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Die Schergen der PSI-Squad kamen um 4:30 Uhr regionaler Zeitrechnung. Ihr Eindringen in den siebten Stock von Block zwölf des Ortsteils Seehafen, einem reinen Wohngebiet mit hohem Einwohneraufkommen, geschah lautlos, beinahe gespenstisch. Als könnten sie durch Wände gehen.

In Wahrheit benutzten sie ein System von ziemlich destruktiven technischen Finessen, die nicht für die Allgemeinheit zugelassen waren. Weil ausschließlich die PSI-Squad oder ähnlich mächtige Regierungsbehörden darüber verfügen durften. Seit der Ausnahmezustand galt, und das nun schon seit wahrscheinlich einigen hundert Jahren. Vielleicht sogar noch länger?

So genau wusste das wohl niemand mehr, denn der Ausnahmezustand war eigentlich längst der Normalzustand. Wer sich daran nicht gewöhnen konnte, hatte Pech. Er kam dadurch entweder zu Tode oder zumindest musste er mit entsprechenden Repressalien vonseiten der Obrigkeit rechnen.

Ernestine Freihaus hingegen war sich keinerlei Schuld bewusst. Nicht dass sie tatsächlich die tadellose und überaus brave Bürgerin gewesen wäre, die sie aller Welt vorspielte, aber bisher hatte niemand auch nur annähernd ihr Spiel durchschaut.

Dachte sie zumindest! Immerhin bis die PSI-Squad an ihrem Bett stand und sie jäh erwachte.

Es ist nicht angenehm, in gleich ein halbes Dutzend Abstrahlmündungen zu sehen, in denen bereits der Tod durch Desintegration lauert, deutlich erkennbar am hellen Flirren in diesen Mündungen!

Das war ihr erster Gedanke. Dass es sich um die allseits ganz besonders gefürchtete PSI-Squad handelte, war die nächste Feststellung. Sie waren in Ganzkörperrüstungen, verstärkt mit hochfunktionellen Exoskeletten, gehüllt, panzersicher, versteht sich. Selbst Schüsse aus Desintegratoren, wie sie ausschließlich von ihnen benutzt wurden und die alles Leben innerhalb von winzigen Sekundenbruchteilen zu Asche werden ließen, konnten ihnen in diesen Rüstungen nichts anhaben.

Ernestine Freihaus wusste das, weil das jeder wusste. Natürlich wusste sie demgemäß auch, dass halt nur ein einziger Schuss aus einer dieser Waffen genügt hätte, um sie als Mensch beinahe in ihre Grundbestandteile aufzulösen. Sie blieb dennoch ruhig, sah die Übermacht an und fragte wie beiläufig:

„Womit kann ich Ihnen dienen, meine Herren?“

Eine weibliche Stimme antwortete:

„Kommandant Takeling ist mein Name. Unsere Mission ist, Sie, Ernestine Freihaus, unverzüglich in unser Hauptquartier zu bringen. Widerstand zwecklos.“

„Oh, Verzeihung, ich seh ja nicht, wer sich hinter den Masken verbirgt. Also eine Frau? Es ist nicht allgemein bekannt, dass die PSI-Squad nicht nur aus Männern besteht.“

„Mitkommen!“, lautete die Antwort.

Der weibliche Kommandant trat zur Seite, um Platz zu machen für Ernestine Freihaus, die sehr vorsichtig aus ihrem Bett stieg. Nur keine zu schnellen Bewegungen. Wer wusste, wie locker die Finger am Abzug saßen. Eine einzige Unbedachtheit ihrerseits – und das wäre es dann gewesen.

In vielerlei Hinsicht jedenfalls. Ernestine hatte zwar keine Angst vor dem drohenden Tod, dafür ängstigten sie ganz andere Dinge, von denen jedoch niemand etwas ahnte.

Niemand? Aber wieso war die PSI-Squad dann überhaupt hier?

Und dass die PSI-Squad ausgerechnet zu ihr gekommen war – eigentlich der größtmögliche Albtraum überall auf SULEIMAN -, schien darauf hinzudeuten, dass zumindest ein winziger Teil ihrer Geheimnisse irgendwie zu dieser durchgesickert war.

Ja, irgendwie!

Dabei hatte sie nun wirklich alles getan, sich aus allem möglichst herauszuhalten und möglichst niemals auch nur im Geringsten aufzufallen.

Was also war geschehen?

Eine weitere Aufforderung zum Mitgehen war nicht nötig. Sie fragte auch nicht, ob sie sich erst noch anziehen durfte. Sie blieb im leichten Nachtgewand, das nur wenig ihrer aufregend weiblichen Reize verbarg, und ließ sich hoch erhobenen Hauptes zu der Wand geleiten, in der die ungebetenen Gäste ein großes Loch geschossen hatten.

Das war das eigentlich Tückische dieser Desintegratoren: Sie lösten nicht nur Leben, sondern jede normale Materie weitgehend auf, ohne dass es dabei Geräusche gab, die über das leise Herabrieseln des Endmaterials hinaus gingen. Deshalb war es ihnen gelungen, bis zu Ernestines Bett vorzudringen, ohne dass sie das vorher geweckt hätte. Dabei durfte sie von sich behaupten, dass sie einen ganz besonders leichten Schlaf hatte.

Der Schwebegleiter vor der Öffnung nahm die Gruppe auf. Die Squad-Leute verteilten sich ringsum an den Wänden des Gleiterfrachtraums, während Ernestine in ihrer Mitte Platz nehmen musste.

Dann gab der Kommandant ein Zeichen, und der von hier aus unsichtbare Pilot – falls es sich nicht doch um eine automatische Steuerung handelte - lenkte den Gleiter von der Hauswand weg.

Bevor sich der Zugang des Gleiters schloss, sah Ernestine das mannsgroße Loch in der Wand von außen. Das würde einiges an Reparatur kosten, und sie selber würde niemals wieder hierher zurückkehren dürfen. Denn wer einmal von der PSI-Squad aufgebracht worden war, durfte das sowieso für alle Zeiten vergessen. Jeder eventuelle Rückkehrer wurde zwangsläufig abgewiesen.

Das war durchaus verständlich, denn niemand wollte sich ohne große Not irgendwelchem Risiko aussetzen. Nicht nur, dass eben die Reparaturkosten eines solchen Schadens allein beim Hausbesitzer hängenblieben.

Man musste sogar bei völliger Entlastung von den schwersten Vorwürfen, die letztendlich zur Festnahme geführt hatten, mit neuem Namen praktisch ganz von vorn anfangen.

Ernestine Freihaus hoffte dabei, dass es überhaupt so etwas wie eine Entlastung für sie geben würde. Zumal sie nach wie vor überhaupt keine Ahnung hatte, wie die Vorwürfe eigentlich lauteten gegen sie.

Kreuzweg vieler Welten : Science Fiction Sammelband: 1000 Seiten Roman Paket

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