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DER STAUB

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Der Künstler sieht noch immer traurig aus, als er die Balkontür aufmacht und sich wieder setzt.

»Ich mag Irakisch-Kurdistan sehr«, sagt er. »Aber ich hätte mir nie vorgestellt, dass Kurden so altmodisch sein können. Für uns in Syrien war die Autonomieregion immer das Gelobte Land. Aber als wir dahin flüchten mussten, war es wie eine Reise in die Vergangenheit. Das war fast wie im Mittelalter gegen das Leben in den Städten Syriens.«

»Ja, zumindest in Hewlêr«, stimme ich ihm zu.

»In Silêmanî ist es etwas moderner, studentischer, da gibt es viel Kunst und Kultur. Und es ist die Stadt der Eselpartei«, erinnert der Künstler.

Wir lachen beide laut auf. »Oh, die hatte ich fast vergessen«, sage ich.

»Die Partei hat sich für Esel eingesetzt, weil Esel die einzigen waren, die den kurdischen Freiheitskampf aktiv und uneigennützig unterstützt haben. Das Manifest der Partei war sehr lustig. Bei Parteitagen durfte man die Türen nur mit einem Eselstritt öffnen und das Parteilied lautete ›Ihhh-Ahhh‹.«

»Eigentlich erstaunlich, dass die sich so viel Satire erlauben konnten«, werfe ich ein.

»Naja, Spaß ist auch in Irakisch-Kurdistan erlaubt.«

»Jaja, solange man Familie, Glaube und Sexualmoral ausklammert«, sage ich zynisch. »Ein falscher Witz und du bist tot.«

»Was willst du damit auch erreichen? Als ich so jung war wie du, dachte ich auch, dass Provokationen wirken. Aber nun bin ich erwachsen und sehe es realistischer.«

»Na, wohl eher fatalistischer. Willst du die Ewiggestrigen einfach duldsam aushalten? In Kurdistan hat sich die erste Hochkultur der Menschheitsgeschichte entwickelt. Und seither geht es gefühlt stetig bergab. Vielleicht sollte man die Leute da sogar eher Neugestrige nennen? Gibt es so ein Wort?«

»Nein, das gibt es bisher nicht, glaube ich. Aber es passt gerade auch zu vielen Menschen in Deutschland«, sagt die Studentin.

»Im Moment ist Irakisch-Kurdistan ja zumindest ziemlich sicher, nur etwas altmodisch«, sagt der Künstler.

»Hewlêr ist ja auch eine der am längsten durchgehend bewohnten Städte der Welt, da haftet halt der Staub alter Zeiten an den Gemäuern.«

»Ja, staubig ist es da auf jeden Fall in mehrfacher Hinsicht.«

Kafir

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