Читать книгу Kreuzweg vieler Welten : Science Fiction Sammelband: 1000 Seiten Roman Paket - Alfred Bekker - Страница 36

Оглавление

8


Die Nähe der wie tot wirkenden Titans war für Maria so unerträglich, dass sie auf die Oberfläche zurückkehrte.

Sie hatte sich schon gewundert, dass Captain Ahmad Nurreddine sich das Spektakel der Inbetriebnahme der Produktionsanlage hatte entgehen lassen. War er nicht ein glühender Verfechter der Theorie gewesen, alles habe schon so seine Ordnung? Umso verwunderlicher eben seine Abwesenheit.

Sie ging direkt zu ihm, von einer gewissen Neugierde getrieben.

„Sie schon wieder!“, sagte er unfreundlich.

Sie hob die Augenbrauen. Was war denn dem über die Leber gelaufen?

„Die meisten wissenschaftlichen Mitarbeiter sind gegen die Inbetriebnahme gewesen. Gottlob haben nicht sie das zu bestimmen, sondern nur ihre Chefs. Wäre ja auch noch schöner.“

Eine Haltung, die Maria ganz und gar nicht behagte. Anscheinend begann für den Captain der Mensch sozusagen erst ab einem bestimmten akademischen Grad. Es sei denn, er war Offizier.

Aber sie sagte nichts in dieser Richtung, sondern: „Wie dem auch sei: Nun ist es nicht mehr rückgängig zu machen. Und Sie haben nicht einmal was versäumt. Ganz so spektakulär ist es nun auch nicht gewesen. Die Titans werden produziert, aber sie erwachen nicht zum LEBEN: Gottlob, würde ich mal sagen. Sie werden einfach nur gelagert. Auch wenn noch niemand weiß, was letztlich geschieht, ist das Lager mal voll...“

In seinen Augen irrlichterte es. „Sie sind ja erstaunlich ruhig. Also läuft doch alles bestens!“

„Wenn Sie so wollen: Ja, es läuft zur Zeit alles bestens.“

Damit wandte sie sich ab und verließ ihn wieder. Wieso war sie eigentlich auf die Idee gekommen, ausgerechnet mit diesem Typ ein Gespräch zu suchen?

Plötzlich blieb sie stehen wie angewurzelt.

Moment mal!, dachte sie alarmiert: Der war deshalb beim Schiff geblieben, weil die meisten wissenschaftlichen Mitarbeiter gegen den Beschluss waren, die Anlage in Betrieb zu setzen?

Sie drehte sich halb um sich selbst und schaute in die Richtung, aus der sie soeben gekommen war.

War nicht auch die Rede von einem Sicherheitsrisiko gewesen? Anscheinend sah dieser Nurreddine eher ein Sicherheitsrisiko in den wissenschaftlichen Mitarbeitern, die es wagten, anderer Meinung zu sein als die Mehrheit ihrer Chefs – und weniger in den produzierten Titans!

Sie schüttelte den Kopf. Welche Chance hat man eigentlich gegen soviel Borniertheit? Sie beantwortete sich diese Frage selber: Überhaupt keine!

Dann ging sie weiter.

Diesmal steuerte sie das Quartier der wissenschaftlichen Mitarbeiter an.

Sie schienen sie bereits zu erwarten – zumindest diejenigen, die gegen die Inbetriebnahme gestimmt hätten – wären sie überhaupt gefragt worden.

Ihre Blicke waren irgendwie mitfühlend. Aber es stand auch die unausgesprochene Frage darin: Wie lief es?

Maria erzählte, was sie gesehen hatte – und fügte auch noch hinzu, wie Tamsor die Vorgänge zu kommentieren pflegte.

„Wie geht es weiter?“, war am Ende die brennendste Frage.

Maria zuckte die Achseln, dann vermutete sie: „Vorerst geschieht nichts. Professor Tamsor wird persönlich das Lager überwachen, unterstützt von Chefkybernetiker Saul Bentor. Ich habe gefragt, was wohl geschieht, wenn das Lager voll ist. Darauf gab es keine Antwort. Inzwischen glaube ich, dass Professor Tamsor sehr wohl weiß, dass dann etwas geschehen muss. Es gibt meines Erachtens nur zwei Möglichkeiten: Entweder, die Produktion stoppt automatisch oder...“

„Oder?“

„Professor Tamsor weiß nicht, wie und vor allem wo die Titans modifiziert werden können, wie er es ausdrückt. Bevor die Modifizierung im terranischen Sinne beeinflusst werden kann, muss man ja zumindest erst einmal wissen, wo dies denn überhaupt vorgenommen wird. Also spekuliert er meines Erachtens darauf, dass dieser nächste Produktionsschritt automatisch initiiert wird, sobald das Lager voll ist.“

„Aber dann werden doch die Titans unkontrolliert erwachen – zunächst. Und bevor jemand weiß, wie man die Modifizierung beeinflussen könnte, kann es schon zu spät sein...“

Maria schaute den an, der es ausgesprochen hatte. Dann sagte sie: „Und genau das ist meine größte Befürchtung.“

Sie schauten sich gegenseitig an und wussten, dass sie keine Chance hatten, die Katastrophe aufzuhalten. Wie denn auch? Dass es noch nicht einmal mit Gewalt möglich war, dafür würde der Captain der AVALON schon sorgen. Sicherlich im direkten Auftrag von Tamsor, wie Maria vermutete, und sie vermutete weiterhin, dass Professor Wood nicht einmal etwas davon ahnte.

Professor John D. Tamsor hatte seine Vorstellungen, und die waren sicher nicht nur wissenschaftlicher Natur: Wenn ihm wirklich gelang, was er sich vorgenommen hatte, nämlich „zahme“ Titans zu produzieren in schier beliebiger Menge, dann war er der absolute Held der Terranischen Föderation!

Von der Finanzkrise der Terranischen Föderation ahnte sie in diesem Augenblick noch nicht einmal etwas und Tamsor sicher auch nicht. Aber „zahme“ Titans hätten durchaus dazu beitragen können, diese Finanzkrise zu beseitigen.

Allerdings war die Wahrscheinlichkeit, dass Tamsor Erfolg haben würde, nach der Vermutung von Maria Tobiasi gleich Null, und mit dieser Vermutung stand sie offensichtlich absolut nicht allein. Auch wenn sie nichts weiter tun konnten, als einfach nur abzuwarten, wie sich die Dinge weiter entwickeln würden.

Wie bei einem Unwetter, das eine ganze Stadt hinwegfegen wird, aber niemand glaubt daran, und deshalb wird niemand evakuiert. Auch diejenigen nicht, die das Unwetter kommen sehen!, dachte Maria zerknirscht.

Kreuzweg vieler Welten : Science Fiction Sammelband: 1000 Seiten Roman Paket

Подняться наверх