Читать книгу Dämon III - Alfred Broi - Страница 16

Ice

Оглавление

Silvia ging stumm neben ihrem Großvater auf der anderen Seite der unsichtbaren Bahre her. Ihre linke Hand lag auf ihr und hatte Christophers linke Hand umschlossen. Ihr Daumen rieb beständig und sanft über seinen Handrücken. Sie tat das auch, um ihre eigene Nervosität zu unterdrücken. Zwar war Christophers Hand noch immer weich und beweglich, doch spürte sie eine deutliche Kälte in ihr. Natürlich versuchte sie ihrem Großvater zu vertrauen, doch eigentlich war dieser Mann ja vor einem Jahr in New York gestorben und wer vermochte schon zu sagen, ob und wie viel von diesem einst so wunderbaren Mann noch in dieser Person steckte, die jetzt neben ihr ging – mochte sie ihm auch aufs Haar genau gleichen?

Silvia vermied es, Christopher anzuschauen, denn sie konnte den Anblick der schmalen Wunde, die direkt über seinem Herzen klaffte, nicht ertragen. Obwohl der Blutfluss längst verebbt war, war seine Jacke getränkt damit und ein großer, dunkler Fleck zeugte von der Verletzung, die ihm das Leben gekostet hatte.

Selbstverständlich machte sie sich auch große Vorwürfe, denn schließlich war Christopher nur wegen ihr in eine Situation geraten, die er nicht mehr kontrollieren konnte. Wenn sie nicht alles vergessen hätte, was ihr je lieb und teuer gewesen war, wäre all das nicht passiert. Wenn sie nicht mit Razor geschlafen hätte, hätte Christopher es auch nicht sehen können und darüber nicht so geschockt und verletzt reagiert, dass er vollkommen schutzlos nach draußen gelaufen wäre, wo er auf die Übermacht an Dämonen getroffen war, die ihn letztlich überwältigen und verschleppen konnten.

Ja, all das wäre nicht passiert, wenn sie nicht schwach geworden wäre. Alles war einzig ihre Schuld und eigentlich hatte sie Christopher damit getötet und nicht ihr Großvater.

Ein irrsinnig schmerzhafter Stich durchzuckte sie.

Gott, sie hatte all das doch nie und nimmer gewollt. Und es war doch auch nur ein kurzer Moment der Schwäche gewesen. Jetzt wusste sie so klar, so deutlich und so unumstößlich, wie noch niemals zuvor in ihrem Leben, dass sie Christopher liebte und ganz sicher den Rest ihres Lebens mit ihm verbringen wollte.

Genau das und noch so vieles mehr würde sie ihm sagen, wenn sie doch nur die Gelegenheit dazu bekommen würde. Sie würde sich bei ihm entschuldigen, ihm alles erklären und der echte Schmerz, den sie verspürte und den er sehen würde, würde dazu führen, dass er erkannte, dass sie die Wahrheit sagte. Und dann würde die Liebe, die beide verband, dafür sorgen, dass alles wieder gut werden würde.

Plötzlich hoffte Silvia mit der ganzen Kraft ihres Herzens, dass ihr Großvater sein Vorhaben wahrmachen und Christopher zurück ins Leben holen konnte. Sie hoffte es, sie bangte darum – sie betete stumm dafür.

*

„Wir sind da!“ sagte Francesco unvermittelt und stoppte die unsichtbare Bahre.

„Wo?“ Silvia wurde förmlich aus ihren Gedanken gerissen. Sie schaute sich schnell um, doch noch immer war überall nur ein unendliches, konturloses Weiß zu sehen.

„Hier!“ Der Alte nickte auf die Stelle, wo sie standen.

„Was ist hier?“

Francesco wartete, bis Silvia ihn ansah, dann lächelte er. „Leben!“

Und wie auf Kommando war plötzlich ein Summen zu hören und aus dem unsichtbaren Boden schob sich eine dunkelblaue, blass glänzende Apparatur in die Höhe. Sie sah aus wie ein Roboterarm mit einem Gelenk, welches jedoch nicht wirklich zu erkennen war, da alles wie aus einem Guss wirkte. Am Ende befand sich – ebenfalls in einer homogenen Verbindung – eine Art Schiene von gut anderthalb Metern Länge und rund zwanzig Zentimetern Breite. Der Arm drehte sich so, dass sie etwa zehn Zentimeter unterhalb von Christophers Körper waagerecht zum Erliegen kam und dann lautlos und sehr langsam weiter in die Höhe gedrückt wurde, bis sie schließlich direkt unter der Wirbelsäule abstoppte. Ein leises Zischen ertönte und dann erzitterte Christophers Körper ganz leicht. Silvia erschrak und schaute nervös zu ihrem Großvater, doch der blickte nur mit einem Lächeln auf den leblosen Körper. Einige Sekunden geschah scheinbar nichts, dann aber drang ein milchiges, schwach pulsierendes Leuchten durch Christophers Brustkorb. Silvias Pulsschlag erhöhte sich, ihre Zuversicht stieg.

Einen Augenblick später aber setzte ihr Herz für einen Schlag aus und sie wusste ganz sicher nicht mehr, was hier geschah.

*

Urplötzlich zuckte der Roboterarm, auf dem Christopher jetzt offensichtlich festgeschnallt war, nach hinten weg und schoss gleichzeitig in die Höhe. Dort, etwa drei Meter über ihnen leuchtete ein Rechteck in hellroter Farbe an der imaginären Decke auf. Der Roboterarm fuhr direkt darunter und verharrte, während eine dünne dunkelrote Linie wie bei einem Scanner über seinen Körper huschte. Als das erledigt war, ertönte eine Art Hupen, das Rechteck erlosch wieder und der Roboterarm zuckte zurück, jedoch nur, um zwischen Silvia und ihrem Großvater in die entgegengesetzte Richtung zu sausen. Die junge Frau war längst perplex, doch auch der Alte war total verblüfft und unsicher. Als der Arm wieder verharrte, war er in eine Art kleine Kammer eingefahren, die sich urplötzlich neben ihnen geöffnet haben musste. Christophers Körper lag waagerecht. Einen Augenblick später ertönte ein kurzes Fiepen, es flammte über ihm ein grelles weißes Licht auf, dann schien die Lichtquelle zu explodieren. Silvia fühlte sich sofort an das Blitzlicht einer alten Spiegelreflexkamera erinnert. Noch während das Licht verging, drehte sich der Roboterarm blitzschnell herum, sodass Christophers jetzt mit dem Gesicht nach unten an der Schiene klemmte. Sofort flammte ein weiteres grelles Licht auf, ein Fiepen, dann eine zweite Explosion.

Während das Licht jetzt verging, fuhr der Roboterarm langsam wieder zurück zwischen Silvia und dem Alten, wobei er sich wieder herumdrehte, und verharrte dort.

Silvia schaute auf Christopher, doch es war keine Veränderung an ihm zu erkennen. Angst kam in ihr auf und sie starrte ihren Großvater an, in dessen Gesicht sie jedoch nichts außer Verwirrung und gleichsamer Sorge erkennen konnte.

Dann ertönte plötzlich eine ganze Vielzahl unterschiedlicher Geräusche gleichzeitig: Brummen, Rattern, Rumpeln, Rauschen, Ächzen, Poltern, Hupen, Knirschen und vieles mehr und alles so laut, dass es in den Ohren schmerzte. Silvia und der Alte fuhren zunächst erschrocken zusammen und blickten sich dann sorgenvoll um, doch die Quelle der Laute war nicht auszumachen, weil sie von überall gleichzeitig zu kommen schienen.

Mittendrin schoss der Roboterarm mit einem derben Ruck senkrecht nach oben. Während er in einer Höhe von vielleicht fünf Metern verharrte, verstummten schlagartig alle Geräusche – bis auf ein Zischen von der linken Seite. Als Silvia dorthin schaute erschrak sie erneut, denn es hatte sich eine rechteckige Grube am Boden geöffnet, in der es tiefrot zu pulsieren schien. Schon im nächsten Moment zuckte der Roboterarm wieder herab, drehte sich in Richtung Grube und gleichzeitig wieder so, dass Christophers Körper nach unten zeigte. So fuhr er in die Grube, aus der daraufhin meterhohe Flammen zischten und brodelten, als hätte Jemand einen Propangasbrenner entfacht.

Silvia erschrak mit einem lauten Aufschrei und auch Francesco entfuhr ein entsetzter Seufzer.

Schon erstarben die Flammen und der Arm zuckte wieder zurück, doch brannte Christopher lichterloh.

Wieder schrie Silvia schmerzhaft auf. Während der Roboterarm sich um einhundert achtzig Grad drehte, so dass Christopher Körper wieder nach oben zeigte, spürte Silvia, wie ihre Knie weich wurden und sie kurz davor war, umzufallen.

Plötzlich öffnete sich in der imaginären Decke direkt über Christopher ein weiteres Rechteck und innerhalb eines Wimpernschlages stürzte ein gewaltiger Schwall Wasser auf ihn herab. Die Flammen erstarben zischend, Rauch stieg empor.

Silvias Schreie erstarben, doch zitterte sie am ganzen Körper.

Schon ertönte ein weiteres Zischen mit dem sich die Feuergrube schloss – sich aber gleichzeitig auf der anderen Seite eine zweite Grube öffnete. In ihr schimmerte es in einer Mischung aus Weiß und Gelb und die Luft über ihr flirrte deutlich. Während Silvia und der Alte die neue Situation erkannten und sich herumdrehten, zuckte auch der Roboterarm in diese Richtung, drehte sich erneut herum und tauchte auch in diese Grube ein – dieses Mal jedoch deutlich tiefer. Es brodelte und zischte im Inneren, einige Funken stoben in die Höhe.

Instinktiv tat Silvia einen Schritt in diese Richtung, um zu sehen, was sich dort unten befand und musste sofort wieder aufschreien, als sie glühende Lava sah, die gleißend hell rumorte und in die der Roboterarm und somit auch Christopher komplett eingetaucht war. Silvia erstarrte und blickte atemlos in die Tiefe. Einen Augenblick später zuckte der Arm in die Höhe und drehte sich gleichzeitig wieder herum, sodass sowohl Silvia, als auch Francesco mehr als deutlich erkennen konnten, dass Christopher komplett mit glühender, weiß glänzender Lava bedeckt war und er jetzt aussah, wie ein Stück Stahl in Menschengestalt. Bevor Silvia jedoch vollends den Verstand verlieren konnte, schoss der Roboterarm zur linken Seite und stellte sich so, dass Christopher quasi senkrecht stehen konnte. Währenddessen hatte sich dort ein weiteres Rechteck aufgetan. Der Arm stoppte direkt davor ab und genau in diesem Moment ertönte erneut ein Geräusch, als würde man einen Propangasbrenner aufdrehen, nur das dieses Mal keine Flammen, sondern eiskalte Luft aus der Öffnung schoss und Christophers Körper innerhalb weniger Augenblicke wieder abkühlte.

Als das geschehen war, zuckte der Arm wieder zurück und verharrte für einen Moment zwischen Silvia und Francesco in seiner Ausgangsposition. Doch kaum lange genug, als das Silvia und ihr Großvater auch nur einen vernünftigen Blick auf Christopher werfen konnten; dann schoss der Arm senkrecht nach oben und durchstieß nach etwa fünf Metern eine imaginäre Decke. Zumindest waren Christopher und die Schiene in seinem Rücken urplötzlich verschwunden und nur noch der Roboterarm zu sehen.

Eine Sekunde später wurden die lauten, vielfältigen Geräusche, die die ganze Zeit über die Aktivitäten begleitet und damit noch dramatischer hatten wirken lassen, noch viel lauter, dass sie am Ende ein furchtbares Stakkato ergaben und in einer wahren Explosion münden zu wollen schienen.

Doch das geschah nicht, denn urplötzlich endete jeglicher Lärm abrupt und es blieb nur eine gespenstische Stille zurück.

*

Christophers Augen zuckten und nur einen Augenblick später öffnete er sie mit einem tiefen Stöhnen.

Zunächst war sein Blick noch verschwommen, doch auch als er wieder klar sehen konnte, erkannte er um sich herum nichts außer einem weißen Nichts, das ihn komplett umgab. Vor seinem inneren Auge jedoch zuckten ganz andere Bilder vorbei: Er in der großen Halle, vor ihm das widerliche Abbild Samaels, schräg hinter ihm…Francesco. Oder ein Typ, der ihm zum Verwechseln ähnlich sah. Denn den echten Francesco hatte er vor über einem Jahr sterben sehen. Also konnte dieser nicht der Echte sein. Und war es am Ende auch nicht, denn mehr als alles andere konnte Christopher noch die Klinge dieses verschissen langen Messers erkennen, dass der Alte in der Hand hielt und ihm nur einen Wimpernschlag später von hinten so wuchtig in sein verdammtes Herz rammte, dass die Klingenspitze auch noch seinen Brustkorb durchschlug und ihm das Leben in einer einzigen, gleißend hellen Explosion nahm.

Ich bin tot! schoss es ihm plötzlich in den Kopf und er spürte eine wachsende Unruhe in sich. „Wo…wo bin ich?“ Im ersten Moment war er sich nicht sicher, ob er diese Worte gesprochen hatte, denn sie klangen krächzend, schwach und zittrig. Außerdem glaubte er nicht, überhaupt noch einen Mund zu haben. Und überhaupt: Es machte keinen Sinn, diese Frage zu stellen, weil auch niemand da war, der sie hätte beantworten können.

„In der Zwischenwelt!“

Christopher erschrak derbe und seine Augen zuckten umher, um den Sprecher dieser Worte zu finden, doch er konnte Niemanden erkennen. „Bin ich…tot?“

„Ja!“ Die kräftige, tiefe Männerstimme klang klar und irgendwie rein. „…und nein!“

Christophers Augen zuckten noch immer umher und urplötzlich glaubte er, in dem konturlosen, reinen Weiß doch einige graue Schatten zu sehen. Er ließ seinen Blick darauf ruhen und erkannte nach wenigen Augenblicken tatsächlich eine menschliche Gestalt in einer Art Overall, der kaum dunkler war, als seine Umgebung und nur hier und da einige graue Schattierungen aufwies, die ihn gerade so eben von dem Hintergrund abhoben. Sein Gesicht jedoch war ebenso weiß, wie der Rest des Nichts, nur Augen und Mund waren sehr schwach zu erkennen, da sie ein wenig silbrig wirkten.

„Was heißt das?“ Christophers fixierte den Schemen, der näherzukommen schien und immer besser zu erkennen war.

„Sie waren tot!“ Das Gesicht schien zu lächeln. „Aber jetzt nicht mehr!“

Christophers Augenbrauen zuckten herab. „Wie?“

„Das würden sie nicht verstehen!“ Das Gesicht lächelte milde. „Noch nicht!“ fügte es leiser hinzu.

„Was soll das heißen?“ Die Gestalt war jetzt nahe genug, dass Christopher einige weitere Einzelheiten erkennen konnte. Das Gesicht war markant mit einigen Narben, die Augen stahlblau. Der Mann schien so um die Fünfzig zu sein. Er hatte eine Glatze, seine Ohren standen etwas weit vom Kopf ab. Christopher schätzte ihn aus seiner liegenden Position heraus auf etwa einen Meter achtzig. Sein Körper war sehr muskulös und durchtrainiert. „Weshalb wird mein Tod rückgängig gemacht? Warum bin ich hier?“

Der Mann schaute ihn einen Moment ausdruckslos an. „Sie sind hier, weil ich ihnen ein Angebot machen will!“

„Was für ein Angebot?“ Christopher war sichtlich nicht begeistert.

„Sie haben hinter die Grenzen geschaut und sind damit ein Auserwählter!“

„Sie meinen den Gang in die Hölle?“

„Ja!“ Das Gesicht lächelte wieder. „Mehr aber vielleicht noch die Tatsache, dass sie einem Dämon überhaupt die Stirn bieten konnten…und das auch noch überlebt haben! Nur ganz Wenigen ist das bisher gelungen!“

„Danke! Jetzt fühle ich mich gleich besser!“ Christophers Gesicht verzog sich zu einer säuerlichen Grimasse.

Das Gesicht lachte heiser auf. „Sie glauben, das, was ihnen passiert ist, sei etwas Besonderes…? Außergewöhnliches…?“

„Ist es nicht?“

Jetzt wurde das Lachen lauter und herzlicher. „Nein!“ Plötzlich wurde das Gesicht sehr ernst. „Ganz und gar nicht! Es gibt mehr Verbindungen zwischen den Welten, als sie ahnen und gut für uns ist!“

„Schön!“ Christopher war noch immer nicht zufrieden. „Und was habe ich jetzt damit zu tun?“

„Der Grund, warum die Menschen auf der Erde noch leben können und von all dieser…Scheiße um sie herum nichts wissen, ist der, dass es Leute gibt, die bisher verhindern konnten, dass das Böse die Oberhand gewinnt!“

„Ah!“ Christophers Blick erhellte sich. „Leute wie sie, was?“ Er grinste.

Das Gesicht nickte mit ernster Miene. „Und sie!“

„Ich?“ Jetzt war Christopher sichtlich sehr erstaunt.

Wieder nickte das Gesicht. „Sie haben gezeigt, dass sie es können. Sie sind ein Auserwählter. Ich könnte sie gut gebrauchen!“

„Sie? Wer sind sie? Wie ist ihr Name?“

„Mein Name?“ Das Gesicht blickte etwas überrascht und einen Augenblick später sogar wehmütig, doch dann wurde es wieder ernst. „Man nennt mich Ice!“

Ice?“ Christopher zog die Augenbrauen hoch. Im selben Moment zuckte sein Körper krampfhaft zusammen und er stöhnte schmerzhaft auf. „Was…?“ Wieder erzitterte sein Körper. „Was geschieht mit mir?“

„Ihr Leben kehrt zurück!“

„Aber…?“ Christopher verspürte panische Angst, während er das Gefühl hatte, dass immer wieder Stromstöße durch seinen Körper zuckten. Das Bild vor seinen Augen wurde zunehmend heller und verzerrt.

„Denken sie über mein Angebot nach! Das Böse wird zunehmend mächtiger! Ich brauche sie!“ Die Stimme, anfangs noch klar und deutlich, wurde jetzt sehr viel leiser und ebenfalls verzerrt. „Ich…ihre Antwort…halb von vierundzwanzig Stun… Rufen…nach…Dämo…jägern!“ Das war alles.

Im selben Moment schien die Welt um ihn herum zu explodieren. Ein gleißendes Licht wogte tief in sein Bewusstsein und nahm ihm die Besinnung.

*

Ein kurzes, schrilles Kreischen zerriss die Stille um Silvia und Francesco. Es war etwa dreißig Sekunden her, dass der Roboterarm mit Christopher auf ihm durch die imaginäre Decke ins Nichts verschwunden war. Zu wenig Zeit für beide, um zu begreifen, was hier in den letzten Minuten wirklich geschehen war, aber doch lang genug, als das Silvia von einer furchtbaren Schmerzwoge nach der anderen malträtiert wurde.

Dann das Kreischen, das sofort ihre Aufmerksamkeit hatte. Silvia und der Alte rissen ihre Köpfe in die Höhe und einen Augenblick später sank der Roboterarm samt Christopher langsam wieder zurück zu Boden und verharrte dort mit einem deutlichen Klickgeräusch zwischen den beiden Menschen.

Obwohl Silvias Gesicht aus Sorge um ihren Partner gerötet und tränendurchtränkt war und ihre Augen noch immer feucht, konnte sie in den ersten Momenten nichts anderes tun, als Christopher anzustarren, denn nichts von dem, was sie erwartet hatte, konnte sie sehen. Er sah noch immer so aus, als würde er ganz ruhig schlafen. Davon, dass er erst verbrannt, dann gelöscht, sofort danach verglüht war und letztlich vereist wurde war absolut nicht das Geringste zu sehen. Weder am Körper, noch an der Kleidung. Es schien, als wäre all das nicht geschehen und in ihrer totalen Verblüffung glaubte Silvia anfangs auch, sie hätte sich all das doch nur eingebildet.

Plötzlich bewegte sich Christophers Kopf ein wenig und ein leises, aber deutliches Stöhnen war zu hören.

„Christopher!“ rief Silvia und sofort liefen weitere Tränen aus ihren Augen. Doch nicht aus Schmerz, sondern dieses Mal aus purer Erleichterung. Alle Sorgen waren vergessen, Freude trat an ihre Stelle. Silvia lächelte, anfangs nur unsicher, doch als seine Augen flackerten, lachte sie einmal auf, strahlte ihren Großvater breit an, der jetzt ebenfalls erleichtert lächelte und warf sich dann einfach auf Christophers Oberkörper und legte ihre Arme an seinen Kopf, um ihn zu streicheln. „Oh Chris!“

Ihr Partner selbst brauchte erst einmal ein paar Sekunden, bevor sein Blick sich klärte, wenngleich er fast schon instinktiv seine Arme anhob und sie auf Silvias Schultern legte. Dabei jedoch lag auf seinem Gesicht keine Freude, sondern eher eine Art Trauer.

Nach einigen Sekunden erhob sich Silvia wieder und schaute Christopher mit einem strahlenden Lächeln tränenüberströmt an. Als sich ihre Augen trafen, zuckte ein dünnes Lächeln über Christophers Lippen und Silvia konnte offensichtlich nicht an sich halten, warf sich nach vorn und küsste ihn.

Christopher ließ es geschehen, öffnete seinen Mund und als sich ihre Zungen berührten, stöhnte Silvia lustvoll auf. Auch Christopher entfuhr ein leises, kurzes Stöhnen.

Dann trennten sie sich und Silvia schaute ihm sofort wieder in die Augen. „Ich hatte eine solche Angst um dich. Du warst…!“

„Tot, ich weiß!“ fuhr Christopher mit einem kurzen freudlosen Lächeln dazwischen.

„Ich musste es tun!“ hob Francesco, der sich die ganze Zeit über still verhalten und die Freude seiner Enkeltochter genossen hatte, an. Als Christophers Kopf herumfuhr und ihn anstarrte, fügte er hinzu. „Es tut mir leid!“

„Wer sind sie?“ raunte Christopher mit finsterer Miene zurück.

„Das ist mein Großvater!“ rief Silvia überrascht. „Du kennst ihn doch!“

Christopher funkelte den Alten einen Moment stumm an. „Ich habe sie sterben sehen!“

Der Alte nickte. „Vor einem Jahr, in New York. Aber ich bin zurückgekehrt!“ Er lächelte sanft. „So wie sie!“

„Um mich zu töten?“

„Nein!“ Francesco schüttelte den Kopf. „Um sie zu retten!“

Christophers Blick verdunkelte sich gleich nochmals, doch konnte man auch deutlich die Verwirrung darin erkennen. „Ich habe keine Ahnung, was zum Teufel hier abgeht!“

„Dann will ich es ihnen erklären!“

Dämon III

Подняться наверх