Читать книгу Wenn die Nacht wach ist - Ana Catarina Lopes - Страница 17
ОглавлениеJay
Was macht Mandy denn so lange im Bad? Geht es ihr vielleicht nicht gut? Fühlt sie sich schlecht? Sollte ich nach ihr schauen?
Aber wäre das dann nicht gegen ihre Privatsphäre? Aber?
Geht es dir gut?
Ich muss es sie einfach fragen und wenn es nur telepathisch ist, nur um mich zu beruhigen, aber Mandy antwortet nicht darauf.
Ich gehe zur Tür und klopfe dreimal daran. Auch dann ertönt keine Antwort von ihr. Mein Herz pocht schneller. >>Mandy, wenn du mir nicht antwortest, komme ich gleich rein. <<
>> Mir geht es gut. Lass mich nur noch ein kleines bisschen allein. Ich… ich bin gerade dabei… dabei mich so… mein neues… mein neues Ich zu… zu akzeptieren. << Ihre Antwort ist zittrig und überhaupt nicht beruhigend. Mandy weint. Sie weint wirklich und das plantschende Wasser hatte es bisher vertuscht. Was bin ich für ein Mann, wenn ich nicht mitbekomme, dass es ihr nicht gut geht?! Ich rutsche an der Tür bis auf den Boden. >>Mandy, bitte weine nicht. Du bist immer noch du selbst. Nicht hat sich in diesem Sinne verändert. Du bist immer noch du. Du hast jetzt nur noch ein paar mehr Fähigkeiten. << Aber das scheint ihr nicht zu helfen.
>>Und… und noch eine… eine weitere Schwäche… Onyx… ich werde nie mehr… nie wieder Onyx tragen können. <<
Ich runzle die Stirn und verstehe nun, dass das wohl das Fass zum Laufen gebracht hat. >>Den Ring deiner Großmutter trägst du auch jetzt und es beschränkt dich in keiner Hinsicht. Du kannst immer noch alles machen wie vorher. Du vergisst, dass du nicht so eingeschränkt bist wie ich. Du bist nicht nur eine Vampyr, sondern bleibst immer noch eine Hexe. <<, versuche ich sie zu beruhigen.
Ich stehe nur vor dieser beschissenen Badezimmertür und bin drauf und dran dort reinzugehen und Mandy in meine Arme zu legen. Sie ist mein ein und alles was für mich zählt und sie so zu hören, macht mich wahnsinnig! Zum Haare raufen. Am liebsten will ich mich schlagen, aber das wird ihr nicht helfen, sondern nur noch trauriger machen, als sie es bereits ist. Außerdem bringt Gewalt an sich selbst oder generell nur noch mehr Schmerz und es hilft nicht.
>>Aber wenn es…, wenn es nicht so... so bleibt? <<
Dieses Leid in ihrer Stimme ist mir zu viel! Die Tür ist nicht abgeschlossen, ergo muss ich die Tür nicht eintreten. Das hätten meine Eltern auch nicht so großartig gefunden. Überhaupt nicht.
Ich schließe meine Augen und gehe hinein. Ich brauche nicht meine Augen, um zu wissen, wo ich Mandy finden kann, außerdem will ich sie eigentlich schon, endlich in ihrer vollen Blüte sehen. Es wäre jedoch weder angemessen noch sinnvoll. Sie wäre nur geschockt oder schlimmer noch wirklich sauer gewesen, wenn ich diesen Augenblick der Schwäche genutzt hätte. Darum begnügte ich mich nur mit meinem Gehör und meiner Orientierung, damit ich zu ihr komme und meine Augen weiterhin geschlossen halte.
>>Mandy ich komme jetzt zu dir rein, aber meine Augen sind verschlossen. Übrigens möchte ich dir danken, dass du die Tür nicht abgeschlossen hast. Meine Eltern hätten es nicht begrüßt, wenn ich schon wieder eine Tür zertreten hätte. <<
>>Wie bitte? << Ihre Stimme ist jetzt fest, ich weiß nur nicht worauf genau sich ihre Empörung bezieht.
>>Was wie bitte? Ich habe letztens eine Tür zertreten als ich sauer gewesen bin, weil Liz mitten in einer Auseinandersetzung die Tür zugeknallt und abgeschlossen hat. Sagen wir mal so, meine Eltern haben mir meinen ersten und letzten Wutausbruch in unzulänglicher Länge verziehen und haben die Tür ersetzt. Sollte ich aber nochmal eine Tür zertreten wird meine Zimmertür abgenommen und an die jeweilige Stelle angebracht. Ist das nicht eine wunderbare Erziehungsmethode? Das liegt vor genau einhundert Jahren zurück. << Die Ablenkung hatte geholfen, auch wenn es die bittere Wahrheit ist.
>>Das meinte ich eigentlich nicht. <<, erwidert sie, bevor sie das Wasser zudreht und laut auflacht. Es ist stickig und neblig im Badezimmer. Frauen müssen wohl immer zu heiß duschen und das Badezimmer immer nebelig verlassen. Das ist vollkommen in Ordnung, damit kann ich leben.
>>Aber es ist gut zu wissen, dass du in dreihundert Jahren nur einen Wutausbruch mit einer Frau gehabt hast. Aber eigentlich wollte ich wissen, warum du überhaupt hier reingekommen bist. <<
>>Du sollst nicht weinen. <<, gestehe ich. Es bricht mir beinahe das Herz, wenn sie weint.
Es herrscht erst Stille. Keiner von uns sagt ein Wort auf mein Eingeständnis, dass ich sie habe weinen hören.
>>Ich habe zwar Tränen fließen lassen, aber das ist nichts Dramatisches. Weißt du, Frauen dürfen weinen. Es ist ganz natürlich. Es passiert eben hin und wieder. Ich habe manchmal solche Momente, in denen ich das nicht kontrollieren kann. Es ist eine Melancholie, die mich übermannt, aber jetzt ist alles wieder gut. <<, verspricht sie mir aus der Dusche heraus.
>>Sicher? <<
>>Ja. Ich bin mir sicher. Wärst du so lieb und würdest du dich jetzt umdrehen, damit ich aus der Dusche raus kann? <<
>>Das könnte ich machen. << Ich drehe mich dabei ein Stück zur Seite in dem Wissen, dass sie mich beim Verlassen der Dusche streifen muss. Ich halte noch immer meine Augen geschlossen. Ich spüre, wie sie aus der Dusche rauskommt und mich dabei streift. Dieses Streifen macht mich benommen. Ich brauche ihre Berührung wie eine Blume das Wasser und dabei bin ich nicht einmal ein Mann der Worte. Es fühlt sich wie ein Schock an, der mich erfasst und mich mit sich reißt. Ich reiße meine Augen auf und dabei tut sich mir der schönste Anblick meines Lebens. Ihr nackter Körper und wenn es auch nur die Kehrseite ist, es fühlt sich so an, als hätte ich nie eine nackte Frau in meinem Leben gesehen, ich kann mich auch an keine andere als Mandy erinnern. Sie dreht kurz ihren Kopf nach hinten, um zu sehen, ob ich mich an meine Abmachung halte und muss dabei verdutzt feststellen, dass ich sie anschmachte, lüstern betrachte. Was für ein Lustmolch bin ich nur geworden.
>>Also wirklich?!!<< Sie stemmt die Fäuste in die perfekten Hüften und macht es mir dabei unbewusst ein wenig schwerer.
>>Atemberaubend schön! <<, hauche ich, weil mir wirklich nichts anderes einfällt und es nichts als die nackte Wahrheit ist.
>>Und dabei hast du nur die Kehrseite gesehen, aber dreh dich jetzt wirklich um! Bitte. << Ihr Ton ist erschöpft.
Ich schaue sie nochmal an und seufze traurig. >>Na gut. Ich dreh mich um, aber du musst wissen, dass nicht jeder deine Gedanken lesen kann. Es hängt damit zusammen, dass du deine Gedanken projizierst. Du hast eine starke Aura und Präsenz, die deine Gedanken nicht durchgängig passieren lässt. Man schnappt nur vereinzelt einige Gedanken heraus und dass auch nur wenn man sich anstrengt. <<
>>Sollte mich das beruhigen? <<, fragt sie irritiert.
Ich lache auf. >>Eigentlich schon. << Auch wenn ich mit geschlossenen Augen im Badezimmer stehe, kriege ich alles mit als würde ich alles mit offenen Augen erblicken.
Nachdem Mandy sich mit einem Handtuch abgetrocknet und das Kleid und die Unterwäsche angezogen hatte, die Jen und Liz ihr gebracht hatten, dreht sie sich zurück zu mir und gibt mir einen Kuss auf die Wange. Wohl als Dankeschön gedacht und ich grinse, während ich die Augen öffne.
>>Also du warst ziemlich artig. <<, meint sie mit einem schelmischen Grinsen in den Augen.
>>Listiges kleines Ding. << Damit lege ich die Arme um Mandy herum, ziehe dabei ihren Kopf zu meinem Mund. Wie sehr ich diesen Mund liebe und küsse sie leidenschaftlich.
Es ist noch genügend Zeit für ein Schäferstündchen. Zwei volle Stunden wollen genutzt werden.
Was konnte man da schon alles in zwei Stunden anstellen? Mehr als genug Unsinn haben wir beide ganz bestimmt im Kopf.
Mandy hätte das Kleid anziehen sollen, weil ich es ihr jetzt ganz bestimmt in den nächsten Minuten ausziehen werde. Ich intensiviere den Kuss und werde mit einem Stöhnen von ihr belohnt. Mhm. Das Leben kann auch so gut zu mir sein. Sie hat mir vom ersten Moment an den Kopf verdreht und jetzt liebe ich sie nur umso mehr. Ich hebe sie hoch und sie verschränkt ihre Beine um mich. Küssend bringe ich sie zurück in mein Zimmer, in dem wir hoffentlich in der nächsten Stunde nicht gestört werden.