Читать книгу Steuererklärung 2020/2021 - Arbeitnehmer, Beamte - Angela Rauhöft - Страница 7

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Grundbegriffe erklärt

Die gute Nachricht: Arbeitnehmer müssen sich mit nur wenigen Fachbegriffen plagen, und die sind noch dazu vergleichsweise übersichtlich. Die schlechte Nachricht: Manche Fachbegriffe sind in der Alltagssprache verwurzelt und stehen dort für allgemeine Sachverhalte. In der Steuerfachsprache bedeuten sie etwas ganz anderes. So werden beispielsweise Begriffe wie „Einkommen“ oder „Einkünfte“ in der Alltagssprache ziemlich gleich verwendet. In der Steuerfachsprache liegen dazwischen Welten, noch dazu ganz klar abgegrenzte. Darüber hinaus gibt es Spezialbegriffe, unter denen sich kein Mensch etwas vorstellen kann, es sei denn, er verfügt über steuerliches Fachwissen. Eine dieser Perlen der Sprachschöpfung heißt „Progressionsvorbehalt“ ( Seite 12). Für Arbeitnehmer ist es hilfreich, wenn sie mit den hier erläuterten Begriffen umgehen können. Wer sie im Hinterkopf behält oder hier wieder nachschlägt, findet sich besser durch Steuerprobleme aller Art.

Auf der Einnahmenseite dreht sich im Steuerrecht alles um den Begriff der Einkünfte. Davon gibt es sieben unterschiedliche, die sogenannten Einkunftsarten. Die unterliegen der Einkommensteuer, sind nach ihrer jeweiligen Quelle benannt und heißen deshalb einigermaßen nachvollziehbar Einkünfte aus

Land- und Forstwirtschaft,

Gewerbebetrieb,

selbstständiger Arbeit,

nichtselbstständiger Arbeit,

Kapitalvermögen,

Vermietung und Verpachtung.

Die siebte Einkunftsart nennt sich „sonstige Einkünfte“ und darunter fällt, was bei den anderen Einkunftsarten nicht unterzubringen ist, beispielsweise Renteneinkünfte.


Die zentrale Einkunftsart aller Arbeitnehmer, ob Angestellte, Arbeiter oder Beamte, heißt Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Die ergeben sich vor allem aus Löhnen und Gehältern, die der Arbeitgeber zahlt. Aber Löhne und Gehälter sind nicht dem Begriff Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit gleichzusetzen: Vereinfacht gesagt sind Einkünfte im steuerlichen Sinn nämlich immer die Einnahmen aus einer Quelle minus die Ausgaben, die erforderlich sind, um diese Einnahmen zu erzielen. Für Arbeitnehmer und Beamte heißt das: Ihre Einkünfte sind vor allem Lohn oder Gehalt minus der Kosten, die sie für ihren Job aufbringen müssen. Die heißen Werbungskosten und stehen ihnen zunächst in Form des Arbeitnehmerpauschbetrags zu. Der Pauschbetrag beläuft sich auf 1 000 Euro für ein Kalenderjahr. Arbeitnehmer können ihn auch dann in vollem Umfang nutzen, wenn sie nur einige Monate im Jahr gearbeitet haben. Alle, die höhere Ausgaben für ihren Job haben, etwa für Fahrten zur Arbeit, ein häusliches Arbeitszimmer, die Anschaffung eines Computers, Fachbücher, andere Arbeitsmittel oder eine doppelte Haushaltsführung, können diese Ausgaben als Werbungskosten in tatsächlicher Höhe geltend machen.

Zum Beispiel Ariane A.

Sie ist alleinstehend und in einem Verlag fest angestellt, Bruttolohn im Jahr 30 000 Euro. Die drei Kilometer zur Firma fährt sie arbeitstäglich je nach Wetter und Laune mit dem Rad oder mit ihrem Auto. Ausgaben für den Job hat sie sonst keine, andere Einkünfte auch nicht. Mit ihren Werbungskosten kommt sie nicht über den Arbeitnehmerpauschbetrag von 1 000 Euro, denn ihr Arbeitsweg schlägt gerade mal mit 198 Euro zu Buche (3 km mal 220 Tage mal 0,30 Euro, Seite 87). Sie erzielt folglich 29 000 Euro Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit (30 000 minus 1 000). Würde sich der tägliche Arbeitsweg, zum Beispiel nach einem Umzug, auf 30 Kilometer verlängern, kämen allein dadurch 1 980 Euro Werbungskosten zusammen (30 km mal 220 Tage mal 0,30 Euro). Das würde Arianes Einkünfte auf 28 020 Euro drücken (30 000 minus 1 980).

Das Finanzamt fasst alle positiven und negativen Einkünfte zusammen. Freibeträge, beispielsweise der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (Steuerklasse II, Seite 12), sind danach zu berücksichtigen. Das Zwischenergebnis wird als Gesamtbetrag der Einkünfte bezeichnet. Der Betrag spielt zum Beispiel bei der Berechnung von Steuervorteilen eine Rolle oder bei der Berechnung der zumutbaren Belastung ( Seite 51). An dieser Stelle dient er uns vor allem als Ausgangspunkt für einen nächsten Rechenschritt.

Werden vom Gesamtbetrag der Einkünfte Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen abgezogen, ergibt das in der Steuersprache das Einkommen. Sonderausgaben sind bestimmte private Kosten, die steuerlich abzugsfähig sind. Dazu gehören beispielsweise Spenden oder Kirchensteuer. Jedem steht zunächst ein Sonderausgabenpauschbetrag von jährlich 36 Euro zu. Die wichtigsten Sonderausgaben für Arbeitnehmer sind in der Regel die Beitragszahlungen an Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungen ( Seite 68). Diese speziellen Sonderausgaben werden auch Vorsorgeaufwendungen genannt und zusätzlich zum Sonderausgabenpauschbetrag berücksichtigt.

Unter außergewöhnlichen Belastungen versteht das Steuerrecht weitere private Ausgaben, die das Finanzamt ganz oder teilweise steuermindernd anerkennt. Darunter fallen etwa Krankheitskosten oder Aufwendungen behinderter Menschen ( Seite 47).

Wie die weitaus meisten Arbeitnehmer kann Ariane A. aus dem Beispiel zuvor einen Teil ihrer Versicherungskosten absetzen. Für 2020 wären das 5 026 Euro für die gezahlten Rentenversicherungs-, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ( Seite 68). Wenn sie keine weiteren Sonderausgaben und keine außergewöhnlichen Belastungen geltend machen kann, käme sie damit auf ein Einkommen von 23 938 Euro (29 000 minus 5 026 minus 36 Euro Sonderausgabenpauschale).

Um aus dem Einkommen das zu versteuernde Einkommen zu berechnen, also den Betrag, der unter dem Strich tatsächlich zu versteuern ist, können weitere Freibeträge abgezogen werden. Vor allem geht es an dieser Stelle um den Kinderfreibetrag und den sogenannten Betreuungsfreibetrag. Das betrifft vor allem gut verdienende Eltern, bei denen die finanzielle Entlastung durch das Kindergeld geringer ausfällt als die Entlastung durch beide Freibeträge ( Seite 122). Da Ariane A. ihren erwachsenen Sohn steuerlich nicht mehr als Kind geltend machen kann, ist die Höhe ihres Einkommens also genauso hoch wie ihr zu versteuerndes Einkommen von 23 938 Euro. Nach geltendem Steuertarif müsste sie als Alleinstehende 3 414 Euro Einkommensteuer und rund 188 Euro Solidaritätszuschlag zahlen. Gegebenenfalls kämen noch bis zu rund 308 Euro Kirchensteuer hinzu. Wer herausfinden will, wie viel Einkommensteuer auf sein zu versteuerndes Einkommen fällig wird, findet dazu im Internet ein praktisches Tool: bmf-steuerrechner.de („Berechnung der Einkommensteuer“).

Liegt das zu versteuernde Einkommen unter dem Grundfreibetrag, oft auch als steuerfreies Existenzminimum bezeichnet, wird keine Einkommensteuer fällig.


NEU: Der Grundfreibetrag erhöht sich 2020 von 9 168 auf 9 408 Euro pro Person und Jahr. Für Ehepaare und eingetragene Lebenspartner verdoppelt er sich somit auf 18 816 Euro.

Neben dem Arbeitslohn erhalten Angestellte manchmal Lohnersatzleistungen. Die heißen so, weil sie anstelle von Arbeitslohn gezahlt werden, zum Beispiel Arbeitslosengeld, Kurzarbeitergeld, Mutterschafts-, Eltern- oder Krankengeld ( Seite 189). Solche Leistungen sind steuerfrei, können aber unter dem Strich trotzdem zu höheren Steuern führen. Das funktioniert über den sogenannten Progressionsvorbehalt. Hinter dem sperrigen Begriff verbirgt sich für Arbeitnehmer im Zusammenhang mit Lohnersatzleistungen folgender Vorgang: Zum zu versteuernden Einkommen wird eine im Jahresverlauf bezogene Lohnersatzleistung hinzugezählt und auf dieser Grundlage der durchschnittliche Steuersatz ermittelt. Danach zieht man die Lohnersatzleistung wieder ab und wendet den so ermittelten Steuersatz auf das ursprüngliche zu versteuernde Einkommen an. Das führt in der Regel zu einer höheren Steuerbelastung als vorher. Hätte beispielsweise Ariane A. zu ihrem zu versteuernden Einkommen von 23 938 Euro noch 2 000 Euro Kurzarbeitergeld erhalten, wäre ihr Durchschnittssteuersatz ( Seite 258) von 14,26 Prozent auf 15,35 Prozent gestiegen. Sie müsste auf dasselbe zu versteuernde Einkommen von 23 938 Euro „dank Progressionsvorbehalt“ 260 Euro mehr Einkommensteuern zahlen.

Den laufenden Steuerabzug von Lohn und Gehalt übernimmt der Arbeitgeber im Auftrag des Finanzamts. Das funktioniert über sechs unterschiedliche Lohnsteuerklassen. Vor allem die familiäre Situation entscheidet darüber, welcher Lohnsteuerklasse Arbeitnehmer angehören.

Alleinstehende. Ohne Kinder sind sie in Klasse I. Haben sie mindestens ein Kind, kann es auch Steuerklasse II sein.

Ehepaare und eingetragene Lebenspartnerschaften. Sie können wählen. Dabei ist die Kombination der Steuerklassen IV/IV in der Regel erste Wahl, wenn beide Partner etwa gleich viel verdienen. Liegen die Löhne weit auseinander, sorgt die Kombination III/V für den geringsten laufenden Steuerabzug (Klasse III für den Partner mit dem höheren Gehalt, ab Seite 245). Bei großen Lohnunterschieden müssen Ehepaare jedoch mit zum Teil erheblichen Nachzahlungen rechnen. Um dies zu vermeiden, besteht für Paare eine Alternative unter dem Begriff „Faktorverfahren“. Ein Faktor gleicht den Verdienstunterschied aus und mindert die Steuerbelastung im Vergleich zur Steuerklassenwahl IV/IV („vier-vier“). Die jährliche Gesamtbelastung nach Abgabe der Steuererklärung ändert sich nicht. Der Faktor kann ebenso wie die anderen Steuerklassen aber die Höhe von Lohnersatzleistungen, etwa von Elterngeld, beeinflussen ( Seite 205).

Die Lohnsteuerklasse VI gilt für ein zweites und für jedes weitere Arbeitsverhältnis – unabhängig von familiären Verhältnissen. Die Zuordnung zu Lohnsteuerklassen beeinflusst die Abzüge vom Bruttolohn und damit die Höhe des laufenden Nettolohns. So ist zum Beispiel ein Bruttomonatsgehalt von 3 000 Euro in den Klassen I und IV mit rund 405 Euro Lohnsteuer belastet (ohne Solidaritätszuschlag und ohne Kirchensteuer). In der Klasse III sind es nur rund 159 Euro und in der Klasse V rund 725 Euro Lohnsteuer. Die Unterschiede kommen daher, dass die einzelnen Steuerklassen unterschiedliche Freibeträge und Pauschalen enthalten. So drücken der in Klasse III eingearbeitete doppelte Grundfreibetrag und ein teilweise höherer Abzugsbetrag für Vorsorgeaufwendungen (das sind hier die Beiträge für die Renten- und Kranken- und Pflegeversicherung) die laufende Steuerlast erheblich ( Seite 243).

Der Steuerabzug über die Lohnsteuerklasse erfolgt im Jahresverlauf pauschal nach einem ziemlich groben Raster. Dadurch kann der laufende Lohnsteuerabzug von der tatsächlichen Steuerschuld erheblich abweichen. Von mehr als 20 Millionen Arbeitnehmern und Beamten holt sich der Fiskus auf diese Weise mehr oder weniger als ihm zusteht. In fast 90 Prozent aller Fälle ist es mehr: Im Bundesdurchschnitt zahlen die Finanzämter Arbeitnehmern pro Steuererklärung rund 1 000 Euro zurück.

Welche Steuerklassenkombination für Ehe- und Lebenspartner am günstigsten ist, finden Sie im Internet unter test.de/Steuerratgeber-Extra oder auf der BMF-Homepage unter bundesfinanzministerium.de (Suchbegriff „Steuerklassenwahl“).

Und noch etwas Formales: Aufgrund der Gesetzesänderung für gleichgeschlechtliche Paare wird durchgängig in allen Formularen ein Partner regelmäßig als „Person A“ bezeichnet, der andere als „Person B“. Alle in diesem Ratgeber genannten Bestimmungen gelten für alle Ehen und eingetragene Lebenspartner gleichermaßen. Es wird im Buch aber nicht überall gesondert erwähnt. Weitere Infos finden Sie ab Seite 37.

Steuererklärung 2020/2021 - Arbeitnehmer, Beamte

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