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Die napoleonische Kontinental­sperre (1803–1813) Die Schweiz im globalen Wirtschaftskrieg

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Die napoleonischen Kriege kosteten nicht nur Millionen Menschen das Leben, die Zeit der napoleonischen Herrschaft war auch ein über Jahre andauernder Wirtschaftskrieg, insbesondere gegen England, der den europäischen Kontinent verarmen liess. Während zehn Jahren hatten nach der Französischen Revolution 1789 in Frankreich bürgerkriegsähnliche Zustände geherrscht, sodass die Herrschaft Napoleons in der Geschichtsschreibung oft in positivem Licht erscheint. Napoleon trat 1799 als einer von drei Konsuln an die Spitze Frankreichs, 1804 liess er sich zum Kaiser krönen, 1815 verbannten ihn die Alliierten auf die britische Insel Elba.

Während die einstmalige Wirtschaftsmacht Frankreich im 18. Jahrhundert unter dem Sonnenkönig Ludwig XIV. und seinen Nachfolgern stagnierte und Staatsschulden anhäufte, hatten sich England und die Niederlande in der Neuen Welt, in Amerika und Asien, ein Imperium aufgebaut. Die Schweiz und manche deutsche Regionen profitierten wirtschaftlich von dieser politischen Expansion, indem sie mit dem Handel und der industriellen Verarbeitung von Kolonialwaren zu Wohlstand gelangten. Dies war bereits der Führungselite Frankreichs während der Revolution ein Dorn im Auge gewesen. Nach seiner Machtübernahme machte sich Napoleon als Erstes daran, der wirtschaftlichen Übermacht Englands entgegenzuwirken. Die Vormacht der Niederlande brach Napoleon, indem er es einfach annektierte und seinen Bruder Louis als König der Niederlande einsetzte. Von den restlichen Ländern auf dem europäischen Kontinent verlangte Napoleon, dass sie in einem sogenannten «système continental» jeglichen Kontakt mit England abbrachen. Nicht nur die Einfuhr englischer Ware war verboten, kein Engländer sollte mehr einen Fuss auf den Kontinent setzen. Napoleon war sich im Klaren, dass er nicht die militärischen Mittel hatte, um die überseeischen Kolonien der Engländer und Holländer zu erobern. Nach der Annexion der Niederlande versuchte er daher, die Handelsströme aus den Kolonien sowie den gerade erst unabhängig gewordenen Vereinigten Staaten von Amerika nach England zu kappen. Dass die Kontinentalsperre für Millionen von Einwohnern in Europa die Verarmung bedeuten würde, nahm Napoleon hin, opferte er doch gleichzeitig Hunderttausende Soldaten in Feldzügen. Von der Schweiz hielt Napoleon ohnehin nicht viel, bereits 1802 beschied er Schweizer Gesandten: «Vous ne pouvez avoir de grandes finances. Vous êtes un pays pauvre.» Den beschlagnahmten Berner Staatsschatz benutzte er trotzdem gerne für seinen Ägyptenfeldzug und ebenso fügte er, nachdem er 1804 Kaiser geworden war, seiner Titulatur 1806 offiziell den Titel «Médiateur de la Confédération suisse» hinzu. 1810, nach dem Frieden von Wien, nannte Napoleon sich zudem noch «Herr von Rhäzüns», da die Österreicher ihm die Herrschaft und Schloss Rhäzüns abgetreten hatten.

Die Briten verstanden ihren Sieg in der Seeschlacht von Trafalgar 1805 zu nutzen. Die britischen Seestreitkräfte konnten Frankreich von dessen Überseekolonien komplett abschneiden. Die Briten kontrollierten fortan auch neutrale Schiffe, konnten sich auf See vor Freibeutern schützen, und so erschloss die britische Handelsflotte als Folge der Kontinentalsperre erst recht neue Überseemärkte. Das Binnenland Schweiz zog im Fahrwasser Grossbritanniens mit. So zeichnete sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts die starke, künftige geopolitische und wirtschaftliche Rolle Grossbritanniens ab. Und dies, obwohl Napoleons Frankreich auf dem Kontinent als Grossmacht zunächst unbesiegbar schien. In der Schweiz, die nach der Helvetik und der Mediation von 1803 einen tiefgreifenden politischen Umbruch durchlief, hatte nun die Stunde der kantonalen kaufmännischen Direktorien geschlagen. Das Staatswesen der Alten Eidgenossenschaft war aufgelöst worden, und ab 1798 wurden der Schweiz laufend neue staatliche Organisationsformen oberflächlich übergestülpt. Währenddessen existierten jedoch kaufmännische Organisationen wie etwa das kaufmännische Directorium St. Gallen weiter und reagierten auf die Anliegen der Schweizer Kaufleute und der Industrie. 1798 blieben zwar nur die Handelskammern St. Gallen und Zürich offiziell bestehen, in den anderen Orten bildeten sich aber sogleich neue Kammern. Faktisch beaufsichtigten die kantonalen Handelskammern die Schmuggeltätigkeit der Kaufleute, während der Vorort Bern mit dem Berner Landammann Niklaus Rudolf von Wattenwyl als Vorsitzender der eidgenössischen Tagsatzung den französischen Botschafter in der Schweiz zu besänftigen suchte und über die Senkung von Zöllen verhandelte. Obwohl Napoleon gegen die Schweiz laufend Zollerhöhungen und Einfuhrbeschränkungen aussprach und Frankreich schliesslich, nachdem es während drei Jahrhunderten wichtigster Handelspartner der Schweiz gewesen war, de jure als Absatzmarkt wegfiel, wurde die Schweiz de facto zur Rohstoffdrehscheibe des Kontinents. Dass sich die Schweizer Kaufleute nicht an die Kontinentalsperre hielten, ärgerte den französischen Botschafter in der Schweiz ausserordentlich, er nannte sie «contrebande» und «fraudulent», Schmuggler und Betrüger. Gleichzeitig aber hob Napoleon ein 8000 Mann umfassendes Söldnerheer in der Schweiz aus, dessen letzte Überlebende beim Russlandfeldzug 1812 die Brücken über den Fluss Beresina in Weissrussland hielten. Das seit dem Ewigen Frieden von 1516 fragile Gleichgewicht zwischen Frankreich und der Schweiz – französische Handelsprivilegien gegen Söldner – hing trotz des Einsatzes der Schweizer an der Beresina buchstäblich am rohseidenen Faden. Im Fürstentum Neuenburg, das in einer rechtlich bizarren Doppelstellung sowohl zur Eidgenossenschaft wie auch zu Preussen gehörte, mussten 1810 britische Waren verbrannt werden. Damit war der Tiefpunkt der Kontinentalsperre erreicht.

Schon vor der Einsetzung der Kontinentalsperre war die Eidgenossenschaft von den protektionistischen Massnahmen Frankreichs betroffen. Im Oktober 1803 setzte der Wirtschaftskrieg jedoch richtig ein, indem Frankreich Importe von Baumwollwaren aus der Schweiz durch hohe Zölle erschwerte. Im Februar 1806 verbot Frankreich den Import von Baumwollwaren sowie den Transit schweizerischer Manufakturprodukte nach Spanien komplett. 1804 untersagte Napoleon den Export von Hanf und Flachs aus Belgien und dem Elsass in die Schweiz, 1805 denjenigen von piemontesischer Rohseide. Unter aussenpolitischem Druck übernahm die Tagsatzung im Juli 1806 das Importverbot für britische Handelsgüter. Einzig die Einfuhr von Maschinengarn, dem Basisprodukt der schweizerischen Textilfabrikation, war mit Billigung der französischen Regierung weiterhin möglich. Der Vollzug wurde den Grenzkantonen übertragen und der Handelsverkehr an der Nord- und Ostgrenze auf 13 Zollstationen beschränkt. Die für das Fortbestehen der Textilindustrie entscheidende, rohe Baumwolle gelangte in den folgenden Jahren praktisch nur noch aus der Levante, etwa aus Ägypten, in die Schweiz.

Mit dem Dekret von Trianon im August 1810 wurden sämtliche Kolonialwaren – ausgenommen der französischen – mit einem Zoll von bis zu fünfzig Prozent ihres Werts belastet. Sondergerichte wurden eingesetzt, um den Schmuggel zu bekämpfen. Napoleons Inspektoren erstellten schwarze Listen der Schweizer Unternehmen, die angeblich schmuggelten, und wollten deren Warenlager konfiszieren. Den Grenzstaaten befahl man, gegenüber der Schweiz eine vollständige Sperre einzurichten. Die Konfiskation von Kolonialwaren und britischen Manufakturprodukten und ein von Italien, Baden, Württemberg und Bayern verhängtes Exportverbot von Kolonialwaren und levantinischer Baumwolle in die Schweiz führten in der Ostschweiz zu Arbeitslosigkeit und trieben Handelshäuser in Basel und Zürich in den Ruin. Italienische Truppen besetzten im Oktober 1810 mit der Billigung Napoleons und unter dem Vorwand der Bekämpfung von Schmuggelumtrieben das Tessin. Landamman von Wattenwyl erreichte mittels eines dringlichen Appells, in dem er auf die prekäre wirtschaftliche Lage der Kantone hinwies, dass Napoleon Ende Dezember 1810 den Import von levantinischer Baumwolle wieder zuliess und die Rheinbundstaaten 1811 ihre Transitsperre aufhoben. Bis zur Völkerschlacht von Leipzig 1813 und dem Ende der napoleonischen Herrschaft gab es in der Schweiz Bankrotte, Hunger, Arbeitslosigkeit. Der Niedergang der Stickereiindustrie war absehbar.

Auf globaler Ebene vollzog sich zur Zeit der Kontinentalsperre ein tiefgreifender Wandel: nicht nur bezüglich der Beschaffenheit des Welthandels, sondern auch der Ideen, die das Weltbild der europäischen Bevölkerung prägten – was wiederum den Welthandel beeinflusste. 1807, mitten im napoleonischen Handelskrieg, verfügte das britische Parlament das Verbot des transatlantischen Sklavenhandels. Damit nahm der Dreieckshandel, die Grundstruktur des Welthandels im 18. Jahrhundert, ein Ende. Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts galten Sklaven als Kolonialware, ähnlich wie Baumwolle, Rohrzucker, Tee, Gewürze oder Tabak. Mit der sogenannten Abolition von 1807 wurden Sklaven zu Menschen. Die Arbeitsbedingungen, unter welchen Kolonialprodukte hergestellt wurden, ja überhaupt die Lebensbedingungen von Menschen in Übersee drangen ins Bewusstsein der Bevölkerung Europas. Der Genfer Philosoph Jean-Jacques Rousseau, Sohn eines hugenottischen Uhrmachers, hatte sich bereits im 18. Jahrhundert scharf gegen die Sklaverei ausgesprochen und mit seiner Philosophie auch die Französische Revolution vorgespurt. Nun, zu Beginn des 19. Jahrhunderts, floss die von Rousseau und anderen Philosophen vorgedachte Aufklärung in konkrete Gesetze ein, die den Welthandel in eine andere Richtung lenkten.

Napoleon setzt Schweizer Kaufleute auf eine schwarze Liste. Brief des französischen Gesandten Rouyer an die eidgenössische Tagsatzung, 11. Oktober 1810

Monsieur le Landamman,

Sa Majesté l’Empereur a reçu de nouveaux renseignements sur les nombreuses expéditions de marchandises anglaises et de denrées coloniales qu’on dirige habituellement sur la Suisse. Tous les capitalistes anglais qui avaient par eux-mêmes ou par leurs correspondants des entrepôts dans les villes hanséatiques, dans le Holstein, en Hollande et dans plusieurs parties de l’Allemagne, se sont efforcés de transporter en Helvétie leurs magasins, depuis que partout ailleurs des tarifs ou des lois prohibitifs sont uniformément établis. Toutes les routes d’Allemagne sont encombrées de ces marchandises, qu’on fait passer en Suisse, et les expéditionnaires vont jusqu’à doubler et tripler les prix de transport pour augmenter le nombre des envois.

On a particulièrement remarqué que les cotons d’Amérique, les «Twists» ou «Fils de coton» débarqués dans les premiers mois de cette année ou jetés en contrebande sur les côtes de la Baltique, ont été successivement dirigés vers la Suisse, que les commissionnaires établis dans les principales villes d’Allemagne, craignant le séquestre des marchandises de fabriques anglaises et des denrées coloniales, font prendre la même direction à celles qu’ils avaient déjà dans leurs magasins, qu’ils les adressent principalement à Bâle, Berne, Zurich, Winterthour et Schaffhouse. La maison des frères Mérian de Bâle s’occupe avec plus d’activité que toutes autres de ces expéditions. Je joins ici la liste qui m’a été envoyée par mon gouvernement, des négociants suisses auxquels des envois de coton anglais, de marchandises et denrées coloniales continuent d’être habituellement expédiés par leurs correspondants d’Allemagne, surtout par ceux de Leipzig et de Francfort. Toutes ces marchandises ne proviennent pas de prises faites par les corsaires et de ventes de cargaisons confisquées. On regarde la plupart de ces expéditions comme le résultat d’un concert frauduleux entre les négociants, et ceux-ci recueillent en dernier résultat les principaux avantages de cette contrebande, qui se fait en Suisse avec plus d’activité que partout ailleurs, quoi qu’elle y soit prohibée par les lois.

Il n’est pas possible que cet ordre de choses subsiste plus longtemps. La Suisse doit marcher dans le sens des pays qui l’environnent, et les mêmes mesures doivent y être mises à exécution.

[…]

Agréez, Monsieur le Landamman, etc.

Le chargé d’affaires de France en Suisse, Rouyer

Schweizer Kaufleute hatten sich im 18. Jahrhundert in ähnlichem Masse wie andere europäische Handelsleute an sogenannten «négriers» beteiligt. Dies waren Schiffe, die mit Waffen, Textilien und Schmuck beladen nach Westafrika fuhren, die europäischen Waren gegen Sklaven tauschten, die Sklaven nach Amerika transportierten und sie dort gegen Rohstoffe, insbesondere Baumwolle, eintauschten. In der wirtschaftshistorischen Forschung wurde in den vergangenen Jahrzehnten debattiert, ob der Dreieckshandel die industrielle Revolution in Europa und damit erst recht in der Schweiz, einem sehr früh sehr stark industrialisierten Land, überhaupt erst ermöglicht habe. Die jüngste Forschung macht allerdings die technologische Innovation als Haupttriebfeder der industriellen Revolution aus und beziffert Investitionen mit Gewinnen aus dem Dreieckshandel mit lediglich 15 Prozent. Zudem sei mit der Entwicklung der neuen technologischen und wissenschaftlichen Errungenschaften auch die Entwicklung eines neuen Menschen- und Weltbildes einhergegangen. Dieses neue Menschen-und Weltbild sah Freiheit und gleiche Rechte für alle Menschen vor und räumte dem einfachen Mann eine ganz neue Bedeutung ein. Der Metzger, der Bäcker oder der Bierbrauer würden die Menschheit wie von einer unsichtbaren Hand geleitet mit Fleisch, Brot und Bier versorgen, stellte der schottische Philosoph Adam Smith am Ende des 18. Jahrhunderts fest. Während Napoleon versuchte, sich mit Gewalt ganz Europa untertan zu machen, begann mit der Abolition des Sklavenhandels gleichzeitig eine neue Ära des Welthandels. Mit Haiti, wo die militärische Intervention Napoleons zuerst noch einer halben Million Menschen das Leben gekostet hatte, erklärte sich 1804 erstmals eine Nation für unabhängig, die aus ehemaligen Sklaven bestand. Gemäss dem sich langsam durchsetzenden, aufklärerischen Gedankengut sollte nicht nur der Handel mit Menschen verboten werden, alle Menschen sollten auch frei handeln können.

Während Gelehrte in England und Schottland die Theorie des Freihandels und der freien Marktwirtschaft entwickelten, praktizierten Schweizer Kaufleute und Handelsgremien den Freihandel sowohl im modernen wie auch im mittelalterlichen Sinne. Bis zum Ende der napoleonischen Kontinentalsperre handelten die Schweizer Kaufleute im wahrsten mittelalterlichen Sinne «frei», nämlich ausserhalb der von Napoleon diktatorisch erklärten Handelssperren, als Schmuggler. Danach konnte die Eidgenossenschaft ihre Aussenwirtschaftspolitik wieder souverän gestalten. Mit der Mediationsverfassung von 1803 bekam die Tagsatzung auch das Recht, Handelsverträge mit anderen Ländern abzuschliessen. Im Dezember 1813 gab sich die Schweiz erstmals einen eigenen Grenzzolltarif, hauptsächlich, um geringe Steuern zu erheben. Dieser hielt aber nur gerade acht Monate. Gegen ihn hatte sich eine Volksbewegung gerichtet, an deren Spitze das kaufmännische Directorium St. Gallen stand. Es wollte für Rohbaumwolle gar keine Zölle bezahlen und fühlte sich stark genug, auch gegen englische Manufakturkonkurrenzprodukte zu bestehen. Als die europäischen Grossmächte am Wiener Kongress 1815 ein weiteres Mal die Souveränität der Schweiz bestätigten, war diese eine Insel des modernsten Freihandels in Europa. Die Tagsatzung erhob lediglich einen «Grenzbatzen» auf maschinengesponnenes Baumwollgarn und Tücher, der so tief war, dass er keine abschottende Wirkung entfalten konnte.

Während der lang andauernden Kontinentalsperre wurden jedoch bedeutende Weichen für die Schweizer Wirtschaft gestellt. Gezwungenermassen erschlossen Schweizer Kaufleute neue Absatzmärkte ausserhalb Europas, zunächst hauptsächlich in den noch jungen USA. Diese globale aussenwirtschaftliche Ausrichtung machte die Schweiz für die nächsten zwei Jahrhunderte zum Land mit dem europaweit höchsten Pro-Kopf-Export sowie den höchsten Direktinvestitionen ausserhalb Europas, insbesondere auch in Ländern des Südens. Auch die Binnenwirtschaft, die schweizerische Textilindustrie, erhielt durch den Wirtschaftskrieg neue Impulse. Der Ausschluss der britischen Konkurrenz vom kontinentalen Markt förderte die Entwicklung der mechanischen Baumwollspinnerei in der Schweiz. 1808 setzte eine Gründungswelle ein, welche die Anzahl Betriebe mit mechanischer Spinnerei im Kanton Zürich bis 1814 auf 60, im Kanton St. Gallen auf 17, im Appenzellerland auf 7 ansteigen liess. Sich am britischen Vorbild orientierende Unternehmer wie Johann Caspar Zellweger im appenzellischen Trogen oder Hans Caspar Escher in Zürich fanden trotz der französischen Handelshemmnisse in Deutschland neue Absatzmärkte und erzielten während der Kriegskonjunktur hohe Gewinne. Gleichzeitig verzögerte die Kontinentalsperre den völligen Niedergang der Handspinnerei.

Nach dem Sturz Napoleons und der Aufhebung der Kontinentalsperre überfluteten billige, britische Baumwollwaren den Kontinent und lösten in der Eidgenossenschaft, die sich nicht durch Zölle schützte, 1816/17 eine schwere Wirtschaftskrise aus, die gleichzeitig mit dem Jahr ohne Sommer auch eine schwere Hungerkrise war. Die napoleonischen Kriege waren vorbei, aber der Protektionismus der europäischen Staaten ging auch nach dem Wiener Kongress 1815 ungebrochen weiter. In den 1820er-Jahren befand sich die Schweizer Wirtschaft in bedrohlichem Zustand, nur Deutschland, Skandinavien sowie Mittel- und Süditalien standen dem Schweizer Export offen. Der Druck der Söldnerverfügbarkeit hatte kaum noch Bedeutung. Zudem fiel der Sold unter die Kompetenz der Kantone, Handelsverträge unter die Kompetenz der Tagsatzung.


Die 1801 / 02 erbaute, erste mechanische Spinnerei der Schweiz in der Hard in Winterthur, um 1820.

Der Merkantilismus war zwar mit Napoleon verbannt worden, doch nun übten sich die europäischen Mächte im moderneren Protektionismus. Wiederum zahlten sie dafür die Zeche. Bereits 1820 hatte die Schweiz Spanien, die grosse Kolonialmacht der Frühen Neuzeit, punkto Handelsvolumen überholt, ebenso Belgien und Österreich. Hinter England war die Schweiz führend in mechanischer Baumwollspinnerei. 1827 verzeichnete allein der Kanton Zürich über hundert Spinnereien, die rund 5000 Arbeiterinnen und Arbeiter beschäftigten. Die Erfahrungen während der Kontinentalsperre prägten die Schweizer Wirtschaft und machten sie zum Global Player sowie politisch skeptisch gegenüber den europäischen Grossmächten. Gleichzeitig wurde die Schweiz dank französischer Denker im Exil ein «hub» der liberalen Ideen. Die Idee des freien Bürgers und seiner Tugenden ist untrennbar mit der Idee des Unternehmers und der freien Marktwirtschaft verknüpft. Doch die Schweizer Exportindustrie sah sich ab 1834 wieder vermehrt mit erneutem Protektionismus konfrontiert. Diesmal durch den Deutschen Zollverein, der sich schnell ausdehnte und bald schon auch die süddeutschen Königreiche und Fürstentümer umfasste. Damit verlor besonders die Nordschweiz einen zentralen Absatzmarkt. Die Wirtschaft war existenziell bedroht. Doch statt dem Deutschen Zollverein beizutreten, forderten liberale Kräfte die Schaffung eines eidgenössischen Wirtschaftsraums zur Kompensation der entstandenen Nachteile.

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