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c) Zweckübertragungstheorie

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Im Rahmen des Urhebervertragsrechts kommt es häufig vor, dass bei der Einräumung der Nutzungsrechte die einzelnen Modalitäten, Art, Inhalt und Umfang im Einzelnen nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet sind. Für diese Fälle gibt § 31 V UrhG eine äußerst bedeutsame Auslegungsregel, die der von der Rechtsprechung entwickelten sog. Zweckübertragungstheorie entspricht. Danach ist der von beiden Partnern zugrunde gelegte Vertragszweck maßgebend dafür, ob ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt, ob es sich um ein einfaches oder um ein ausschließliches handelt, wie weit Nutzungsrecht und Verbotsrecht reichen und welchen Einschränkungen das Nutzungsrecht unterliegt. Aus § 31 V UrhG ergibt sich somit folgender Grundsatz: Ist ein Nutzungsrecht zu Gunsten eines Dritten weder ausdrücklich im Einzelnen bezeichnet noch aus dem von den Parteien zugrunde gelegten Vertragszweck ableitbar, so verbleibt es bei dem Urheber. Kurzum: Das Prinzip bei der Einräumung von Nutzungsrechten lautet: im Zweifel für den Urheber.

Beispiel:

Gehen wir zu dem Fall des selbstständigen Grafik-Designers (D) zurück (Rn. 136), der im Auftrag eines Unternehmens (U) einen Plakatentwurf für X € gefertigt hat. Weiteres war nicht vereinbart.

Nach § 31 V UrhG richtet sich der Umfang des Nutzungsrechts nach dem von seinen Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck, hier: Verwendung des Entwurfs für die Plakatwerbung. U darf den Entwurf des D für Plakate vervielfältigen und verbreiten; hierfür hat er den D schließlich ja auch honoriert. U darf den Entwurf jedoch nicht für andere Zwecke benutzen, also etwa nicht für Werbeprospekte, Display-Material, Warenpackungen oder gar – evtl. Teile aus dem Plakat – als Firmenzeichen.

Was für die Übertragung von Nutzungsrechten generell gilt, gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Urheber das Werk in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis geschaffen hat (§ 43 UrhG). Diesbezügliche Fälle sind in der Praxis recht häufig und deswegen oft problematisch, weil sich in den Dienstverträgen (bzw. im Rahmen der Ernennung) keine Festlegungen über urheberrechtliche Nutzungsrechte zugunsten des Dienstherrn befinden. Hierzu ein Beispiel aus dem Gebiet der Werke der Baukunst:

Beispiel:

Architekt A, Baurat des Bundeslandes N, entwarf für das N-Landesamt für Straßenbau, bei dem er arbeitete, eine Lärmschutzwand, die dann entlang einer Autobahn im Land N gebaut wurde. Einige Zeit später wurde im Land H an einer dort verlaufenden Autobahn eine Lärmschutzwand, die mit der des A identisch war, errichtet. A verlangte vom Land H Schadenersatz wegen Urheberrechtsverletzung (§ 97 II UrhG). Der BGH sah bei der Lärmschutzwand die Voraussetzungen der persönlichen geistigen Schöpfung (§ 2 II UrhG) als erfüllt an und bewertete diese dementsprechend als Werk der Baukunst (§ 2 I Ziff. 4 UrhG). Urheber dieses Werkes war A als dessen Schöpfer (§7UrhG). Da im Rahmen der beamtenrechtlichen Ernennung keine Festlegungen über Inhalt und Umfang urheberrechtlicher Nutzungsbefugnisse zugunsten des Landes N erfolgten, gilt auch hier im Beamtenverhältnis (wie auch im Arbeitsverhältnis) gem. § 43 UrhG nach § 31 V UrhG die Zweckübertragungstheorie, wonach es auf den dem Dienstverhältnis zugrunde gelegten Zweck ankommt. Dieser besteht hier darin, so der BGH, dass A seinem Dienstherrn, also dem Land N, das Nutzungsrecht einräumt, seine, des A, Entwürfe für den Bau von Lärmschutzwänden an Straßen und Autobahnen im Landesgebiet von N zu verwenden. Es kann nicht angenommen werden, dass A stillschweigend seine Zustimmung gegeben hat, dass sein Dienstherr anderen Bundesländern Unterlizenzen zum Bau der Lärmschutzwände des A gewährt oder diesen Ländern Nutzungsrechte, die sich vom Urheberrecht des A ableiten, einräumt oder überträgt (BGH vom 12.5.10, Az. I ZR 209/07). Die Schadenersatzforderung des A war berechtigt.

Vgl. Fall 4.

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