Читать книгу Dämon III - Alfred Broi - Страница 17
Geräusche in der Finsternis
ОглавлениеDa!
Es war jetzt das dritte Mal, dass er ein schlurfendes Geräusch hinter ihnen gehört hatte und war Peter sich bei den ersten beiden Malen nicht wirklich sicher gewesen, so bestand jetzt kein Zweifel mehr, dass sich außer ihnen noch etwas Anderes in diesem Tunnelsystem befand.
Zuerst wollte er daher auch abstoppen und sich auf die Lauer legen, doch just in diesem Moment gelangten sie an ihren Zielpunkt. Der Kanal lief noch weiter geradeaus, doch mitten drin befand sich eine freistehende Leiter an die Oberfläche.
Peter trieb die beiden Frauen zur Eile und blieb dicht hinter ihnen. Als sie den Aufstieg erreicht hatten, blickten sie in die Höhe, konnten aber außer einer undurchdringlichen Dunkelheit nichts erkennen. Aber eben auch keinen Nachthimmel, sodass Peter ganz zuversichtlich war, dass sie sich am richtigen Ort befanden, denn laut Maggie führte die Leiter in eines der Gebäude, in dem dann auch ein Kühlhaus zu finden war.
„Wartet kurz!“ sagte er und hastete lautlos hinauf. Nach drei Metern fand er sich unterhalb eines eisernen Schachtdeckels wieder und hatte schon die Befürchtung, er müsse hier erneut seinen Schneidbrenner einsetzen, doch als er dagegen drückte, gab er bereits nach. Peter befand ihn als leicht genug, dass auch Talea ihn zur Seite befördern konnte und ließ sich ohne zu zögern in einem Ruck, aber dennoch lautlos wieder in den Tunnel fallen.
„Und?“ fragte die junge Frau sofort.
„Da ist ein Schachtdeckel, aber du kannst ihn anheben!“ Er nickte Talea zu, hob die schwarze Tasche an, die er kurz zuvor abgestellt hatte und drückte sie Francesca in die Hände. „Beeilt euch!“
„Was soll ich damit?“ fragte die Alte.
„Du kommst nicht mit uns!“ Das war keine Frage und Talea nickte. „Ich habe es auch gehört!“ Sie erkannte Überraschung in Peters Gesicht. „Lass uns das zusammen machen!“
Doch Peter schüttelte den Kopf. „Bringt ihr die Pyramide in das Kühlhaus. Ich kümmere mich um den Rest!“ Er sah, dass Talea widersprechen wollte. „Keine Widerrede. Macht schon!“ Er schob die beiden Frauen förmlich die Leiter hinauf.
„Viel Glück!“ Talea drehte sich nochmals nach unten, doch Peter war schon auf dem Weg zurück zur nächsten Ecke. Reglos blickte sie ihm nach.
„Er hat Recht!“ sagte die Alte unter ihr. „Wir müssen uns um das Tor kümmern!“ Doch ihre Freundin rührte sich nicht. „Talea!“ mahnte sie deshalb etwas lauter und drückte von unten gegen ihren Körper.
Das brachte sie zurück in die Wirklichkeit. „Natürlich!“ erwiderte sie und machte noch einen Schritt in die Höhe, dann drückte sie gegen den Schachtdeckel. Peter hatte Recht, sie konnte ihn ohne große Mühen beiseiteschieben. Schnell kletterte sie ganz hinauf. Sofort danach ging sie in die Hocke und drehte sich einmal um ihre eigene Achse, während sie die nähere Umgebung mit der Taschenlampe ausleuchtete. Wie Peter gesagt hatte, befanden sie sich innerhalb eines Gebäudes. Sie erkannte schmutzige Wände, einige große Kisten, einen Deckenkran, dessen Haken weniger als zwei Meter neben ihr hing und ein paar Regale an einer der Wände.
Plötzlich erschrak sie, als sie eine Hand auf ihrem Knöchel spürte, doch als sie sich blitzschnell herumdrehte, erkannte sie Francesca, die einige Mühe hatte, aus dem Schacht herauszuklettern. Talea half ihr und zog sie zu sich.
Die Alte musste kurz durch schnaufen, bevor sie nickte. „Okay!“
Talea hatte währenddessen weiter die Umgebung sondiert. Sie nickte der Alten jetzt ebenfalls zu. „Dann hier entlang!“
*
Peter spürte, wie sein Puls mit jedem weiteren Schritt immer schneller wurde und wie sein Blut in seinen Ohren rauschte.
Nachdem er die erste Biegung auf dem Rückweg hinter sich gebracht hatte, wobei ihm in der Sekunde, da er um die Ecke zuckte, vor Nervosität fast das Herz stehen geblieben wäre, hörte er wieder ein Geräusch.
Es kam jedoch nicht aus der Richtung, aus der es vermutet hätte, sondern aus einem Gang auf der linken Seite. Weniger bedrohlich wirkte es deshalb aber nicht.
Peter beschloss dem Geräusch nachzugehen. Der Kanal, den er jetzt betrat, war etwas kleiner und daher enger, als der erste. Er musste noch geduckter gehen und fühlte sich sogleich unangenehm eingeengt. Seine Nervosität stieg erneut. Natürlich hatte er in seinem Leben schon so manches Gefecht bestritten und eigentlich galt er als ruhiger, besonnener, nervenstarker und ziemlich eiskalter Mensch, doch einem solchen Gegner, wie diesen furchtbaren Kreaturen aus der Finsternis, hatte er noch nie zuvor gegenübergestanden und die eigentlich weniger als gar nicht vorhandenen Aussichten, diese Bestien zu besiegen, geschweige denn zu töten oder überhaupt auch nur aufzuhalten, hinterließen deutliche Spuren auf seinem Nervenkostüm.
Doch Peter wusste um seine Verantwortung. Nicht nur um die, die ihm Mister Arisagi vor drei Monaten hatte klarzumachen versucht – damals hatte er eingewilligt, weil er es einfach für einen riskanten, aber dennoch interessanten Job gehalten hatte, für den er letztlich ja auch eingestellt und vor allem hervorragend ausgebildet war – sondern weit mehr noch um die, die er jetzt tief in seinem Herzen und seiner Seele für die Menschen empfand, die mit ihm gegen diese gewaltigen Windmühlen kämpften, weil er erkannt hatte, welch aufrechte, mutige und selbstlose Charaktere sie waren, die jede Hilfe verdient hatten, die er ihnen geben konnte.
Und deshalb zögerte er jetzt nicht, sondern spürte, wie ihn wieder diese Ruhe befiel, die ihn stets ausfüllte, wenn es wirklich hart auf hart kam und ihm bisher immer den entscheidenden Vorteil gegenüber seinen Gegnern verschafft hatte.
Wieder vernahm er ein Geräusch. Erst ein Kratzen, als wenn etwas Scharfes über den Betonstein der Tunnelwände schabte, dann ein tiefes Brummen. Und es war nicht mehr weit entfernt. Irgendwo direkt hinter der nächsten Biegung, die keine drei Meter mehr vor ihm lag. Deutlicher Verwesungsgeruch stieg ihm in die Nase, ebenso der von frischem Blut. Peter umfasste seine MP fester, drückte sich gegen die linke Tunnelwand und schob sich langsam und geräuschlos bis zur Ecke vor. Wieder hörte er ein Schaben, dann ein Brummen, gefolgt von einer Art Hecheln. Damit gab es für Peter keinen Zweifel mehr, was ihn erwarten würde. Er befand sich jetzt direkt neben der Tunnelecke. Blitzschnell zuckte sein Kopf für den Bruchteil einer Sekunde herum, bevor er sich wieder fest an die Tunnelwand presste. Er hatte kaum etwas erkennen können. Etwas Dunkles, das offensichtlich am Boden lag, einen größeren Körper, der sich direkt dahinter befand. Vielleicht… Ebenso gut konnte aber auch nichts davon wirklich dort sein. Deshalb hatte er nur eine Wahl. Er schloss die Augen, atmete einmal tief durch, dann öffnete er seine Augen wieder, spannte seine Muskeln an und wirbelte in einer fließenden, kontrollierten Bewegung in den Gang hinein. Sein Finger am Abzug zuckte bereits, als er plötzlich erstarrte. Ja, da war ein Körper am Boden. Auch gab es frisches Blut, das aus einer großen, tiefen und sicherlich tödlichen Wunde zu Boden rann und feucht schimmerte. Offensichtlich hatte das Untier bereits ein weiteres Opfer gefunden, wenngleich Peter im ersten Moment nicht zu sagen vermochte, was es war. Doch die Bestie selbst, die er hinter dem toten Körper zu sehen geglaubt hatte, war nicht mehr da. Für einen Sekundenbruchteil war Peter unschlüssig, da um ihn herum alles totenstill war, dann machte er einen Schritt nach vorn, um zu sehen, was dort am Boden lag. Als er direkt davor hockte, erkannte er, dass der Körper von Fell bedeckt war und er war irgendwie froh, dass es kein Mensch war. Vorsichtig streckte er seine linke Hand aus.
Im selben Moment war ein tiefes Knurren zu hören und ein Schatten zuckte aus der Finsternis direkt auf ihn zu. Peter erschrak zutiefst und schrie auf, doch wurde sein Schrei bereits von dem lauten Brüllen übertönt, dass den Tunnel komplett einnahm.
*
Talea fuhr förmlich zusammen und erstarrte augenblicklich in ihrer Bewegung, als sie die unheimlichen Geräusche hörte, denn sie brauchte wahrlich nicht lange zu überlegen, wo sie herkamen. Es hörte sich an wie das Brüllen, das sie schon so gut kannte, wenngleich sie sich schon so oft gewünscht hatte, es niemals je vernommen zu haben. Außerdem glaubte sie einen menschlichen Schrei zu hören. Alles klang derart gespenstisch, dass ihr eine eiskalte Gänsehaut über den Rücken kroch. Sofort war ihr klar, dass sie Peter niemals hätte allein lassen dürfen. Instinktiv zuckte ihr Körper herum und sie machte einen Schritt in die entgegengesetzte Richtung.
„Nein!“ Francesca, die direkt neben ihr stand und ebenfalls zusammengezuckt war, ergriff ihren linken Arm und hielt sie fest. Als Talea sich zu ihr umwandte, fügte sie hinzu. „Du darfst nicht zurück!“ Sie wartete, bis die junge Frau sie direkt ansah. „Es hätte jetzt auch keinen Sinn mehr!“
Im ersten Moment schien es so, als wolle Talea der Alten an die Kehle springen. Francescas Blick war so hart und unerbittlich, dass sie fast hätte kotzen können. Doch als sie in die Augen ihrer Freundin blickte und dort den gleichen Schmerz angesichts der Geräusche und ihrer offensichtlichen Ursache erkennen konnte, wusste sie, dass Francesca jetzt nicht tat, was sie wollte, sondern das, was notwendig war.
Talea nickte wortlos und Francesca löste ihren Griff. Stumm und traurig machten sie sich wieder auf den Weg.