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Der Einsatzbefehl kam. Nicht zu früh und nicht zu spät, sondern exakt so abgestimmt, dass die Space Marines mit ihren auf dem Railgun-Prinzip basierenden Waffen überhaupt eine Chance hatten, die Feindschiffe auch zu treffen. Auf große Entfernung war das nämlich reine Glückssache. Die Größenverhältnisse zwischen einem Canyaj-Schiff und einem Raumsoldaten mit Railgun-Gewehr waren ungefähr so, als wenn jemand versuchte mit einem stecknadelgroßen Projektil ein erbsengroßes Objekt auf der anderen Seite eines Fußballplatzes zu treffen.

Aber je näher der Feind herangekommen war, umso besser die Chance, ihn zu zerstören.

Nur durfte man die Canyaj nicht so nahe herankommen lassen, dass es ihnen tatsächlich gelingen konnte, die STERNENKRIEGER zu entern.

Und genau das schienen sie vorzuhaben.

Zumindest war Raggie S. Terrifor davon inzwischen ebenso überzeugt wie der für die Taktik zuständige Offizier Robert Ukasi auf der Brücke.

Das Signal kam. Die Space Marines zündeten die aufgeschnallten Schubdüsen. Das wurde noch dadurch unterstützt, dass das Antigrav-Pak aktiviert und kurzzeitig auf maximale negative Gravitation geschaltet wurde. Dies führte dazu, dass die Space Marines in ihren schweren, raumtauglichen Kampfanzügen regelrecht vom Schiffskörper der STERNENKRIEGER abgestoßen wurden. Die Raumsoldaten schossen förmlich ins All hinaus. Dann schalteten sie das Antigrav-Pak irgendwann wieder auf positive Gravitation - oder besser gesagt das, was man ansonsten als künstliche Schwerkraft auf den Raumschiffen der Humanen Welten verwendete. Dies und der Gegenschub der in den Anzug integrierten Düsen sorgten für einen Bremseffekt.

Die Anzüge waren mit Andruckabsorbern ausgestattet, um zu verhindern, dass die Marines einen solchen Einsatz nicht überlebten. Terrifor hätte das alles am wenigsten ausgemacht. Er stammte von einer Welt mit erhöhter Schwerkraft und war außerdem gentechnisch optimiert. Aber für die anderen Space Marines wäre die Angelegenheit sonst tödlich gewesen.

Ich frage mich manchmal, weshalb man überhaupt noch Normalmenschen in den Spezialtruppen wie den Space Marines einsetzt!, ging es dem Corporal durch den Kopf. Eine politische Entscheidung, die wohl etwas mit dem Gegensatz zwischen der Genetiker-Föderation und den Humanen Welten zu tun hat. Man will echte Menschen - was immer man darunter versteht. Dabei ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann es so etwas wie einen >echten< Menschen nicht mehr geben wird. Ist ein gentechnisch Optimierter wie ich noch das, was sich der Mainstream in den Humanen Welten als normalen Menschen vorstellt? Oder ein Supererdenzwerg, den die Umwelt oder ein gentechnisches Programm an seine Welt angepasst hat? Oder ein mit Cyborg-Technik aufgerüstetes Individuum? Die Menschheit wird vielfältig und niemand will es wahrhaben.

“Achtung! Feind im Anflug!”, meldete Jones, einer der anderen Space Marines über Helmfunk. “Nehme ich ins Visier. Daten werde überspielt.”

“Bell und Söderbäck - Nehmen Sie die Feindeinheit ebenfalls ins Visier”, befahl Terrifor.

“Ja, Sir!”, kam es über Helmfunk.

Terrifor brachte auch sein eigenes Gewehr in Stellung. Er ließ kurz den Blick schweifen. Er konnte die anderen Space Marines nicht mit bloßem Auge sehen, so weit voneinander entfernt schwebten sie im All. Sie hatten sich verteilt. Je weiter voneinander weg, desto besser. Zumindest war dann die Chance sehr viel geringer, dass einer von ihnen durch feindliches Feuer getroffen wurde. Selbst wenn von der Gegenseite auf breitflächigen Beschuss gesetzt wurde, war die Wahrscheinlichkeit groß, dass die allermeisten Schüsse sich einfach irgendwo in der puren Weite des Raums verloren. Schüsse ins Nichts, ganz egal ob es sich um Energiestrahlen oder Wuchtprojektile handelte.

Der günstigste Schussmoment wurde durch ein Rechnersystem bestimmt. Der Algorithmus war in die miteinander verbundenen Systeme der schweren Kampfanzüge integriert.

“Feuer frei”, sagte Terrifor.

Die Railguns der Space Marines spuckten ihre Wuchtgeschosse aus, so viele, wie sie verschießen konnten, ohne nachzuladen. Die Energie, die hinter diesen Wuchtgeschossen steckte, war kaum geringer als jene der Projektile, die mit den Schiffsgeschützen verschossen wurden.

Von mehreren Seiten drangen die Geschosse der Space Marines durch die Außenabschirmung des Canyaj-Schiffs. Ihre relative Langsamkeit war es, die sie Schutzschirme durchdringen ließ. Es war genau so, wie Bruder Guillermo es vorhergesagt und berechnet hatte.

Jetzt feuerte eine zweite Gruppe von Marines. Die zeitliche Verzögerung gegenüber den ersten Schützen war dabei genau abgestimmt.

Auch diese Geschosse drangen nahezu mühelos in das Canyaj-Schiff ein. Dieses bremste sichtbar ab. Welche Art von Technologie dieses Bremsmanöver ermöglichte, war unbekannt. Aber Tatsache war, dass das Schiff der Canyaj auf eine Art und Weise bremste, wie es keinem Raumer aus irdischer Produktion möglich gewesen wäre. Und auch Qriid, K’aradan und selbst die fortgeschrittenen sauroiden Fulirr kannten nichts Vergleichbares.

Als ob es die Trägheit der Masse gar nicht gäbe!, ging es Raggie S. Terrifor mit einer Mischung aus Schauder und Bewunderung durch den Kopf. Man kann nur hoffen, dass die Kriegsschiffe dieser Spezies niemals das Wurmloch Alpha passieren und im Irdischen Sektor auftauchen ...

Auszuschließen war das nicht.

Und vielleicht brauchten sie dazu sogar nicht einmal die Hilfe eines Wurmlochs.

“Dritte Salve!”, befahl Terrifor.

Weitere Marines feuerten jetzt auf das extrem bremsende Schiff. Stücke platzten aus der Außenhülle heraus. Es bildete sich ein bläulicher Schimmer um das gesamte Schiff herum. Möglicherweise war dies auf eine Veränderung bei den Schutzschirmen zurückzuführen. Aber mit Sicherheit sagen konnte das niemand. Die Messergebnisse, die Terrifor auf seinem Helmdisplay dazu sah, waren widersprüchlich. Extrem widersprüchlich.

Jetzt feuerte auch Lieutenant Naderws Jäger, der bis dahin seine Position gehalten und abgewartet hatte. Das Geschütz des Jägers verschoss Wuchtprojektile, die an Volumen und Masse die Munition der Gauss-Gewehre deutlich übertraf. Schon das erste dieser Geschosse durchdrang die Abschirmung des Canyaj-Raumschiffs und entfaltete seine zerstörerische Wirkung.

Mehrere große Stücke platzten jetzt aus der Außenhaut des Canyaj-Schiffs heraus.

Es kam durch die Einwirkung der kinetischen Energie vom Kurs ab.

Für Terrifor war das selbst ohne Unterstützung der Ortungstechnik seines Anzugs erkennbar. Das Schiff begann deutlich zu trudeln. Die Flugbahn wurde chaotisch.

Dann verwandelte sich das Canyaj-Schiff in einen bläulich schimmernden Feuerball.

Dieser leuchtete so grell auf, dass augenblicklich die Abblendfunktion in Terrifors Helm aktiviert wurde. Trotzdem war das intensive Licht beinahe unerträglich. Es durchdrang selbst die geschlossenen Augenlider wie nichts.

Einen Augenblick später war dort, wo sich das angreifende Schiff zuletzt befunden hatte, scheinbar gar nichts mehr. Da war nur noch die namenlose, kalte Dunkelheit des Alls.

Die Space Marines luden neue Magazine in ihre Railgun-Gewehre.

“Der nächste Angreifer nähert sich bereits”, stellte Terrifor fest. “Die Folge der Salven bleibt gleich. Das war hervorragende Arbeit, Space Marines!”

“Ich sag’s doch, wir machen aus der STERNENKRIEGER noch eine richtige Festung”, meinte Söderbäck. Ihre hohe Stimme überschlug sich dabei fast und wirkte schriller als sonst.

Ihr erster Einsatz dieser Art, wusste Terrifor. Man merkt ihr an, wie sehr die Anspannung nun von ihr abgefallen ist.

“Nehme neue Gefechtsposition ein”, meldete jetzt Jägerpilot Naderw über Helmfunk.

In Terrifors Helmdisplay wurden die Position, die Naderw jetzt mit dem Jäger einzunehmen beabsichtigte, angezeigt.

“War ein gutes Timing vorhin, Titus!”, meinte Terrifor.

“Danke!”, gab Naderw zurück.

“Das kriegen wir beim nächsten Mal wieder so hin ...”

“Wenn Sie das sagen, Raggie!”

“... und dann holen wir sie uns eines nach dem anderen!”

“Sie sind anscheinend ein großer Optimist, Raggie!”

“Wieso?”

Titus Naderw lachte. “Weil Sie tatsächlich glauben, dass man mit diesen Silizium-Knollenwesen zweimal dieselbe Masche durchziehen kann!”

“Dann werden wir eben die Ersten sein, die es probieren.”


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