigentlich erst der wirklich schwierige Schritt, der darin besteht die geistigen Fesseln zu lösen, die den Betreffenden mit der Droge verbinden. Aber unsere Organisation verfolgt ein gut durchdachtes Konzept. Wir sind nicht immer erfolgreich, aber unsere Rückfallquote ist lägt nicht so hoch wie die der Gefängnisse!“

„Wie sieht dieses Konzept aus?“, erkundigte ich mich.

„Die Betreffenden sollen Disziplin lernen.“

„Muss man sich das so vorstellen wie in einem dieser Boot Camps, in denen jugendliche Straftäter resozialisiert werden?“

Er schüttelte den Kopf. „Nein, militärischer Drill steht bei uns nicht im Vordergrund. Aber Sport ist sehr wichtig. Wir achten auf körperliche Fitness und Selbstbeherrschung, weswegen wir vor allem auf Kampfsportarten setzen. Das stärkt außerdem das Selbstbewusstsein der Betroffenen und wer selbstbewusst ist, braucht auch keine Drogen.“

„Klingt plausibel. Ich würde mir das gerne mal selbst ansehen.“

„Können Sie gerne! Aber besser erst nächste Woche, dann sind wir wieder in Normalbesetzung und es hätte auch jemand Zeit für Sie.“

„Wir kommen darauf zurück“, versprach ich.

Und Milo ergänzte: „Vielleicht machen wir das, wenn es sich zeitlich machen lässt oder sich noch irgendwelche Fragen ergeben.“

„Das Wichtige ist, die ehemaligen Abhängigen auch danach noch weiter zu begleiten. Darum bin ich auch öfter in dieser Gegend unterwegs.“

„Wäre es nicht besser, wenn die ehemaligen Süchtigen sich woanders niederlassen würden, als ausgerechnet dort, wo sie jeden Dealer kennen?“, warf Milo ein.

„Natürlich! Aber wir sind kein Gericht und haben noch nicht einmal Polizeibefugnisse. Also können wir den Betroffenen auch keine Vorschriften machen, wo sie wohnen. Und viele bevorzugen es dann trotz der Risiken, sich genau dort wieder niederzulassen, wo sie herstammen. Das ist wie ein Fluch. Der alte Dealer spricht sie wieder an und das erste Mal sagen sie noch nein. Aber wenn dann eine Krisensituation im persönlichen Umfeld kommt, gehen sie den Drogenhändlern wieder auf den Leim und das ganze Spiel beginnt von vorn.“

„Wie bei Montys Ex-Freundin Linda Curtiz…“

James Allisons Gesicht wurde düster, harte Linien zogen sich um seine Mundwinkel. „Ihr konnte leider niemand mehr helfen…“

„Wir haben auch bei George Rizzo einen Ihrer Handzettel gefunden“.“

Er zuckte die Achseln. „Die werden an vielen Stellen verteilt. Sollte er mal an einem unserer Programme teilgenommen haben, dann war das vor meiner Zeit. Ich kannte ihn nur als Dealer. Ob er selbst süchtig war, müssten Sie anhand des Obduktionsberichts besser wissen als ich.“

„Wie gut kannten Sie ihn?“, hakte ich nach.

„Wir standen auf unterschiedlichen Seiten, wenn Sie verstehen, was ich meine. Schließlich ist es mein Job, zu verhindern, dass seine Ex-Kunden wieder Kontakt mit ihm aufnehmen.“

„Dann war er nicht gut auf Sie zu sprechen?“

Allison lachte heiser auf. „Ganz im Gegenteil“, sagte er dann mit einer deutlichen Portion Resignation im Tonfall. „Er wusste ganz genau, dass er am längeren Hebel saß. Früher oder später schafft es doch niemand, der hier her zurückkehrt, sich von den Drogen fernzuhalten. Das kriegen in der Regel nur die zurecht, die wirklich einen radikalen Schnitt machen und fünfhundert Meilen weit wegziehen. Am Besten in eine ländliche Gegend, wo sie dann auch noch einen Job bekommen… Aber das ist wie ein Sechser im Lotto. Die Meisten haben einfach nicht so viel Glück.“

„So wie Carla McGray. Sagt Ihnen der Name was?“

„Ja. Rizzo hat sie förmlich auf dem Gewissen. Sie war auch eine Teilnehmerin unseres Programms.“

„Wir haben bislang drei tote Dealer, denen man einen Strick um den Hals gelegt hat. Unsere Hypothese lautet bisher, dass die ‚Spiders’ sie auf dem Gewissen haben, weil sie ihre Konkurrenz ausschalten wollen. Schließlich waren das alles Dealer, die mit Paco Moreno in Zusammenhang gebracht wurden.“

„Sie glauben nicht daran, Agent Trevellian?“

„Ich möchte nur gerne alle anderen Möglichkeiten ausschließen können.“

„Und die wären?“

„Zum Beispiel Rache. Der Täter könnte jemandem wie Carla McGray nahe gestanden haben. Der Strick legt ein persönliches Motiv durchaus nahe.“

„Dann hätten Sie auf jeden Fall viele Verdächtige“, meinte Allison. Er schüttelte energisch den Kopf. „Das war eher eine Abrechnung unter Gangstern, würde ich sagen.“

„Ich frage Sie jetzt als ehemaligen Cop, Mister Allison: George Rizzo wurde nachweislich innerhalb des Gebietes der ‚Spiders’ angeschossen, bevor er dann flüchtete. Was hat er da gesucht? Er konnte sich doch ausrechnen, dass er dort nicht willkommen ist!“

„Rizzos Leben ist ein Ritt auf der Rasierklinge. Der scheute kein Risiko, sonst hätte er sich auch nicht die Extratouren erlaubt.“

„Was für Extratouren?“, hakte ich nach.

James Allison hob die Augenbrauen und sah mich überrascht an. „Davon wissen Sie nichts? Im Moment überschwemmt doch Billigstoff den Markt.“

„Ja, wir denken, dass das Moreno-Syndikat dafür verantwortlich ist“, warf Milo ein.

Allison nickte. „Ich habe so läuten hören, dass es ziemlich großen Ärger gegeben hat, weil ein Teil der Moreno-Händler versuchte, die Preise trotzdem hochzuhalten und die größere Gewinnspanne einfach einzubehalten. Ein paar Dealer sind rausgeflogen.“

„Auch Rizzo?“

„Das habe ich gehört, ja.“

„Wenn das auch für die beiden anderen Opfer der Seilchen-Serie gilt, dann hätte auch Moreno und seine Organisation ein Mordmotiv“, warf Milo ein. „Zumindest, wenn die Betreffenden weiter gedealt haben – auf eigene Rechnung ohne den Segen des Syndikats.“

„Von wem haben Sie diese Informationen?“, fragte ich.

„Wenn ich Ihnen das sage, spricht derjenige kein Wort mehr mit mir. Tut mir Leid, aber das kann ich Ihnen nicht sagen.“

Die besten 12 Strand Krimis im September 2021

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