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Mentalitätsgeschichtliche, imagologische und kolonialkritische Aspekte

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Mentalitätsgeschichte und Imagologie

Das Wechselverhältnis von Reisenden und „Bereisten“, insgesamt die Wahrnehmung des kulturell Fremden, ist in den letzten Jahren verstärkt unter mentalitätsgeschichtlichen Perspektiven untersucht worden. Die prägnante These lautet: Reiseberichte können „als Zeugnisse für die spezifische Denkungsart des Verfassers und indirekt für die Mentalität seines Heimatlandes“ verstanden werden, sie sind „als eine Art unfreiwilliger kultureller Selbstdarstellung der Ausgangskultur“ zu betrachten (Harbsmeier 1982, 1–2). Diese These hatte der dänische Kulturanthropologe Michael Harbsmeier 1982 in einem bahnbrechenden Artikel vertreten, in seiner Studie Wilde Völkerkunde belegte er sie dann mit umfangreichem Quellenmaterial aus der Frühen Neuzeit (Harbsmeier 1994). Das Bild von anderen Menschen, Ländern und Nationen in der Reiseliteratur ist Gegenstand der komparatistischen Imagologie und Stereotypenforschung (Schwarze 2013). Auch zu diesem Bereich sind in den letzten Jahren systematische Studien darüber vorgelegt worden, welche kollektiven Wahrnehmungsmuster des Fremden in historischen Gemeinschaften als stereotyp – aufgrund ausgewählter Einzelbeobachtungen – oder als Image – als manipulierbarer, variabler Gesamteindruck – aufzufassen sind.

Kolonialdiskurs

In dieses Fachgebiet gehören überdies neuere Arbeiten zum Kolonialdiskurs des Deutschen Reiches, der oft wesentlich von den Reiseeindrücken der Afrikaforscher und Kolonialverwalter geprägt war. In einer furiosen Studie hat der deutsch-niederländische Kulturanthropologe Johannes Fabian die Glaubwürdigkeit und den wissenschaftlichen Ertrag der Forschungsreisen und Expeditionsberichte radikal in Zweifel gezogen. Dies gelingt ihm durch die Mikroanalyse der Expeditionsumstände, z.B. konnten die zumeist unter massiven Krankheitsattacken leidenden europäischen Wissenschaftler weder die aktuellen Kontakte mit der indigenen Bevölkerung bewältigen, noch diese Begegnungen adäquat beschreiben oder gar deuten (Fabian 2001). An diese Studie anknüpfend konnten zwei Untersuchungen zu den deutschen Kolonien in Afrika die enge Verschränkung von Afrikabild und Kolonialdiskurs sowie die Allianz von Forschungsreisenden und Kolonialbeamten aufdecken (Fiedler 2005; Pesek 2005), zwei ertragreiche Sammelbände ergänzen dies mit ihrem Blick auf eine Kulturgeschichte des Fremden in der Kolonialzeit generell (Honold/Scherpe 2000; Honold/Scherpe 2004).

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