Читать книгу Dreizehn Mörder: Krimi Paket 13 Romane - Alfred Bekker - Страница 17
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ОглавлениеDie Kollegen durchsuchten sehr gründlich die Büroräume. Ich selbst sah mir das sogenannte Atelier an. Der Anblick erinnerte mich an Dr. Wildenbachers Sektionsraum in Quardenburg. Thalmann beschäftigte offenbar ein halbes Dutzend hochqualifizierter Mitarbeiter, die ihm bei der Plastinierung halfen. Ich sah Körper, die sich offenbar in verschiedenen Stadien der Aufbereitung befanden.
Mandy Zachermann wich nicht von meiner Seite, nachdem sie mit dem Firmenanwalt gesprochen hatte.
Rudi unterhielt befragte einige von Thalmanns Mitarbeitern.
„Anscheinend bereitet Herr Thalmann eine neue Ausstellung vor”, stellte ich fest.
„Wir können uns über einen Mangel an Körperspenden nicht beklagen”, sagte Mandy Zachermann. „Hören Sie, der Mann, von dem Sie behaupten, er sei ein Mordopfer, heißt unseren Unterlagen nach Jannick Schmidt und hat wie alle anderen Körperspender auch zu Lebzeiten eine Einverständniserklärung unterschrieben.”
„Sein wahrer Name war Niko Darkovic und wir gehen davon aus, dass er eines gewaltsamen Todes starb. Er wurde erschossen - und wer immer die Plastinierung durchführte, muss das bemerkt haben. Wir gehen weiter davon aus, dass die Plastinierung in erster Linie deshalb durchgeführt wurde, um dieses Verbrechen zu verbergen und eine Leiche verschwinden zu lassen - und zwar an einen Ort, an dem wahrscheinlich alle am wenigsten damit gerechnet hätte: Nämlich in aller Öffentlichkeit!”
„Das ist absurd. Wir arbeiten sauber. Und wenn Sie mir die Gelegenheit geben würden, die Erklärung von Herrn Schmidt herauszusuchen…”
„...Herr Darkovic”, korrigierte ich. „Dieses Schriftstück werden wir schon finden - und es wird unter anderem Gegenstand kriminaltechnischer Untersuchungen sein, deswegen möchte ich nicht, dass Sie es nochmal anfassen.”
Kommissar Kellerman kam jetzt auf mich zu.
„Reinhold Thalmann befindet definitiv nicht hier in diesen Räumlichkeiten. Gerade habe ich einen Anruf vom Kollegen bekommen. In seiner Privatwohnung ist er auch nicht.”
Zeitgleich mit unserer Aktion hatte ein weiteres Team von Kollegen Privatwohnung von Reinhold Thalmann gestürmt. Offenbar ebenfalls ohne Ergebnis.
„Könnte es sein, dass Herr Thalmann ahnte, was auf ihn zukommt und er deswegen untergetaucht ist?”, fragte Rudi.
„Die Handy-Ortung ist bislang ebenfalls negativ”, erklärte Kommissar Kellerman. „Sein Wagen steht nicht in der angemieteten Garage.”
„Dann ist er damit offenbar unterwegs”, schloss ich.
Kommissar Kellerman nickte. „Sobald das GPS-Signal erfasst wird, wenn er seine Kreditkarte zum Tanken benutzt, wissen wir wo er ist.”
Rudi kam nun zu uns. Er hatte den letzten Teil des Gesprächs zwischen Kommissar Kellerman und mir mitbekommen.
„Einer der Mitarbeiter sagte mir, dass er sich sehr wundern würde, dass Thalmann heute nicht ins Atelier gekommen sei.”
„Weshalb?”, fragte ich.
”Weil da bei der zu behandelnden Leichen gewisse Arbeiten durchgeführt werden müssten, die Thalmann sich immer selbst vorbehalten hat. Das Problem sei, dass dafür nur ein sehr enges Zeitfenster zur Verfügung stand, weil gewisse Chemikalien nur in diesem Zeitfenster verwendbar sind und danach erst von neuem hergestellt werden müssten.”
„Vermutlich nach Herrn Thalmanns Geheimrezept”, meinte ich.
„Das ist kein Witz, Harry. Reinhold Thalmann hält tatsächlich Patente auf etliche spezielle Chemikalien, die bei der Plastinierung Verwendung finden.”
„Also mit anderen Worten: Thalmanns Abwesenheit ist ungeplant und verursacht möglicherweise sogar vermeidbare Kosten.” Ich sah zu Mandy Zachermann hinüber, die sich ausnahmsweise ein paar Meter von mir entfernt hatte. Sie hatte ihr Handy am Ohr und wirkte ziemlich gereizt. „Ja, ja, ja”, sagte sie dreimal hintereinander und zwar auf eine Art und Weise, die nicht wie eine mündliche Bestätigung irgendeines Sachverhaltes klang, sondern wie ein Ausdruck höchster nervlicher Anspannung. „Es tut mir leid, es geht jetzt nicht. Sie werden das akzeptieren müssen. Nein, ich kann Ihnen jetzt nicht mehr sagen. Es tut mir wirklich sehr leid.” Sie beendete das Gespräch. Ihr Gesicht wirkte ziemlich ratlos.
„Es scheint, als wäre Reinhold Thalmann ein ziemlich begehrter Mann”, sagte ich. „Oder bezog sich die Anfrage, die Sie gerade beantwortet haben etwa nicht auf ihn?”
Es war ein Schuss ins Blaue. Aber ich hatte richtig gelegen. Ihr verblüffter Gesichtsausdruck verriet es mir.
„Es fällt mir schwer, in Ihrer Gegenwart höflich zu bleiben, Herr Kubinke”, sagte sie.
„Es stimmt also, dass wir nicht die Einzigen sind, die sich fragen, wo Reinhold Thalmann steckt.”
„Meine Mandantin wird weder zu diesem noch zu anderen Fragen Stellung nehmen, ohne sich mit mir vorher besprochen zu haben”, dröhnte jetzt eine autoritätsgewohnte Stimme dazwischen. Sie gehörte einem eher schmächtigen Mann mit dunklem Bart und hoher Stirn im grauen Dreiteiler. In der Linken trug er einen schmalen Diplomatenkoffer.
„Wie kommen Sie hier rein?”, fragte ich.
„Durch juristisch-argumentative Überzeugungskraft und ein paar drohende Hinweise auf mögliche rechtliche Folgen, falls man mir den Zugang verwehrt. Das wirkt immer. Wer sind Sie?”
„Kriminalinspektor Kubinke, BKA. Und mit wem habe ich das Vergnügen?”
„Albrecht Christenschön von Rechtsanwälte Christenschön & Partner.”
„Vertreten Sie die Firma oder nur Mandy Zachermann?”
„Ich wüsste nicht, welchen Unterschied es da geben sollte.”
„Die Firma gehört Reinhold Thalmann. Wenn Sie ihn vertreten, könnten sich da Interessengegensätze ergeben.”
„Das lassen Sie getrost meine Sorge sein. Sie gestatten, dass ich mich mit Frau Zachermann kurz unter vier Augen kurzschließe.”
„Tun Sie das.”
Die beiden zogen sich zurück. Mandy Zachermann wirkte ziemlich aufgebracht. Ich konnte nur mutmaßen, was der Hintergrund war.
„Irgendetwas stimmt hier nicht”, hörte ich Rudi sagen.
„Wem sagst du das!”
„Du denkst dasselbe, oder?”
„Ich glaube, dass Frau Zachermann ein paar wesentliche Informationen zurückhält.”
„Und was könnte das sein?”
Ich zuckte mit den Schultern. „Ich frage mich die ganze Zeit schon, welches Motiv ein Mann wie Thalmann haben könnte, die Leiche eines Gangsterbosses verschwinden zu lassen.”
„Die einzige Verbindung zwischen beiden, von der wir bisher wissen, sind diese ominösen erzkatholischen Ritter vom Weißen Kreuz”, sagte Rudi. „Aber nur weil dieser fromme Verein von streng konservativen Honoratioren Thalmann immer wieder etwas Ärger gemacht hat, sehe ich keinen Grund dafür, dass Thalmann Niko Darkovic hätte umbringen sollen.”
„Zumindest nicht aus diesem Grund.”
„Du denkst, es gab einen anderen Grund?”
Ich zuckte mit den Schultern. „Bisher wissen wir noch nicht einmal, ob die beiden sich überhaupt je begegnet sind - zu Lebzeiten, meine ich.”
„Aber eine Verbindung muss es geben.”