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»Wenn du bleiben willst, dann bleib!«

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Meine Schwester hatte es mit dem Bleiben nicht so. Sie wollte sowieso wieder abreisen. Während sie ihre Koffer packte, zerplatzte mein Traum. Ich saß auf dem Bett und kämpfte mit den Tränen. Ich war wütend. Mein Vater schiebt mich ab nach Polen? Danke für nichts. Dann fing auch ich an zu packen. Nichts wie weg. Je früher, desto besser. Die Stimmung war längst im Keller. Zumindest meine. Und ich ließ es die anderen spüren.

Mein Vater ignorierte meinen Trotz. Zum Abschluss unternahm er mit uns noch einen Ausflug nach Ramstein. Dort, auf dem Flughafen der US Army, gab es eine große Flugshow. Tausende zog es an dem Tag zur Air Base. Ich war dabei. Mit meinem Vater, der mich nicht behalten wollte, seiner Freundin, die mich nicht leiden konnte, und meiner Schwester. Na toll. Super Familienausflug.

Es war ein heißer Sommertag, drückend und schwül. Wir konnten die besten Zuschauerplätze ergattern, ganz vorne in der ersten Reihe. Martialische Flugzeuge schoben sich über die Startbahn und machten sich bereit zum Abheben. »Ich möchte ein Eis.« Das ist ja das mindeste, was man von seinem Vater erwarten kann. Die Motoren dröhnten. »Nicht jetzt, nach der Show«, raunte er nur, ganz fasziniert von den Fliegern, die in den Lüften ihre Pirouetten drehten. »Ich will ein Eis!« Prächtige Maschinen erhoben sich in den Himmel. Wir ganz nah dran. Es war verdammt heiß an diesem Nachmittag. Ein perfekter Sommertag. Ein guter Moment für ein Eis. »Ich w i l l ein Eis!« Familien applaudierten, als die Flugzeuge mit militärischer Präzision und in spektakulären Choreografien artistische Bahnen zogen. Ein unheimlich begeisterndes Schauspiel. »Papa, ich will ein Eis, ich will ein Eis, ich will ein Eis!!!«

Mein Vater streckte die Waffen: »Junge, schade um die guten Plätze.« Die Familien neben uns drängelten schon, und als wir unsere Plätze verließen, schlossen andere sofort auf. Die Augen meiner Schwester hingen an dem Spektakel in den Lüften, als wir vier zum Eisstand gingen. Die Freundin meines Vaters beschwerte sich, dass wir die besten Plätze hatten aufgeben müssen, nur für ein Eis, als hätte der Junge sein Eis nicht auch eine halbe Stunde später haben können. Und mein Vater beschwichtigte, man könne die Flugshow ja auch aus der Ferne verfolgen. Blablabla.

Endlich. Während die Show weiterlief, bekam ich meinen Willen. Ein gemischtes Eis, drei Bällchen in der Waffel. Wenigstens das. Die Freundin meines Vaters warf mir einen grimmigen Blick zu. Sie wollte nichts. Mein Vater zahlte. Doch der Eismann konnte mir die Tüte nicht mehr reichen. Ein lauter Knall zerriss das Flugfest. Eine Maschine stürzte auf die Zuschauermassen zu. Panik. Menschen schrien und rannten. Das Flugzeug raste direkt in die besten Ränge, dorthin, wo wir bis eben noch gestanden hatten. Explosionen ließen die Erde erbeben. Während Rauchschwaden in Sekundenbruchteilen die Sonne verdunkelten, erhellten grelle Feuerbälle die Landebahn. Es regnete Kerosin und Asche. Brennende Menschen suchten kreischend ihren Weg aus der Katastrophe. Sirenen heulten los. Die Einsatzkräfte, die vor Ort waren, versuchten verzweifelt zu helfen. Doch es gab nicht viel, was hätte gerettet werden können. Auf Pritschenwagen wurden Menschenkörper gestapelt und abtransportiert. Apokalypse beim Familientag in Ramstein. »Wenn du bleiben willst, dann bleib«, sagte mein Vater am Abend.

Wie ich mein Bein verlor und so zu mir selbst fand

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