Читать книгу Großband #9 - Chronik der Sternenkrieger: Wo die Erhabenen wohnen: Acht Sternenkrieger Romane - Alfred Bekker - Страница 14
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Die Canyaj folgen uns durch das andere Kontinuum!, stellte Shafor fest. Sie werden uns jagen.
Seine Gedanken hatte eine einschüchternde Präsenz.
Es kostete Überwindung, ihnen zu widersprechen.
Große Überwindung.
Aber Fairoglan war zu dem Schluss gelangt, dass er das auf sich nehmen musste.
Er musste sich gegen seinen Klonzweitling behaupten. Und je eher und entschiedener er damit anfing, desto besser.
“Das war doch von Anfang an klar”, sagte Fairoglan. Er ging durch ein paar Projektionen hindurch, die die Flugroute des Raumschiffs veranschaulichten und setzte sich dann in einen Schalensessel, der sich seinem Körper vollkommen anpasste. Der Sessel bestand aus materialisierter Energie und war über das Mental-Interface beliebig formbar.
Wir hätten die Besatzung des Menschen-Schiffs nicht retten sollen. Jetzt sind sie ohnehin dem Verderben preisgegeben, erreichte Fairoglan ein unangenehm intensiver Gedanke seines Klonzweitlings.
“Du hast Kurs auf unsere nächste Kolonie gesetzt, Shafor”, stellte Fairoglan fest.
Überrascht?
“Ja, denn dadurch wird die Kolonie in Gefahr gebracht.”
Man wird sich dort gegen die Canyaj zu verteidigen wissen. Wie schon so oft ... Ah, dieser alte, hinterhältige Feind der Yroa ... Der Gegensatz zwischen uns und ihnen ist nicht aufzulösen. Nichtmal die Erhabenen konnten sie besiegen ...
Die Erhabenen ...
Das uralte, legendäre Volk, das man anderswo die Alten Götter nannte. Ein Name, auf den auch Fairoglan und Shafor schon gestoßen waren. Ein Name, den zumindest Fairoglan auch immer als passend empfunden hatte, denn die Erhabenen waren selbst im Verhältnis zu den Yroa Göttern gleich gewesen.
“Ein Canyaj-Schiff dringt in das interdimensionale Verzerrungsfeld unseres Raumers ein”, stellte Fairoglan dann überrascht fest. Ein Alarm war ausgelöst worden. “Das Feld wird zerstört werden!”
Die Gefahr besteht, bestätigte Shafor.
“Die Kräfte des anderen Kontinuums werden uns zerreißen, Shafor!”
Nicht, wenn ich es nicht zulasse, antwortete ihm Shafors Gedanke mit der Aura absoluter Selbstgewissheit und Autorität.
Er ignorierte das Risiko.
Fairoglan erkannte, was sein Klonzweitling vorhatte. Er wollte die Geschütze einsetzen. Aber deren Wirkung war im anderen Kontinuum ganz anders als im Normaluniversum. Vor allem, wenn damit Objekte getroffen wurden, die sich innerhalb der das Schiff umgebenden Raumverzerrungsblase befanden, die das Yroa-Schiff umgab. Diese Blase hatte die Form eines Tropfens, dessen spitzes, lang gezogenes Ende entgegen der Fahrtrichtung ausgerichtet war. Sie schützte das Schiff vor den ansonsten absolut tödlichen Einflüssen des anderen Kontinuums. Die dortigen Naturgesetze unterschieden sich zwar nur in Nuancen von jenen im Normalraum. Aber diese Unterschiede reichten vollkommen aus, um jedes Objekt, das aus dem Normalraum in das andere Kontinuum vordrang, sofort zu zerstören.
Nicht nur auf atomarer Ebene, sondern auf subatomarer.
Eine Zerstörung jeder Information auf Quantenebene, die jede Materie im herkömmlichen Sinn so vollständig zerstört hätte, wie es selbst das überlegene Gehirn eines Yroa sich kaum vorzustellen vermochte.
Die Überlebenschance lag bei null Prozent.
Es war kein Organismus vorstellbar, der das zu überleben vermochte.
Shafor schien das Risiko eingehen zu wollen.
Er war manchmal ein Spieler. Jemand, der in einem Maß bereit war, Risiken einzugehen, die über jede vernünftige Abwägung des Für und Widers hinausging, wie Fairoglan fand. Auch darin unterschieden sie sich. Fairoglan neigte zur Besonnenheit. Shafor hingegen zur schnellen, impulsgesteuerten Reaktion.
Feuer frei!
Der Gedankenbefehl an die Schiffsgeschütze war nicht mehr aufzuhalten.
Ein Ruck ging durch den Raumer.
Offenbar gab es einen extremen Energieabfall. Der Schalensitz aus materialisierter Formenergie, auf dem Fairoglan Platz genommen hatte, verschwand plötzlich. Fairoglan federte den Aufprall elegant ab und stand schon eine Sekunde später wieder auf seinen Beinen.
Shafor rollte derweil über den Boden und brüllte laut. Seine mentale Präsenz war chaotisch. So chaotisch, dass er offenbar den Kontakt zum Schiffssystem verloren hatte. Fairoglan nahm über sein Mental-Interface einen rapiden Energieabfall innerhalb des Yroa-Raumers wahr. Außerdem hatte es eine Explosion gegeben. Das Verfolgerschiff, das in die Verzerrungsblase eingedrungen war, war zerstört worden.
Oder es würde zerstört werden.
Innerhalb des anderen Kontinuums verlief die Zeit anders als im Normalraum. Und nach allem, was den Yroa-Wissenschaftlern darüber bekannt war, galt das vielleicht sogar für die Kausalität selbst. Die Ursache musste keineswegs vor der Wirkung geschehen oder in dieser Reihenfolge wahrgenommen werden.
Es gab Dutzende von Meldungen, die Fairoglan alarmierten. Die Zerstörung des Schiffes schien unmittelbar bevorzustehen. Die Verzerrungsblase selbst war durch den Beschuss und die Explosion des Canyaj-Schiffes in Gefahr. Sie drohte zu zerplatzen.
Und Shafor hatte die Kontrolle verloren!
Und das war das Schlimmste.
Etwas, von dem Fairoglan sich nie hätte vorstellen können, dass es eintrat.
Fairoglan konzentrierte sich. Alles, was an mentaler Energie in ihm war, alles, was an diesen ungewöhnlichen Kräften in seinem Inneren zu mobilisieren gewesen war, wurde nun zu einem einzigen Zweck konzentriert.
Ich muss die Kontrolle über dieses Schiff an mich reißen!, ging es Fairoglan durch den Kopf.
Und vielleicht war dieser Augenblick einer der raren Momente, in denen dies überhaupt möglich war. Shafor wälzte sich am Boden, stieß unartikulierte Laute aus. Fairoglan spürte seine Schwäche beinahe körperlich. Vielleicht hatte es durch die Benutzung der Schiffsgeschütze innerhalb der interdimensionalen Verzerrungsblase eine Art mentaler Rückkopplung gegeben. Solche Effekte waren theoretisch durchaus bekannt. Die fremdartigen Naturgesetze des anderen Kontinuums waren dafür vermutlich verantwortlich.
Jetzt oder nie!, dachte Fairoglan.
Er konzentrierte seine mentalen Kräfte auf eine Weise, wie er es noch nie zuvor getan hatte. Ihm war klar, dass er wirklich auch noch die letzte verborgene parapsychische Kraftreserve ausnutzen musste, die ihm zur Verfügung stand, um die Gewalt über das Schiff an sich zu reißen.
Fairoglan stieß einen tiefen, kehligen Schrei aus.
Der Legende nach hatten sich vor unendlicher Zeit die Krieger der Yroa auf diese Weise angeschrien, um ihre jeweiligen Gegner zu beeindrucken und in die Flucht zu schlagen. In einem solchen Schrei manifestierte sich pure Willenskraft und den alten Legenden nach hatten in jenem vergessen Zeitalter die Yroa durch solche Schreie den inneren Zugang zu ihren verborgenen mentalen Kraftreserven entdeckt.
Fairoglan hatte an diese Geschichten nie geglaubt.
Er war immer davon ausgegangen, dass es sich um Legenden handelte, die nur der Heldenverehrung dienten und letztlich nur deshalb erzählt wurden, um die Jüngeren zu erziehen. Und Letzteres war für Fairoglan immer nur Anlass gewesen, sich dagegen aufzulehnen oder sich zumindest dem mentalen Einfluss derjenigen zu entziehen, die die Überlieferungen nur dazu missbrauchten, um ihre eigene Machtposition auszubauen.
Fairoglan berührte eine der Konsolen des Schiffes.
Im nächsten Moment spürte er, wie er die Kontrolle über die Systeme gewann.
Sein Befehl an das Schiffssystem war eindeutig und unmissverständlich.
Raus aus dem anderen Kontinuum!
Und zwar sofort!
Das war die einzig mögliche Rettung.
Im nächsten Moment glaubte er, dass alles um ihn zerrissen würde. Jedes Molekül, jedes Atom, jedes Elementarteilchen, jedes Energiequantum ...
Und dann war da ein Zustand, der sich nur mit einem einzigen Wort beschreiben ließ - wenn überhaupt.
Nichts.
Um ihn herum war pures Nichts.