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„Du glaubst dem Kerl doch nicht etwa auch nur ein Wort!“, entfuhr es Milo, nachdem Martinez abtransportiert worden war.

„Nach dem, was unsere Erkennungsdienstler am Tatort an Erkenntnissen gesammelt haben, ist Martinez definitiv zu klein, um unser Mann zu sein. Der war doch höchstens 1,70 m – und das auch nur mit Schuhen.“ Ich schüttelte den Kopf. „Warten wir ab, was wir da drinnen alles so finden, aber ich bin überzeugt davon, dass sich Martinez’ Geschichte bestätigt. Zumindest im Groben. Von ein paar Schönheitsreparaturen, die ihn in einem etwas besseren Licht dastehen lassen mal abgesehen.“

„Auf jeden Fall ist interessant, dass dieser Sussman ein Passfälscher war“, warf Milo ein. „Schließlich hatte William Grotzky doch einen erschreckend großen Verbrauch an Reisepapieren.“

Dr. Brent Claus untersuchte den Toten kurz. Ob Sussman jedoch kurz vor oder kurz nach Öffnung des Geschäfts erschossen worden war, vermochte er nicht zu sagen.

Nachdem die Leiche abtransportiert worden war, begannen die Kollegen der Scientific Research Division mit ihren Untersuchungen am Tatort. Sobald das Gröbste erledigt war, konnten wir nach den Papieren suchen, deren Existenz Juan Martinez entlastet hätte.

Wir fanden sie schließlich in einem Nebenraum, der als Büro diente. Dieser Raum war verschlossen. Die Tür bestand aus hitzebeständigem Metall, wie man es für die Zugänge von Heizungsanlagen benutzte. Jemand hatte vergeblich versucht, die umfangreichen Sicherungsmaßnahmen zu überwinden. Es waren zahlreiche Kratzer zu sehen, außerdem eine Verformung des Metalls, die auf einen Einschuss hindeutete.

Der Täter hatte schräg vor dem Schloss gestanden und gefeuert. Das Projektil war dann im gleichen Winkel abgeprallt und steckte nun in der Wand gegenüber.

Offenbar hatte er danach eingesehen, dass er für dieses Schloss nicht das richtige Werkzeug mitführte und hatte aufgegeben.

„Schon der Schuss auf die Tür war mit erheblichem Risiko verbunden“, gab Milo zu bedenken.

Ich nickte. „Passt eigentlich nicht zu dem Killer, der Grotzky auf dem Gewissen hat.“

„Eher schon zu diesem Martinez!“

„Das werden die Laborergebnisse erweisen. Aber vielleicht hat der Killer in diesem Fall in großer Eile handeln müssen.“

„Warum? Wenn Martinez’ Geschichte stimmt, hatte er keinen Grund dazu, denn er konnte doch nicht wissen, dass dieser Latino gleich in den Laden kommt, um sich bei Brad Sussman seine Papiere abzuholen.“

„Nein, aber er konnte sich ausrechnen, dass irgendjemand kommen würde, sobald die Öffnungszeiten des Ladens begonnen hatten.“

Oscar Brown, einer der Spezialisten der Scientific Research Division, schaffte es schließlich, die Tür zu öffnen.

In dem dahinter liegenden Büroraum gab es auch einen Computer. Ich fuhr ihn hoch und scheiterte dann allerdings am Passwort.

„Das wird wohl ein Fall für die Spezialisten im Labor!“, glaubte Milo, der sich gerade den Satz Papiere ansah, den Brad Sussman besorgt hatte. „Juan Martinez – John Martinson! Also etwas mehr Fantasie hätte ich an seiner Stelle für die Auswahl des neuen Namens schon aufgewandt!“, meinte er. „Aber die Papiere sind erstklassige Qualität.“

„Sussman vermittelt sie ja nur“, gab ich zu bedenken.

„Ja, aber er hatte eben die richtigen Kontakte!“

„Ein Grund, weshalb William Grotzky ihn in seiner aktiven Undercover-Zeit immer als zuverlässigen Informanten schätzte.“

„Irgendeiner dieser Kontakte ist ihm jetzt wohl zum Verhängnis geworden.“

Ich nickte. Die Gedanken rasten nur so in meinem Hirn. Ich hatte das Gefühl, dass die Wahrheit zum Greifen nahe vor uns lag, wir sie aber vielleicht vor lauter Betriebsblindheit einfach nicht zur Kenntnis nahmen.

Das Telefonregister enthielt zahlreiche Nummern. Darunter auch eine mit dem Vermerk ‚Al’.

Ich verzichtete darauf, sie gleich einzutippen und auszuprobieren. Wenn dieser geheimnisvolle Al zu Tarnzwecken ein Prepaid Handy benutzte und eine ihm unbekannte Nummer auf dem Display angezeigt wurde, war das für ihn nur das Zeichen, einen Gerätewechsel zu vollziehen.

Eine andere Nummer trug den Vermerk „J.A.“

„Könnte doch Jack Aarons bedeuten“, meinte Milo. „Ich meine, Brad Sussman kannte doch Grotzky noch aus der Zeit, als er Jack Aarons hieß.“

Ich nickte.

„Handys lassen sich anpeilen, wenn man ihre Nummer kennt und sie eingeschaltet sind“, fuhr Milo fort. „Es dürfte in beiden Fällen ganz interessant sein, zu erfahren, wo sich die beiden zu diesen Nummern gehörenden Geräte befinden...“

„Meinst du nicht, zumindest Grotzkys Handy ist längst abgeschaltet worden? Wenn der Täter es bei sich hat, läuft er doch Gefahr, selbst angepeilt zu werden.“

„Das kommt drauf an Jesse. Wenn es sich um ein Prepaid-Gerät handelt, hat der Täter keinerlei Veranlassung, anzunehmen, dass wir die Nummer kennen. Und wenn er an die auf dem Gerät gespeicherten Daten heran will, darf er es nicht abschalten, weil er es sonst nur dann wieder einschalten kann, wenn er auch den Pin Code kennt.“

„Was könnte man mit den Handydaten anfangen?“

„Seinen Auftraggeber erpressen zum Beispiel.“

„Bei einem Stand by von 250 Stunden hätte er jedenfalls Zeit genug, sich das gesamte Menue eingehend anzusehen.“

„Ich halte es für wahrscheinlicher, dass er das Gerät einfach in den Hudson geworfen oder seinem Auftraggeber ausgehändigt hat. Aber für den Apparat von diesem Al bekommen wir vielleicht eine Abhörgenehmigung!“


Meine besten Action Thriller November 2021: 7 Strand Krimis

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