Читать книгу Steuererklärung 2020/2021 - Arbeitnehmer, Beamte - Angela Rauhöft - Страница 8

Оглавление

Warum die meisten Arbeitnehmer zu viel Steuern zahlen

Für die Staatseinnahmen ist die Lohnsteuer besonders wichtig. Sie gehört zu den mit Abstand größten Einnahmeposten. Fast 264 Milliarden Euro brachte sie 2019 brutto in die Staatskasse. Der Fiskus kann sofort über diese sichere Einnahmequelle verfügen.

Was den Finanzminister freut, ist für Lohnsteuerzahler ein Nachteil, und der beginnt genau an dieser Stelle: Der Sofortabzug der Lohnsteuer funktioniert nämlich wie zuvor beschrieben zunächst pauschal und berücksichtigt die konkrete Lage des einzelnen Arbeitnehmers nur zum Teil. Das führt dazu, dass das Finanzamt in den weitaus meisten Fällen zunächst mehr Geld kassiert, als ihm zusteht.

So wird der Arbeitnehmerpauschbetrag in den Lohnsteuerklassen I bis V in jedem Monat mit 83,33 Euro berücksichtigt (1 000 durch 12, Ergebnis gerundet). Hat ein Arbeitnehmer beispielsweise aber nur sechs Monate eines Jahres gearbeitet, etwa weil er im Juli erstmals einen Job angetreten hat, weil er in den anderen Monaten arbeitslos war oder weil er am 1. Juli in Rente ging, konnte er nur für sechs Monate den Arbeitnehmerpauschbetrag nutzen, also 500 Euro. Die restlichen 500 Euro stehen ihm aber trotzdem zu, weil es ein Jahresbetrag ist. Ein Arbeitnehmer erhält ihn auch dann ohne zeitanteilige Kürzung, wenn er nur an einem einzigen Tag des Jahres gearbeitet hat. Die Berechnung, nach der ein Arbeitgeber die Lohnsteuer einbehält, geht aber davon aus, dass ein Angestellter volle zwölf Monate des Jahres beschäftigt ist. Wer kürzer gearbeitet hat, zahlt somit zwangsläufig im Jahresverlauf zu viel Lohnsteuer für den Arbeitslohn.

Solange sich die Werbungskosten im Rahmen des Arbeitnehmerpauschbetrags bewegen, bleibt der Nachteil für Arbeitnehmer meist überschaubar. Liegen sie höher, etwa durch eine größere Entfernung zwischen Wohnung und Betrieb, durch häufige Dienstreisen, ein Heimbüro, einen zweiten Haushalt am Arbeitsort, Fortbildungsaufwand oder höhere Ausgaben für Arbeitsmittel, kann ein Angestellter übers Jahr ein paar Hunderter oder gar Tausender zu viel Steuern bezahlen. Grund: Die Lohnsteuerberechnung beim Arbeitgeber berücksichtigt grundsätzlich nur den Arbeitnehmerpauschbetrag. Höhere Ausgaben senken die laufende Steuerlast nur, wenn Arbeitnehmer und Beamte dafür Freibeträge beantragt haben ( Seite 183). Ansonsten können sie erst in der Steuererklärung die Kosten geltend machen, vorausgesetzt, man gibt eine ab. Wer keine abgibt, beschenkt die Staatskasse nicht nur zeitweise, sondern auf Dauer.

Gleiches gilt für die sogenannten Sonderausgaben oberhalb der eingearbeiteten und ziemlich mageren Pauschale von 36 Euro (3 Euro monatlich), beispielsweise für Kirchensteuer, Spenden oder Ausbildungskosten. Für außergewöhnliche Belastungen wie etwa Krankheitskosten und Unterhaltszahlungen ( Seite 143) gibt es beim regulären Lohnsteuerabzug im Jahresverlauf sogar gar keine Pauschale.

Anders sieht es beim Vorsorgeaufwand aus. Die Beiträge zur Rentenversicherung, Kranken- oder Pflegeversicherung drücken bereits den laufenden Lohnsteuerabzug und das in der Regel sehr zutreffend.

Viele andere Steuervergünstigungen bleiben beim Lohnsteuerabzug jedoch unberücksichtigt. Hier hilft nur die Abgabe einer Steuererklärung, um an sein Geld zu kommen.

So bleiben als sogenannter Härteausgleich bis zu 410 Euro Einkünfte im Kalenderjahr steuerfrei, die Angestellte neben Lohn und Gehalt einnehmen. Arbeitnehmer, Beamte und Pensionäre können bis zu dieser Höhe zum Beispiel Mieteinkünfte, Renteneinkünfte, freiberufliche oder gewerbliche Einkünfte steuerfrei einnehmen. Für Zinsen und andere Kapitaleinkünfte funktioniert das nicht ( Seite 196).


Für Nebeneinkünfte von Angestellten bis 820 Euro gibt es einen „erweiterten Härteausgleich“. Dabei unterliegen Einkünfte zwischen 410 und 820 Euro einer ermäßigten Besteuerung ( Seite 195).

Auch der Altersentlastungsbetrag für Menschen über 65 ( Seite 170) wird nur über eine Steuererklärung berücksichtigt.

Steuererstattungen für Dienstleistungen rund um den Privathaushalt ( Seite 56) oder für Parteispenden ( Seite 41) erhalten Arbeitnehmer und Beamte ebenfalls erst über eine Steuererklärung.

Nur die Eltern, die eine Steuererklärung samt Anlage(n) Kind abgeben, können Kinderbetreuungskosten und weitere steuerliche Kinderförderungen geltend machen ( ab Seite 122). Für Unterhaltszahlungen an den erwachsenen Nachwuchs brauchen Eltern die Anlage Unterhalt ( Seite 143).

Der Fiskus kassiert mit der pauschalen Lohnsteuer mehr, als ihm zusteht. Die Zahlen des Statistischen Bundesamts sind in diesem Punkt eindeutig. Rund 1,5 Millionen Arbeitnehmer, die 2015 eine Steuererklärung abgaben und die ausschließlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit (und gegebenenfalls Kapitaleinkünfte) hatten, mussten Steuern nachzahlen. Aber in 13,5 Millionen Fällen gab es Geld vom Finanzamt zurück. Im Durchschnitt wurden 1 007 Euro erstattet. Bei dieser Rechnung werden Ehepaare, die eine gemeinsame Steuererklärung abgegeben haben, als ein „Steuerfall“ gezählt.

In den genannten Zahlen sind etwa 8 Millionen Steuererklärungen von Arbeitnehmern nicht enthalten, bei denen neben Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit (und eventuell aus Kapitalvermögen) noch weitere Einkünfte vorlagen, beispielsweise aus Vermietung, aus Renten, aus einer gewerblichen oder aus einer freiberuflichen Tätigkeit, die diejenigen selbst oder ihre Partner hatten. In solchen Fällen werden Steuererstattungen und Steuernachzahlungen, die sich aus Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit ergeben, statistisch nicht einzeln erfasst. Ganz und gar fehlen in dieser Statistik weitere rund 8 Millionen Arbeitnehmer und Beamte, die überhaupt keine Steuererklärung abgegeben haben. Auch sie dürften über erhebliches Steuersparpotenzial verfügen, das sich nur per Steuererklärung erschließen ließe, so sie denn eine abgeben würden.

Die Aussicht auf rund 1 000 Euro Steuererstattung relativiert auch die Plage mit den Formularen: Wer zehn Stunden Arbeit in eine Steuererklärung steckt, kommt immerhin auf 100 Euro „Stundenlohn“. Das rechnet sich und auch der Zeitumfang dürfte etwa passen. Und wer weniger Zeit braucht, macht einen noch besseren Schnitt.


TIPP: Das Finanzamt kassiert im Jahresverlauf in der Regel mehr, als ihm zusteht. Daher sollten Arbeitnehmer und Beamte grundsätzlich immer prüfen, ob sich eine Steuererklärung für sie lohnt. Wenn ja, müssen sie nur noch den inneren Schweinehund überwinden, die Steuererklärung ausfüllen und abgeben. Wer dazu keine Zeit findet oder aus anderen Gründen Hilfe benötigt, findet diese bei professionellen Beratern ( Seite 213).

Steuererklärung 2020/2021 - Arbeitnehmer, Beamte

Подняться наверх