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Vorwort

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Im Jahr 2020 hätte Economiesuisse, der weltweit älteste nationale Unternehmerverband, sein 150-Jahre-Jubiläum gefeiert. Doch aufgrund der Corona-Krise mussten alle geplanten Jubiläumsaktivitäten auf das nachfolgende Jahr verschoben werden. Entweder war das Risiko von weiteren Ansteckungen mit dem Virus zu hoch oder grössere Veranstaltungen waren zeitweise gar nicht mehr erlaubt. Trotzdem lohnt es sich, kurz innezuhalten und uns zu besinnen, wie die Schweizer Unternehmen bisher auf Krisen reagiert und diese mit freiheitlichem Unternehmertum gemeistert haben.

Die Gründung unseres Verbands erfolgte am 12. März 1870 im Hinblick auf die Totalrevision der Verfassung des noch jungen Schweizerischen Bundesstaates. Exponenten der kantonalen Handelskammern gründeten einen nationalen Verein, um die Anliegen der Unternehmen vertreten zu können. Als ein europaweites Novum schrieb sich die Schweiz die freie Marktwirtschaft in die Verfassung von 1874. Die «Handels- und Gewerbefreiheit», so der etwas sperrige Ausdruck, sollte auf dem gesamten Gebiet der Eidgenossenschaft gelten. Allerdings legte unsere damalige Verfassung auch fest, dass die freie Marktwirtschaft in Notzeiten, zum Beispiel bei «Epidemien und Viehseuchen» (Art. 31b), eingeschränkt werden darf. Genau das haben wir in den vergangenen zwölf Monaten erlebt.

Während wir in «unserem» Jubiläumsjahr also einer Pandemie gegenüberstanden, fiel das 75-Jahre-Jubiläum auf den 12. März 1945, als der Zweite Weltkrieg noch in vollem Gange war. Als der Verband nach Kriegsende im September 1945 dem Jubiläum gedachte, lag Europa in Trümmern. Zum 100-jährigen Bestehen 1970 durfte der Verband hingegen auf ein bisher nie gesehenes Wirtschaftswachstum, das «Wirtschaftswunder», in ganz Europa zurückblicken.

Zum 150-Jahre-Jubiläum im Jahr 2020 dürfen wir aufgrund der aktuellen Pandemie mit Dankbarkeit feststellen: Die Schweiz funktioniert. Die oft als schwerfällig belächelte Vereins- und Verbandskultur des Landes hat sich in der Corona-Krise als konstruktive Kraft erwiesen. Allein im Bereich Wirtschafts- und Berufsverbände gibt es heute – arbeitgeber- und arbeitnehmerseitig – mehr als 1700 Organisationen, die für ihre Mitglieder praxistaugliche Lösungen ausarbeiten. Als Wirtschaftsdachverband repräsentiert Economiesuisse auf nationaler Ebene 20 kantonale Handelskammern, rund 100 Branchenverbände und rund 100 000 Unternehmen mit rund zwei Millionen Arbeitsplätzen in der Schweiz und nochmals über 2,1 Millionen Arbeitsplätzen im Ausland, viele davon im globalen Süden.

Die Schweiz ist nicht nur in Europa, sondern global stark vernetzt. Langfristige Investitionen, Know-how-Transfer und die Zusammenarbeit mit Menschen aus allen Kulturen der Welt sind für die Schweizer Unternehmen seit dem 19. Jahrhundert gelebter Alltag. Unsere offene Volkswirtschaft stand seit jeher im Austausch mit der Welt. Schweizer Kaufleute zogen nach Asien, Lateinamerika und Afrika, während Menschen aus aller Welt in der Schweiz eine neue Heimat fanden.

Doch Jubiläen sind verführerisch, sie verleiten zu Mythen und Legendenbildung. Das wollten wir nie, wenn wir 150 Jahre Economiesuisse feiern. Eine von Selbstbeweihräucherung durchströmte Nabelschau unseres Verbands hätte uns zutiefst widerstrebt. Nicht Eitelkeit hat uns angetrieben, sondern Neugier: Was offenbart uns ein kritischer, wissenschaftlich geschärfter Blick in die Archive? Was lehrt uns die Geschichte der Wirtschaftspolitik unseres Landes? Und vor allem: Welche Erfahrungen in der Vergangenheit können uns Orientierung geben in einer unsicheren Gegenwart?

Es freut uns, dass die Basler Wirtschaftshistorikerin Andrea Franc die Entwicklung der Schweizer Wirtschaftspolitik von der napoleonischen Kontinentalsperre bis zu Trumps America-First-Politik und die Rolle von Economiesuisse in dieser Entwicklung aufgearbeitet hat. In minutiöser Kleinarbeit hat sie die Archive des Verbands durchforstet und ihre Erkenntnisse zusammenfassend in den Kontext politischer und wirtschaftlicher Ereignisse in der Schweiz der vergangenen 200 Jahren gestellt.

Wir wünschen uns mit diesem Buch, dass Sie, liebe Leserinnen und Leser, durch den Unternehmermut unserer Vorfahren inspiriert werden und mit Tatkraft die anstehenden Herausforderungen meistern.

Zürich, im Februar 2021

Christoph Mäder, Präsident Economiesuisse

Monika Rühl, Vorsitzende der Geschäftsleitung Economiesuisse

Im Austausch mit der Welt

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