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Wojtek Czyz oder Auf einem Bein kann man doch stehen!

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In der heutigen Zeit wird man im Sekundentakt mit Nachrichten aus aller Welt konfrontiert. Manche machen uns betroffen, andere rauschen einfach so an uns vorbei. Es gehört, glaube ich, zur normalen individuellen Überlebensstrategie, nicht alle schrecklichen und oft auch schicksalshaften Geschehnisse zu nah an sich heranzulassen. Und trotzdem geschieht es immer wieder. Natürlich wenn man einen persönlichen Bezug hat. Aber manchmal eben auch, ohne dass man es erklären könnte, sondern einfach so. Dann fällt die Nachricht nicht durch unser sehr durchlässiges Sieb. Es bleibt etwas hängen und man beschäftigt sich intensiver mit der »Katastrophe«.

So erging es mir als, ich im Sommer 2002 von der Tragödie rund um den jungen Fußballspieler Wojtek Czyz erfuhr. Ein junges Talent auf dem Weg zum Profi wird durch Verkettung unglücklichster Umstände aus der erträumten Bahn geworfen. Ein Sportler weiß, dass es zu Verletzungen kommen kann. Um sich das Kreuzband zu reißen, müssen allerdings schon einige Dinge zusammenkommen. Zusammengefasst: Das Bein steht im falschen Moment am falschen Ort oder zumindest im falschen Winkel. Kommt jetzt noch Druck von vorne oder hinten auf das Bein, reißen diese ansonsten so strapazierfähigen Bänder leider. Viele hatten diese Verletzung schon oder kennen zumindest jemanden, der sie hatte. Nach 6 bis 9 Monaten ist die Rehabilitation allerdings normalerweise abgeschlossen und man kann, dank heutiger Operationstechniken, wieder voll angreifen. NORMALERWEISE …

Welche dramatischen Umstände dazu geführt haben, dass es bei Wojtek anders lief, wird er in seinem Buch selber beschreiben. Da ich 1996 ebenfalls einen Kreuzbandriss erlitten, bei der Nachversorgung allerdings mehr Glück hatte, war ich irgendwie betroffen. Ich versuchte also mehr zu erfahren über den jungen Mann und wollte wissen, ob es eine Möglichkeit gibt, zu helfen. Mit Unterstützung von Mainz 05 und anderen großzügigen Menschen wurde ein Benefizspiel organisiert. Die größte Überraschung war allerdings nicht die Hilfsbereitschaft vieler Menschen, sondern der Gemütszustand unseres Bedürftigen.

Weder niedergeschlagen noch pessimistisch, sondern positiv und in die Zukunft gerichtet erlebte ich Wojtek bei unserem ersten Treffen. Wir wurden Freunde und sind es bis heute. Die Art und Weise wie er mit diesem Schicksalsschlag umgegangen ist, die Zuversicht und Kraft, die er ausstrahlte und immer noch ausstrahlt, sind so speziell, dass man geradezu schreien möchte: Schreib ein Buch darüber! Jeder muss erfahren, wie du es gemacht hast! Jeder muss erfahren, wie es möglich ist, aus einem persönlichen Super-GAU so positiv und so stark hervorzugehen! Vom Kreismeister zum Weltmeister und Olympiasieger. Wenn man das mit einem halben Bein weniger hinbekommt, dann sollte das im übertragenen Sinn doch für jeden möglich sein!

Ich danke dir, dass du deine Geschichte aufgeschrieben hast und uns allen die Chance gibst, aus deinen Erfahrungen zu lernen. Ich werde dein Buch nicht nur lesen. Ich werde es verleihen und verschenken und jedem davon erzählen, den ich treffe. Einfach kann jeder, aber du konntest und kannst auch schwer! Du bist der fleischgewordene Beweis: Auf einem Bein kann man nicht nur stehen, sondern auch gehen, sprinten und sehr weit springen! Hut ab!

Jürgen Klopp

Wie ich mein Bein verlor und so zu mir selbst fand

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