Читать книгу Kreuzweg vieler Welten : Science Fiction Sammelband: 1000 Seiten Roman Paket - Alfred Bekker - Страница 21

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Es blieb vollkommen unerklärlich: Kommandant Takeling saß nach wie vor schreckensstarr auf diesem Stuhl da vor Ernestine, die es sich auf dem Rand der Liege bequem gemacht hatte und ihrerseits diesen Ausdruck des blanken Entsetzens in der Miene ihres Gegenübers betrachtete.

Plötzlich erwachte Kommandant Takeling aus ihrer Starre. Sie blinzelte verwirrt und sprang auf.

Eine Sekunde lang blieb sie unschlüssig stehen. Dann eilte sie hinaus, als würde sie jemand verfolgen. Der Durchgang schloss sich hinter ihr.

Nichts weiter geschah.

Ernestine wartete misstrauisch ab. Sie traute dem Frieden ganz und gar nicht. Irgendwie erwartete sie, dass zumindest dieser anscheinend namenlose lebendige Detektor im Durchgang auftauchte. Es war doch wohl kaum möglich, dass dieser das kurze Intermezzo zwischen den Welten nicht mitbekommen hatte.

Aber auch das geschah nicht. Alles blieb verdächtig ruhig. Niemand kam, niemand zeigte sich. Es war nichts zu hören, außer vollkommener Stille.

Ernestine betrachtete ihre zittrigen Hände.

Ja, sie durfte dem Frieden nicht trauen. Das war für sie gerade so wie die berüchtigte Ruhe vor dem alles vernichtenden Sturm. Wenn jetzt die Tür aufging, die sich unsichtbar in die Wand einfügte, konnte das nur das Allerschlimmste für sie bedeuten. Da half ihr auch ihr Training als Agentin nichts mehr. Sie hatte einfach nur eine vollkommen berechtigt erscheinende Todesangst.

Und dann änderte sich schlagartig die Umgebung!

Die Liege unter ihr war plötzlich weg, so dass sie beinahe hin fiel. Sie konnte sich gerade im letzten Moment noch fangen.

Ihr Blick fiel dabei auf eine seltsame Gruppe, die vor ihr auf dem Boden hockte, im Kreis angeordnet. Sie hielten die Augen geschlossen und fassten sich gegenseitig an den Händen. Alle.

Sieben Menschen im Schneidersitz: Wie verrückt war das denn nun? Was ging hier vor? Irgendein neuer Trick der hiesigen PSI-Squad?

Es konnte eigentlich nicht anders sein.

Aber halt, das waren gar keine sieben Menschen. Einer zumindest fiel komplett aus der Rolle. Das war kein richtiger Mensch, sondern der sah aus wie die Kreuzung zwischen einem Menschen und einem Reptil.

Ernestine wusste, dass es auf SULEIMAN in der Wildnis tatsächlich so eine Art menschengroße Reptilien gab. War es denn die Möglichkeit, dass die PSI-Squad es geschafft hatte, eine solche Kreuzung künstlich zu erzeugen? Aber was war der Sinn eines solchen Experimentes?

Die sieben erwachten nacheinander, und alle sahen in ihre Richtung. Irgendwie wirkten sie erschöpft.

Jetzt erst schenkte Ernestine der übrigen Umgebung ihre Aufmerksamkeit. Da war eine blinkende Wand, vollgestopft mit einer ihr unbekannten Technik. Das sah ja aus wie in einer hochtechnisierten Kommandozentrale.

Dem entgegen sprach der Gestank, der ihr unangenehm in die Nase stieg. So schlimm, dass sie vorübergehend sogar um Atem ringen musste. Und dieser Gestank ging anscheinend von dem grün leuchtenden Schimmel aus, der die Wände dick überzog.

Das Leuchten des Schimmels war so stark, dass es als einzige Lichtquelle diente – neben den Instrumenten und Bildwiedergaben an der einen Wand.

Jetzt grinsten sie die sechs Menschen an. Frauen und Männer. Vielleicht grinste ja auch der siebte, dieser Reptilienmensch, aber das konnte sie bei ihm nicht so genau erkennen.

Er war der einzige, der zu ihr zu sprechen begann:

„Tut mir leid, Ernestine Freihaus, dass wir dich so brüsk entführen mussten. Aber es ging nicht anders. Wir waren so lange in der Séance vereint, dass wir handeln mussten, bevor wir den Kontakt zu dir verloren. Denn diese Vereinigung in der Séance können wir leider nur minutenlang durchhalten. Dann müssen wir uns erst einmal von den Strapazen erholen.“

Ein Reptilienmensch, der zu ihr sprach? Aber irgendwie hatte er dabei Laute von sich gegeben, die anders klangen als irgendeine Sprache auf SULEIMAN. Wieso hatte sie trotzdem jedes Wort verstanden?

„Wir sind Telepathen“, erläuterte der Reptilienmensch prompt, „und wenn wir zu dir sprechen, tun wir das gleichzeitig auch mit unseren Gedanken. Etwas, was Kommandant Takeling übrigens nicht beherrscht. Das müsste sie erst noch lernen, was bisher offensichtlich noch nicht geschehen ist. Weil das wohl noch niemand für nötig gehalten hat. Derzeit jedenfalls kann sie nur passiv Gedanken lesen. Deshalb gelang es ihr auch nicht, deine Blockade zu durchdringen.“

„Euch aber schon?“, rief Ernestine alarmiert.

Jetzt haben sie mich endgültig!, dachte sie – und konnte diesen Gedanken nicht mehr länger unterdrücken.

Kurz schätzte sie ihre Chancen ab.

Nein, das war eine Übermacht, und vor allem der eine Mann sah aus, als würde er nur aus Muskelbergen bestehen. Sicherlich nicht nur, um damit zu protzen, sondern auch, um sie zu benutzen. Der allein würde wohl schon genügen, ihr erfolgreich Paroli zu bieten.

Ernestine entspannte sich wieder. Sie war verloren. Soviel stand für sie fest. Aber sie würde jetzt nicht in Selbstmitleid versinken, sondern würde tapfer bleiben bis zum bitteren Ende. Das auf jeden Fall.

Der Reptilienmensch lachte darüber amüsiert. Tatsächlich. Das klang wie bei einem richtigen Menschen.

„Ich kann verstehen, dass du dir solche Sorgen machst, Ernestine“, beschwichtigte er anschließend, „aber wir sind nicht von der PSI-Squad. Wir stammen noch nicht einmal von deiner Welt. Also weder von der einen, noch von der anderen!“, fügte er noch betont hinzu.

Ernestine schüttelte den Kopf. Sie verstand kein Wort.

Nicht von ihrer Welt?

Was redete der denn da? Es gab nur diese beiden Welten. Sonst nichts.

„Klar, dass du das annehmen musst, Ernestine, weil es auf SULEIMAN keine Sterne zu sehen gibt, noch nicht einmal eine Sonne sichtbar ist. Zwar wird es Tag und auch Nacht, aber dass dies von der Sonne kommt, weiß anscheinend keiner mehr dort unten.“

„Dort unten?“

Ernestine sah auf die größte Bildwiedergabe und erkannte darauf eine Art riesigen Ball, der von einer Art Schleier umgeben war.

Der Fremde wies darauf.

„Das ist deine Welt aus einem großzügigen Orbit gesehen. Näher dürfen wir leider nicht heran. Wir nennen sie mal Welt 1. Und ja, es ist in der Tat leider unmöglich, sich ihr anzunähern. Genauso wenig ist es wohl möglich, von dort weg zu kommen. Es sei denn...“

Er zeigte in die Runde.

„Ach ja, verzeih mir, aber ich habe ja ganz vergessen, mich vorzustellen – mich und meine Crew. Also, ich bin Kommandant Xirr Prromman. Meine Hauptspezialität ist es, als Medium zu fungieren, wenn wir uns zu einer geistigen Gemeinschaft zusammenschließen. Und nur als solche waren wir überhaupt in der Lage, dich aufzuspüren und hierher zu bringen.“

„Dann - dann bin ich also nicht mehr in meiner Zelle – und dies hier ist nicht einfach nur ein Trugbild? Behauptest du zumindest?“

„Nein, kein Trugbild. Definitiv nicht. Oder kannst du dir ein solches vorstellen, das dermaßen stinkt?“

„Äh – nein!“, musste Ernestine zugeben.

„Keine Sorge, man gewöhnt sich daran, auch wenn es dir zunächst den Atem raubt. Wir riechen das schon lange nicht mehr, und Grüni ist unser bester Freund!“

„Grüni?“, wunderte sich Ernestine.

„Ja, so nennen wir ihn liebevoll, unseren Grünschimmel. Manchmal auch Grünli, also mit l, je nach Laune. Er spendet uns nicht nur kostenloses Licht, wie du wissen musst, sondern unterstützt uns bei jeder Séance. Dabei erwacht er zu jener Intelligenz, die jetzt wieder schlummert.“

Bevor Ernestine darauf etwas sagen konnte, wies er auf die wunderschöne Frau an seiner Seite.

„Das hier ist Derwinja Tuamor übrigens..“ Er wies auf einen ziemlich durchtrainiert wirkenden Mann, der zwar nicht ganz so muskulös war wie der andere, der Ernestine bereits aufgefallen war, doch allein schon sein Anblick verriet, dass man sich am besten nicht gegen ihn stellen sollte.

„Das ist ihr ehemaliger Gatte Kanot Borglin. Zwar ist diese Ehe schon seit rund hundert Jahre vorbei, aber sie hasslieben sich immer noch.“

Diese Beschreibung schien beiden nicht zu gefallen, denn sie zeigten säuerliche Mienen dabei.

Der Schuppenfinger des Echsenmenschen, der sich als Xirr Prromman vorgestellt hatte, deutete auf die nächste Person.

„Das ist dann noch Phillis von den Sternen, ein Name, den sie sich irgendwann selber gegeben hat. Ihr ist zu verdanken, dass sich Kommandant Takeling wieder an ihr früheres Ich erinnert. Nicht du hast das also ausgelöst bei ihr, Ernestine, sondern Phillis, unser absolutes Technikgenie. Denn diese Takeling hat eine Art Chip im Kopf, der sie zu jener knallharten PSI-Squad-Frau hat werden lassen, der jegliche Menschlichkeit fremd ist. Sie tat zwar freundlich dir gegenüber, aber doch nur, um dich einzulullen, was ihr allerdings nicht gelungen ist.“

Er zeigte auf die nächste Person:

„Solan Pronn. Du wirst kaum jemals erleben, dass der auch nur ein Wort von sich gibt. Aus gutem Grund: Er hat lernen müssen, nicht zu reden, weil jedes Wort von ihm eine suggestive Wirkung auf seine Zuhörer hat. Er ist ein äußerst fähiger Suggestor, immerhin so fähig, dass er sogar Mutanten beeinflussen kann. Zum Beispiel diesen lebenden PSI-Detektor, der inzwischen vergessen hat, dass du ein Mutant bist.“

„Aber ich bin doch gar kein...“

Xirr winkte ab.

„Geschenkt! Was glaubst du denn, wieso du dich mit deinem anderen Ich in Verbindung setzen kannst? Na? Du beherrschst latent die Fähigkeit der Phasenverschiebung. Eine äußerst ungewöhnliche Fähigkeit, die bei uns nur einer beherrscht hier, nämlich Baldyr Sholan, unser Teleporter. Sonst wäre es uns nicht gelungen, dich hierher zu bringen, außerhalb der Phasenverschiebung dort unten.“

„Phasenverschiebung? Was ist das?“

Xirr überlegte kurz, ehe er antwortete:

„Ich weiß, es ist nicht zu verstehen für jemanden, der auf SULEIMAN lebt, wo man vergessen hat, dass es unzählige andere Welten gibt, dass diese Welt um eine Sonne kreist und...“

„Aber das ist doch nur Unsinn!“, widersprach Ernestine sogleich. „Ammenmärchen, die nicht einmal Verschwörungstheoretiker teilen mögen.“

„Ach, es gibt bei euch ebenfalls so etwas wie Verschwörungstheoretiker? Die gibt es wohl überall, in jeder Kultur. Was behaupten die bei euch denn so?“

„Ist ja auch egal, aber jedes Kind weiß, dass es nur SULEIMAN gibt und sonst nichts. Was redest du da von anderen Welten?“

Xirr deutete auf einen Nebenbildschirm.

„Siehst du die Sterne hier?“

„Ja, erinnert mich an ein Märchenbuch. Ich glaube, es hieß ‚Das Lied der Sterne‘, geschrieben für kleine Kinder. Aber das ist halt nur ein Märchen.“

„Wie kann ich dich bloß davon überzeugen, dass du dich in diesem Augenblick außerhalb deiner Welt befindest?“ Xirr deutete wieder auf den Hauptschirm. „Das da ist deine Welt. Wir können allerdings nur Welt 1 sehen. Die Parallelwelt befindet sich an gleicher Stelle, doch das Ganze ist sozusagen verwischt.“

Er sah Ernestine an und las in ihren Gedanken, dass es unmöglich war, sie zu überzeugen. Sie hielt die Bildwiedergabe für einen Trick der PSI-Squad, wie alles hier. Nach wie vor.

„Also gut“, seufzte Xirr und deutete auf den überaus muskulösen Forsan Kumir, um ihn als letzten vorzustellen. Nachdem dies geschehen war, fuhr er fort:

„Du glaubst es mir zwar nicht, aber ich will dir nur noch sagen, dass ich von einer Welt stamme, auf der es normal ist, so auszusehen wie ich. Auch Grüni stammt von dort. Ich habe ihn sozusagen aus meiner Heimat mitgebracht. Und wenn es dir noch so schwer fällt, dies zu glauben: Wie schwer fällt es deiner Meinung nach irgendeinem Menschen dort unten auf deiner Welt, dir zu glauben, dass es seine Welt gleich zweimal gibt?“

Überrascht sah Ernestine ihn an.

Er nutzte ihre Überraschung:

„Wie abwegig ist es denn dann noch, zu glauben, dass es halt nicht nur die Doppelwelt SULEIMAN gibt, sondern unzählige weitere Welten? Und wir hier stammen allesamt von solchen Welten. Keiner von uns hat dabei den selben Ursprung. Wir haben allerdings eines gemeinsam: Wir sind Mutanten, für deine Begriffe schon so lange, dass es wohl niemanden gibt auf deiner Welt, der es auch nur mit einem von uns aufnehmen könnte.“

Letzteres war etwas, was Ernestine durchaus glauben mochte. Aber alles andere...?

„Und was wollt ihr alle von mir? Wenn ihr mich tatsächlich aus meiner Zelle entführt habt und nicht zur PSI-Squad gehört, werde ich jetzt nicht mehr in meine Zelle zurückkehren können. Man hat mein Fehlen längst bemerkt.“

„Hat man natürlich nicht“, wandte Phillis von den Sternen ein. Es klang irgendwie anzüglich. „Es war eine Kleinigkeit, die Systeme der PSI-Squad zu manipulieren. Für die sitzt du immer noch in deiner Zelle, während Kommandant Takeling momentan sowieso ziemlich viel mit sich selber zu tun hat. Ich habe ihr ein wenig Hölle im eigenen Kopf beschert.

Aber sie wird sich früher oder später wieder fangen, denn sie muss erkennen, dass sie weiterhin die treu ergebene PSI-Squad-Frau spielen muss, allein schon aus Selbsterhaltungstrieb. Sie wird für sich einen Konsens finden zwischen der Zwangsprogrammierung und ihrem freien Willen. Dabei wird sie gar nicht merken, dass ich sie zumindest dahingehend manipuliert habe, dass ihr beide ab sofort die besten Freundinnen sein werdet.“

„Wirklich?“, erkundigte sich Ernestine ungläubig.

„Wirklich!“, bestätigte Phillis gönnerhaft. „Dir mag das alles jetzt ziemlich bekloppt vorkommen, aber es wird eine Wende sein. In allem. Takeling wird dich frei lassen. Du wirst auf Welt 1, um einmal bei dieser Bezeichnung zu bleiben, ein neues Leben beginnen. Meinetwegen als Ernestine Freihaus, aber künftig unter dem besonderen Schutz der PSI-Squad.

Und natürlich kannst du der lieben Takeling alles anvertrauen, auch dass du zwischen den Welten wechseln kannst. Musst du sogar, weil sie künftig deine wichtigste Verbündete sein wird in Welt 1.“

„Aber ich kann das doch gar nicht, das Wechseln zwischen den Welten, wie du es nennst. Nur geistig gewissermaßen!“, widersprach Ernestine lahm.

Jetzt schaltete sich der Teleporter Baldyr Sholan ein:

„Ja, ich weiß, du hast es immer noch nicht begriffen, was deine besondere Fähigkeit bedeutet: Du bist ein Teleporter und als solcher zudem zur Phasenverschiebung fähig! Und anscheinend bist du derzeit der einzige Mensch auf SULEIMAN mit dieser Fähigkeit. Wir haben jedenfalls auf unserer intensiven Suche niemand anderen deiner Art gefunden. Deshalb kannst du sehr wohl die Phasenübergänge überwinden und weitgehend beliebig hin und her springen. Du hast es nur noch niemals versucht. Weil du immer nur der Meinung gewesen warst, möglichst vorsichtig sein zu müssen, um nur ja nicht entlarvt zu werden. Außer natürlich deinen PSI-Squad-Leuten gegenüber drüben in Welt 2. Ich empfehle dir, das endlich zu deinen Gunsten zu ändern.“

„Zu ändern? Aber wie?“

Xirr schaltete sich wieder ein:

„Es ist einfach nur wichtig, dass du begreifen lernst, was mit SULEIMAN passiert ist. Wir sind schon eine ganze Weile hier und wissen einiges über deine Welt. Allerdings mussten wir erst dich finden, um zu erkennen, dass es SULEIMAN doppelt gibt. Deshalb diese Art von Flashback, was wir nur getan haben, um uns zu vergewissern. Bis zu diesem Zeitpunkt wussten wir es ja nur aus deinen Erinnerungen. Dass dein Geist eben in beiden Welten gleichzeitig existiert und hin und her wechseln kann.“

„Du willst mir erklären, wie das möglich ist, also dass SULEIMAN zweimal existiert?“

„Ich versuche es zumindest. Also: Irgendwann, vor neuntausend Jahren...“

„Wie bitte?“, fuhr Ernestine dazwischen.

Xirr tauschte einen Blick aus mit seinen Crewmitgliedern. Dann fuhr er fort:

„Irgendwann halt gab es eine Phasenverschiebung, die deine ganze Welt erfasste. Sie verschwand dadurch teilweise aus unserem Universum. Deshalb sehen wir sie jetzt nur noch als Kugel, die von einem milchigen Schleier umgeben wird.

Das wurde uns schon ziemlich bald klar. Von da aus hätten wir mit dem Schiff mittels angepasster Phasenverschiebung auf dieser Welt landen können, doch das erschien uns zu riskant. Daher haben wir uns auf Besuche innerhalb von Séancen als geistige Gemeinschaft beschränkt. Auf diese Weise konnten wir dennoch deine ganze Welt durchforsten.

Es ist äußerst ungewöhnlich, wie viele Mutanten es auf SULEIMAN gibt. Das ist auf den meisten Welten, die wir kennen, nämlich völlig anders. Es gibt viele Welten sogar ohne einen einzigen Mutanten. Wir alle hier waren anfangs ziemlich einsam auf unserer jeweiligen Welt und mussten unsere Fähigkeiten möglichst vor anderen verbergen, damit man nicht Jagd auf uns machte.

Dass dies hier dermaßen anders ist, lässt den Schluss zu, dass dieses Sonnensystem hier besondere Eigenschaften besitzt, was die Ausbildung von PSI-Kräften begünstigt.

Bis wir dich allerdings finden konnten, hat ziemlich viel Zeit gekostet, wie ich zugeben muss. Du bist uns dann auch nur deshalb aufgefallen, weil sich deine Signatur von allen anderen Signaturen aller Mutanten unterscheidet.“

„Das hat ja auch dieser lebende Detektor festgestellt“, versuchte Ernestine, ebenfalls einen kleinen Gesprächsbeitrag zu leisten.

Xirr nickte ihr zu. Eine absolut menschliche Geste, die jedoch seltsam anmutete bei einem Echsenmenschen, wie Ernestine fand.

„Wir haben dich beobachtet. Auch deine Festnahme. Wir waren unsichtbar mit dabei gewesen, als dich Kommandant Takeling verhörte. Und dann bist du in diesen Tiefschlaf gefallen, und wir konnten dir nicht mehr folgen. Es gab also für uns keinen Zutritt zu Welt 2, was uns immer noch wundert. Denn wenn wir Zutritt dorthin haben wollen, müssen wir dich dafür benutzen.

Das haben wir getestet – und es gelang für eine Sekunde, bis du es unbewusst abgebrochen hast.“

„Dann wart tatsächlich ihr das?“ rief Ernestine aus.

„Ja, wie schon erwähnt, falls du dich erinnerst...“, bestätigte Xirr.

„Aber das war gefährlich!“

„War es natürlich nicht“, widersprach er. „Erinnerst du dich daran, dass Phillis deine zukünftig beste Freundin Takeling von ihrer Konditionierung befreit hat? Das war genau der richtige Auslöser, als Takeling in deinem Kopf dieses Bild sah aus der Parallelwelt.“

„Und mein zweites Ich drüben? Was ist jetzt mit ihr?“

Derwinja Tuamor lachte:

„Na, das wäre doch jetzt die Lösung, nicht wahr, Xirr? Soll doch Ernestine versuchen, von hier aus sich mit ihrem zweiten Ich zu vereinen. Mal sehen, ob es klappt.“

Ernestine hörte es und zögerte nur noch kurz. Dann wollte sie sich tatsächlich mit ihrem zweiten Ich verbinden. Die hier wussten sowieso schon alles. Sie ging also nicht wirklich ein Risiko ein dabei.

Es gelang nicht!

Es gab kein zweites Ich mehr!

Ihr Echo verhallte ungehört, und sie fühlte sich dermaßen einsam und verlassen wie noch niemals in ihrem ganzen Leben.

Entgeistert starrte sie auf den milchigen Ball auf dem Hauptschirm.

Konnte das denn wirklich bedeuten, dass sie sich tatsächlich außerhalb ihrer Welt befand? So unmöglich dies auch klingen mochte?

Kreuzweg vieler Welten : Science Fiction Sammelband: 1000 Seiten Roman Paket

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