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Weihnachtsmann

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In der Woche vor dem ersten Advent hatte eine Supermarktkette lebensgroße Weihnachtsmann-Figuren im Angebot.

In Norden gab es auf der vielbefahrenen Norddeicher Straße ein paar Auffahrunfälle, weil einige Autofahrer erschrocken auf rotgekleidete Gestalten blickten, die auf Dächern saßen, an Balkonen hingen, sich an Dachrinnen festklammerten und an Regenrohren kletterten.

Nachdem die Tageszeitungen im Fürstentum Ostfriesland auf ihren Titelseiten ausführlich über diese Unfälle und ihre Ursache berichtet hatten, gehörten die Weihnachtsmänner zum Alltag, und niemand schenkte ihnen noch besondere Aufmerksamkeit.

Vielleicht achtete Johannes Fabricius an diesem dunklen Morgen deshalb nicht so genau auf den lebensgroßen Weihnachtsmann, der auf dem Norder Marktplatz an einem Baum neben dem Pavillon hing. Vor einigen Tagen war hier ein Weihnachtsmarkt mit Buden, Ständen und beheizbaren Zelten aufgebaut worden.

Johannes Fabricius war unterwegs zu seiner Buchhandlung. Er hatte ein paar Tage wegen einer schweren Erkältung gefehlt und ahnte, dass im Geschäft ein großer Stapel unerledigter Aufgaben auf ihn wartete. Hoffentlich hatten seine Angestellten die Weihnachtsdekoration ordentlich aufgebaut.

Jetzt stutzte Fabricius. Er blieb stehen und drehte sich um. Er betrachtete den Weihnachtsmann, der neben dem Pavillon hing, und ging langsam zu ihm zurück. Je näher er dem Weihnachtsmann kam, umso deutlicher erkannte er, dass dort keine Puppe hing, sondern ein Mann, verkleidet wie ein Weihnachtsmann mit rotem Mantel, weißem Bart und tief ins Gesicht gezogener roter Mütze. Regungslos, mit Raureif überfroren. Tot.

Fabricius sah sich um. Die Weihnachtsbuden auf dem Marktplatz waren um diese Zeit natürlich noch geschlossen. Niemand war in der Nähe.

Da schlug es acht Uhr vom Glockenturm, und im selben Moment gingen im Haus vor ihm die Lichter an. Es war die Praxis von Doktor Ailts.

Die Sprechstundenhilfe füllte gerade die Kaffeemaschine, als Johannes Fabricius eintrat. Er fragte: »Ist Doktor Ailts schon da?«

»Wir haben heute Notdienst, dann kommt der Doktor immer schon früh. Setzen Sie sich doch schon mal ins Wartezimmer, Herr Fabricius. Ich hole Sie gleich herein.«

»Nein, ich bin nicht krank, der Doktor muss mitkommen, schnell – auf dem Markplatz hängt ein toter Weihnachtsmann!«

»Der Tod braucht keine Eile«, brummte Doktor Ailts, der gerade aus seinem Sprechzimmer kam.

Die Polizei, die ihr Dienstgebäude am Marktplatz hatte, war schnell herbeigeholt worden, und Doktor Ailts stellte die Tatsachen fest. Man hatte den toten Weihnachtsmann inzwischen heruntergeholt. Der Arzt kniete neben ihm. Um ihn herum bildeten einige Kriminalbeamte mit dem Team der Spurensicherung einen Ring, der den Kreis von diskret Schaulustigen in angemessener Distanz hielt.

»Tammo Tjarksen«, teilte Doktor Ailts dem Kriminalbeamten Habbo Janssen mit, der die nur noch im Fürstentum gebräuchliche Amtsbezeichnung »Oberinspektor« führte.

»Moin, Herr Doktor«, sagte Janssen und hockte sich neben den Arzt. »Wissen Sie, wie lange er schon tot ist?«

»Seit ein paar Stunden. Aber nicht durch dieses Seil hier.« Der Arzt drehte mit Janssens Hilfe den Toten auf den Rücken und öffnete den roten Mantel. Er zeigte auf ein Einschussloch in der Brust. »Wenn mich nicht alles täuscht, ist er erschossen und dann aufgehängt worden.«

»Also Mord?«, fragte der Kriminalbeamte erstaunt.

»Oder es ist der eigenartigste Selbstmord, den ich in meinem dreiunddreißigjährigen Berufsleben untersuchen musste«, bemerkte Doktor Ailts trocken.

Morgen kommt der Weihnachtsmann

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