Читать книгу Dreizehn Mörder: Krimi Paket 13 Romane - Alfred Bekker - Страница 13
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ОглавлениеWir fuhren mit dem Dienst-Porsche nach Quardenburg, ungefähr eine Dreiviertelstunde von Berlin entfernt. Rudi hatte das Laptop auf den Knien. Wir wollten die Fahrzeit nutzen, um uns etwas in den Fall einzuarbeiten, insbesondere was die Hintergründe betraf.
„Wusstest du, wie Niko Darkovics Spitzname damals lautete?”, fragte mich Rudi.
„Keine Ahnung.”
Wir hatten mit Darkovic nur indirekt zu tun gehabt.
„Man nannte ihn den harten Knochen.”
„Klingt zum Fürchten.”
„Das sollte es wohl auch, Harry. Und Darkovic hat seinem Namen alle Ehre gemacht. Er war in seinen jüngeren Jahren in eine Reihe von Schießereien verwickelt, bekam aber nie etwas ab. Nicht einmal eine Kugel. Er soll einen Clubbesitzer, der ihm Geld schuldete eigenhändig krankenhausreif geschlagen haben. Beim Prozess konnte sich das Opfer dann plötzlich nicht mehr erinnern, was nicht etwa mit irgendwelchen Schlägen auf den Kopf zu tun hatte, sondern damit, dass Darkovic eine ansehnliche Summe überwiesen hat.”
„Woher weiß man das?”
„Durch einen Informanten.”
„Ist der noch aktiv?”
„Wohnt in Berlin und steht immer noch auf unserer Informantenliste. Ich werde mal mit den Kollegen vom BKA-Büro Berlin telefonieren, ob die ein Treffen arrangieren können.”
„Das Wissen eines Insiders könnte wir in dieser Sache sicher gut gebrauchen.”
„Ein paar Jahre später hat er eine Prostituierte fast totgeschlagen. Da kam es auch zu keinem Prozess.”
„Wieder dasselbe Muster?”
„Ja. Der Prozess ist letztlich geplatzt. Aber die DNA-Proben vom Tatort haben es ermöglicht, dass man ihn als eine der plastinierten Leichen identifizieren konnte.”
„Wir müssen als erstes mit diesem Reinhold Thalmann sprechen.”
„Ich habe heute Morgen schon hinter ihm her telefoniert. Aber er scheint sich zu zieren.”
„Dann laden wir ihn notfalls vor!”
„Auf jeden Fall wird er uns einiges zu erklären haben”, meinte Rudi. „Zum Beispiel wie es sein kann, dass der Körper eines Mafiosi in seiner Ausstellung von plastinierten Toten gelandet ist.”
„Das hat schon was…”, meinte ich.
„Was meinst du damit?”
„Ich stelle mir jetzt einfach mal vor, jemand hatte mit Niko Darkovic eine offene Rechnung. Jemand, der vielleicht wirklich einen guten Grund hatte, auf Rache aus zu sein.”
„Davon dürfte es viele geben, Harry!”
„Ja, klar! Aber darauf wollte ich jetzt nicht hinaus.”
„Sondern?”
„Na, ist das nicht die maximale Demütigung? Dieser Rächer besucht die Ausstellung, sieht sich die plastinierte Leiche an, von der nur er weiß, dass es sich nicht um irgendeinen Herrn Schmidt handelt, sondern um den großen und gefürchteten Niko Darkovic! Ich kann mir das zufriedene Grinsen des Täters gut vorstellen…”
„Du meinst, der Täter war jemand, der von Darkovic stark gedemütigt wurde.”
„Wenn du das so sagst!”
„Aber auch davon gibt es viele.”
„Wir spekulieren schon über die Psyche des Täters und wissen noch nicht einmal mit letzter Sicherheit, ob es ein Verbrechen gab”, meinte Rudi.
Danach schwiegen wir eine Weile. Theoretisch war es ja schließlich möglich, dass doch noch irgendeine Einwilligungserklärung zur Körperspende auftauchte, die Niko Darkovic vielleicht irgendwann mal abgegeben hatte. Aber selbst dann blieb die Frage, wieso er offenbar über Jahre hinweg die Legende am Leben gehalten worden war, dass er noch lebte und irgendwo im Ausland seine ergaunerten Millionen genoss.
Dass hier ein Verbrechen vorlag, war angesichts der Umstände mehr als wahrscheinlich.
„Gibt es jemand, der besonders davon profitiert hat, dass Niko Darkovic von der Bildfläche verschwand?”, fragte ich schließlich.
Ich legte dabei die Betonung auf das Wort besonders, denn es gab es gab sicher einige, die sich darüber gefreut hatten, dass der harte Knochen nicht mehr auf seinem Posten war.
„In erster Linie würde ich sagen: Niko Darkovic selbst”, meinte Rudi. „So wie ich das hier den Daten entnehme, stand er kurz vor einer Verhaftung.”
„Warum sollte er sich davor besonders fürchten, bisher hatte er doch auch vor Gericht ganz gute Karten, weil er die Hauptbelastungszeugen entweder gekauft oder bedroht hatte.”
„Diesmal wäre es für ihn ganz sicher nicht so glimpflich abgelaufen. Es ging um Geldwäsche in großem Stil. Und die Ermittlungen waren sehr weit fortgeschritten. Gut möglich, dass Niko Darkovic die letzten Jahre im Gefängnis verbracht hätte, wenn alles normal gelaufen wäre.”
„Aber er verschwand…”
„Und angeblich wusste niemand, wohin.”
„Und sonst? Wer profitierte noch?”
„Sein Neffe Boris Darkovic. Er führt heute die Geschäfte der Organisation, die Niko gegründet hat. Zumindest ist das die begründete Arbeitshypothese unserer Kollegen.”
„Wie so oft: Man weiß mehr, als vor Gericht zu beweisen wäre!”