Читать книгу Großband #9 - Chronik der Sternenkrieger: Wo die Erhabenen wohnen: Acht Sternenkrieger Romane - Alfred Bekker - Страница 15
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An Bord der STERNENKRIEGER dauerte die Dunkelheit nur einen kurzen Moment. Das Licht der Fluoreszenz-Streifen an den Wänden erfüllte nun die Brücke, aber der Wechsel in den Lichtverhältnissen war so abrupt, dass Rena Sunfrost für einen Moment gar nichts hatte sehen können, zumal sie mit dem Kopf irgendwo aufschlug. Die künstliche Schwerkraft hatte nämlich ebenfalls für einen Moment versagt. Das hatte ihr im wahrsten Sinn des Wortes die Füße unter dem Leib weggezogen.
“Alles in Ordnung, Captain?”
Es war die Stimme von Bruder Guillermo, die wie durch einen Nebel aus weiter Ferne an ihr Ohr drang.
Ihr war schwindelig. Sie hörte sich selbst sagen: “Übernehmen Sie, I.O.!”
Das war die Routine, die von der Kommandantin eines Schiffes der STERNENKRIEGER-Klasse erwartet wurde. Ein Programm, dass sich einfach automatisch abspulte.
Van Doren hatte allerdings das Kommando längst an sich gerissen. Offenbar war er unverletzt.
“Statusbericht, Lieutenant Riggs!”, forderte er.
“Statusbericht nicht möglich. Totalausfall des Systems. Keine Daten vorhanden.”
“Susan, eine Verbindung zum Maschinentrakt!”, verlangte Van Doren.
Dass der Erste Offizier die Kommunikationsoffizierin Susan nannte, fiel auf und war ungewöhnlich. Vermutlich war es einfach der Situation geschuldet. Sunfrost hatte allerdings Gerüchte gehört, wonach Van Doren und Lieutenant Jamalkerim sich tatsächlich sehr viel näher kannten, als beide dies nach außen hin zu erkennen gaben ...
“Verbindung zum Maschinenraum abgebrochen. Notaggregat ausgefallen”, meldete Susan Jamalkerim. “Kommunikation ebenfalls ausgefallen.”
“Wir haben keinerlei Ortungsdaten”, ergänzte Wiley Riggs.
“Kontrolle über die Waffensysteme besteht nicht mehr”, meldete Robert Ukasi.
In diesem Moment sprang das Licht wieder an. Auf dem Hauptschirm waren die herannahenden Schiffe der Canyaj zu sehen. Und es war unverkennbar, dass die Geschütze offenbar im Dauerfeuermodus waren.
Auf einem der Nebenbildschirme erschien das Gesicht von Lieutenant Erixon, dem Chefingenieur.
Die Facettenaugen des gen-optimierten Mannes ließen ihn fremdartig erscheinen. “Schwerer Treffer im Maschinentrakt”, meldete Erixon. “Es gibt mehrere Tote und Verletzte. Krankenstation ist nicht erreichbar. Habe Not-Energieversorgung in Betrieb nehmen und einen Totalkollaps der künstlichen Schwerkraft verhindern können.”
Erneut ging eine Erschütterung durch das Schiff.
“Keine Informationen zu einer weiteren Schadensmeldung vorhanden”, meldete Riggs. “Das System rebootet sich gerade erst und hat sich noch nicht neu konfiguriert.”
“Mister Taranos, versuchen Sie auf Ausweichkurs zu gehen, sobald Sie die Kontrolle über die Schiffssteuerung wiedererlangt haben!”, befahl Van Doren.
“Aye, aye, Sir!”, meldete der Rudergänger. John Taranos nahm ein paar Schaltungen vor. Ein dumpfes Brummen ließ den Boden der Kommandobrücke leicht erzittern. “Kontrolle über die Steuerung vorhanden”, meldete er dann. “Kann allerdings für den Andruckausgleich nicht garantieren.”
“Das brauchen Sie auch nicht, Lieutenant”, mischte sich jetzt Rena Sunfrost ein, während sie vorsichtig die Stirn betastete. Anscheinend hatte sie doch etwas mehr abbekommen, als ihr das zunächst selbst klar gewesen war. Sie erhob sich und stand auf wackeligen Beinen. Das lag allerdings auch daran, dass John Taranos mit seiner Vermutung recht behalten hatte. Der Andruckausgleich funktionierte nicht wie gewohnt.
Alle auf der Brücke der STERNENKRIEGER waren gezwungen, sich in den nächsten Augenblicken irgendwo festzuhalten, während sich der ziemlich abrupte Kurswechsel bemerkbar machte, den der Rudergänger soeben eingegeben hatte.
“Captain, die erschießen uns einfach”, stellte Ukasi fest.
“Wie lange dauert es noch, bis Sie die Kontrolle über die Waffensysteme wiederhergestellt haben?”, wollte Sunfrost wissen, während sie sich beinahe taumelnd im Sessel des Captains niederließ.
“Es kann sich nur noch um Sekunden handeln”, glaubte Ukasi. “Eines der schwenkbaren Geschütze feuert! Lieutenant Mandagor hat offenbar volle Kontrolle!”
Das Gesicht von Geschützoffizier Saul Mandagor erschien auf einem Nebenbildschirm. “Wirkung unseres Feuers liegt bei null!”, meldete der Real Martian.
“Das wundert mich nicht”, meinte Sunfrost.
“Aber einfach wehrlos dahinschlachten lassen, sollten wir uns auch nicht”, erklärte Robert Ukasi.
“Konfigurieren Sie die Geschütze anders, Mister Ukasi!”, verlangte Bruder Guillermo.
“Schön, dass ein Pazifist wie Sie so viel von Geschützen versteht, Bruder Guillermo!”, ätzte Robert Ukasi zurück. “Wenn Sie mir vielleicht auch noch sagen würden, wie ich das genau machen soll!”
“Verringern Sie die Geschossgeschwindigkeit um mindestens die Hälfte.”
“Dann hätten wir niemals die nötige Durchschlagskraft”, gab Van Doren zu bedenken.
“Die haben wir sowieso nicht! Unsere Wuchtgeschosse dringen nicht durch die Panzerung der Canyaj!”, erklärte Ukasi. “Es ist kaum zu glauben, aber die Treffer bleiben wirkungslos. Die Projektile prallen einfach ab, als würden sie ...”
“Auf Gummi treffen”, vollendete Bruder Guillermo den Satz des Waffenoffizier. “Sie haben völlig Recht, Mister Ukasi.”
“Aber ...”
“Die Außenhüllen-Struktur der Canyaj-Schiffe ist vollkommen anders als es bei allen uns bekannten Abschirmungen der Fall ist”, sagte Bruder Guillermo. “Aber nach den Messwerten, die ich bisher analysieren konnte, verfügen die Canyaj offenbar über eine Technologie, die eine Art Energiematerie erzeugt. Energie und Materie lassen sich theoretisch in das jeweils andere umwandeln und die Außenhüllen der Canyaj-Schiffe weisen sowohl Eigenschaften von Energie als auch von Materie auf.”
“Sagen Sie mir einfach, was ich tun soll, falls Sie eine Idee dazu haben”, meinte Ukasi. “Sonst sind wir tot, ehe der Rest von uns verstanden hat, was Sie damit sagen wollen!”
“Sehr wahrscheinlich lässt sich die Außenhülle durch langsame Objekte eher durchdringen als durch schnelle”, fuhr Bruder Guillermo fort. “Dafür spricht, dass es anscheinend überhaupt keine Ausstiegsschotts an den Canyaj-Schiffen gibt. Daraus folgt, dass Sie die Projektilgeschwindigkeit unserer Wuchtgeschütze verringern müssen. Und zwar erheblich!”
“Und wie weit?”, fragte Ukasi.
“Sie müssen es ausprobieren. Wenn ich Zugriff auf die Zielerfassungsdaten der Geschütze habe, kann ich Messungen durchführen, die vielleicht weiteren Aufschluss geben.”
“An alle Geschützoffiziere!”, sagte Ukasi. “Reduzieren Sie die Projektilgeschwindigkeit der Wuchtgeschütze um 50 Prozent für die erste Salve. Danach reduzieren Sie erneut um die Hälfte.” Eine Sekunde verging. “Bestätigung von allen Geschützen erhalten”, meldete Ukasi dann. Er sah erwartungsvoll in Sunfrosts Richtung. “Captain?”
“Feuer frei”, befahl Sunfrost.