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Prolog

Donnerstag, 12. Januar 2012

22:46 Uhr

Vorsichtig zog sie sich die Gummihandschuhe über ihre schmalen Hände. Dann ließ sie Wasser in die Spüle und reinigte sorgsam das Geschirr vom Abendessen. Das war an diesem Abend anders, denn für gewöhnlich widmete sie sich den Abendbrottellern erst am nächsten Morgen. Ihr Mann nahm derweil die Fernbedienung des Fernsehers und ließ ihn mit einem Knopfdruck verstummen. Wie stets nach den Spätnachrichten. Er verharrte noch einen Moment stehend vor dem Gerät. Sein Blick war leer, als er ihr in die Küche folgte. Wortlos trocknete er das wenige Geschirr ab, stellte es bedächtig in den Schrank. Dann begab er sich still ins Bad, putzte sich die Zähne, wusch sein Gesicht und cremte es, wie jeden Abend, mit ihrer Nachtcreme ein. Noch ein wenig Lippenbalsam, denn das spröde Gefühl nach dem Waschen mochte er gar nicht. Sein prüfender Blick in den Spiegel ließ ihn seine Traurigkeit erkennen. Er verließ das Bad und löschte das Licht.

Seine Frau hatte sich schon gleich nach dem Abendessen die Zähne geputzt – sie mochte saubere Zähne zu jeder Zeit – und bettfertig gemacht. Ab da trug sie ihren weichen Baumwollschlafanzug und ihren Kuschelbademantel und hatte so den Fernsehfilm mit ihrer Lieblingsdecke auf dem Sofa angesehen.

Als er das Schlafzimmer betrat, hatte sie schon die Etagenheizung auf Nachtabsenkung geschaltet und war gerade dabei, die Betten aufzuschütteln. Er zog sich aus, legte seine Sachen sorgsamer als sonst auf den Stuhl neben seinem Bett, richtete seine Hausschuhe aus, bevor er sein Nachthemd überstreifte. Bedächtig setzte er sich auf die Bettkante und schaute auf die Tür, die zum Wohnzimmer führte. Dort auf der Kommode sah er die alten Fotos, die Familienbilder aus glücklichen Tagen. Sein Blick wurde milchig. Er legte sich in seine Betthälfte, drehte sich zu ihr und beide sahen sich lange an. Sie hielten sich bei den Händen und lächelten.

Wie auf ein stilles Signal griff sie nach den beiden Schläuchen, die von der Wand über ihrem Bett hingen. Geschickt verband sie das eine Ende mit der Braunüle in seinem Handrücken, dann das Ende des anderen Schlauchs mit der Braunüle in ihrem Arm. Sie hatte sich den Zugang selbst legen müssen, was nicht einfach war, obwohl sie als Krankenschwester darin Übung hatte. Jedoch immer bei ihren Patienten, nie bei sich selbst. Bei ihrem Mann geschah es schnell und routiniert. Er hatte zwar gezuckt, denn er mochte keine Art von Spritzen oder Nadeln in seinem Körper, aber es war in diesem Fall unvermeidlich.

Als die Schläuche verbunden waren, öffnete sie auf sein Nicken die beiden Tropfkammern und sofort begannen die Infusionen zu laufen. Tippend dimmte er seine Nachttischlampe auf ein Minimum herunter. Dann schmiegten sich beide eng aneinander, sie umarmten und küssten sich, schauten sich dann in die Augen.

»Danke, dass du für mich da warst, immer …«, flüsterte er ihr stockend ins Ohr, »… ich liebe dich über alle Maßen, mein Schatz!«

Sie streichelte ihn sanft. »Ich dich auch, danke, dass du mich stets begleitet hast! Wir sehen uns … gleich …« Sie schluchzte. Ihre Tränen flossen, er wischte ihr mit seiner Hand die Feuchtigkeit aus dem Gesicht und war doch selbst den Tränen nah. Schon bald begann das Schlafmittel zu wirken.

Der Unfall

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