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9 - Lucky old Lady

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Edgar Braun fuhr, nachdem er die beiden Mädels, wie er Adda Fried und ihre Tochter nannte, bei der Pommesfabrik abgesetzt hatte, an einer Parfümerie vorbei. Wie der Zufall es wollte, war direkt vor dem Laden ein Parkplatz. Sofort steuerte Braun darauf zu. Würde er seiner Frau ausnahmsweise einmal etwas anderes, anstelle von Blumen, mitbringen. Noch hatte er den Namen des Parfüms im Kopf.

Braun stieg aus, besah sich die Auslage, konnte das Parfüm allerdings nirgendwo entdecken. Kurzerhand betrat er den Laden. Eine Verkäuferin, Ende fünfzig, wie Braun sie mit geschultem Auge schätzte, eilte ihm dienstbeflissen entgegen.

»Guten Tag, der Herr. Kann ich Ihnen behilflich sein? Oder wissen Sie bereits, nach was Sie suchen?«, fragte sie geschäftstüchtig.

Braun kratzte sich am Kopf. »Lucky old Lady«, antwortete er.

»Was erlauben Sie sich! So spricht man doch nicht mit einer Dame, und schon gar nicht mit einer, in meinem Alter.« Die Verkäuferin sah ihn aus böse funkelnden Augen heraus an.

»Nein, ich mein doch nicht Sie!«, verteidigte sich Braun. »Das Parfüm, das ich suche, das heißt so.«

»Noch nie davon gehört. Warten Sie, ich sehe einmal im Angebot nach.« Sie ging an den PC und durchstöberte die Internetangebote. Nicht lange und sie fand, nach was der Kommissar suchte. »Da ist es ja. Wie groß soll der Flakon denn sein?«

Braun überlegte, zeigte mit den Fingern eine Größe an.

»Wie ist es, möchten Sie fünfzig oder einhundert Milliliter?«

»Na was weiß ich. Eben so viel!« Wieder zeigte er eine Größe an.

Die Verkäuferin nickte. »Gut, ich schätze, Sie wünschen die große Größe. Wenn Sie möchten, kann ich es per Express bestellen, so dass es heute Abend, noch vor Ladenschluss, geliefert wird.«

Braun senkte den Blick und schaute auf seine Uhr. Es war kurz vor siebzehn Uhr. Waltraud würde ohnehin nicht zuhause sein. Sicherlich war sie noch bei ihrer Schwester. Er sah die Verkäuferin an. »Gibt’s hier in der Nähe einen Burgerschuppen?«

»Wie bitte?«

»Na ja, ‘nen McDonald’s oder einen Burger King

»Ach, das meinen Sie. Ja, nur ein paar Meter weiter, an der Ecke rechts gehen, und Sie sehen die Burgerläden. Sind dicht an dicht.«

»Fein«, freute Edgar sich, dem der Magen unterdessen bereits bis zur Peinlichkeit knurrte. »Ich hole das Parfüm später noch ab. Wie lange haben Sie geöffnet?«

»Bis einundzwanzig Uhr. Sie müssen allerdings auch nicht bis zur letzten Minute mit der Abholung warten.«

»Ja, ja, bin schon rechtzeitig wieder da. Bis später.« Braun verließ den Laden, ging zu seinem Wagen, legte sein Hinweisschild Kriminalpolizei im Einsatz aufs Armaturenbrett, und machte sich anschließend auf den Weg zu einem der Fast-Food-Läden.

Ungefähr drei Stunden später stand er wieder in der Parfümerie. Die Verkäuferin verpackte das Parfüm als Geschenk; danach bezahlte Braun, ging zurück zu seinem Wagen und setzte sich hinein.

Er öffnete den Knopf seiner Hose. Nach zwei Riesenburgern mit viel Käse, einer großen Portion Farmer Potatoes, normalerweise aß er viel lieber Pommes, doch darauf war ihm für heute der Appetit gründlich vergangen, einem Countrysalad, einer süßen Tasche und einem Softeis zum Schluss, und zwei Schokoshakes, fühlte sich sein Bauch an, als wollte er ihm jeden Moment um die Ohren fliegen. Er sah bereits die Schlagzeilen vor sich

Kommissar an Fressgier geplatzt

Gleich darauf tauchte ein Gesicht vor seinem geistigen Auge auf. »Adda Fried. Der Kommissar war ein Freund von mir. Fassen Sie bloß nichts an, solange die Spurensicherung noch nicht da war!«, hörte er die Frau sagen

Braun fuhr aus seinen Gedanken hoch. »Gütiger Gott, bloß nicht!«, stöhnte er, startete den Wagen, trat das Gaspedal durch und fuhr mit quietschenden Reifen aus dem Parkplatz heraus und ab nach Hause.

Als er angefahren kam, sah er, wie die Lichter im ganzen Haus angingen. Ein Zeichen dafür, dass Waltraud gerade eben nach Hause gekommen war. Diese vielen Lichter, er schüttelte den Kopf, das tat sie immer, wenn sie alleine war und es draußen dunkelte. Wie oft er ihr schon gesagt hatte, dass genau damit jeder wusste, dass sie alleine war, immer dann, wenn das Haus festbeleuchtet war. Aber da redete er bei Waltraud gegen eine Wand. Für sie bedeutete viel Licht, viel Sicherheit; wenig Licht, so gut wie gar keine Sicherheit. Nun gut. Jeder, wie er es für sich brauchte.

Edgar Braun parkte seinen Wagen vor der Garage.

Im Haus begann er, Raum für Raum, Lampe für Lampe, die Lichter wieder zu löschen. Nur die im Flur und in der Küche ließ er an.

»Traudel, ich bin wieder da!«, rief er nach oben. Doch Waltraud, Traudel, wie er sie nannte, hörte ihn nicht. Dafür hörte er das Einplätschern von Badewasser.

Er holte sich ein kaltes Weizenbier aus dem Keller, suchte eine Zitrone und schnitt sie in Scheiben. Anschließend goss er das Bier in einen Krug. Er lächelte. Passte alles rein. »Nur Könner bringen das fertig, den Inhalt einer Flasche, komplett in einen Krug zu bekommen.«

Mit dem Krug in der einen, dem Parfüm in der anderen Hand, stieg er die Stufen hoch. An der Badezimmertür blieb er stehen. Er klopfte. »Traudel, ich bin ’s. Kann ich reinkommen?« Ohne eine Antwort abzuwarten, trat er ein. Als er seine Frau sah, wurde ihm heiß. Sie lag ausgestreckt in der großen breiten Wanne. Einer besonderen Variante unter den Badewannen, für die sich beide bewusst beim Hausbau entschieden hatten. Eine Familienbadewanne, das war immer ihr Wunsch gewesen; und diesen hatten sie sich auch erfüllt.

Schaumkronen umflossen den Körper seiner Frau. Eine ihrer gebräunten Brüste lag frei.

Der Mann war nicht in der Lage, den Blick von ihr abzuwenden. Zu sehr gierte er nach ihrem Körper, ihren Berührungen und ihren Zärtlichkeiten.

Edgar entledigte sich seiner Klamotten.

»Was gibt das denn? Ein Männerstrip?«, lachte Traudel, und sah ihrem Mann beim Ausziehen zu. »Gibt’s da auch noch eine Zugabe?«, fragte sie gurrend, während sie ihre Hand nach dem Bierkrug ausstreckte.

Edgar reichte ihr den Krug. Gleich darauf stieg er zu ihr in die Wanne. »Und was für eine«, keuchte er erregt, und beugte sich über sie.

Später in der Küche, erzählte er ihr von seiner Begegnung mit Adda Fried. »Du glaubst nicht, was mir heute passiert ist. Ich hab da vielleicht 'ne ulkige Nudel kennen gelernt.«

Traudel schnitt nur für sich Salami auf, belegte ihr Brot damit, während sie ihn fragte: »Eine Kommissarin?«

»Wenn ich das so genau wüsste.« Er ging und holte nochmals Bier, dieses Mal auch eins für seine Frau.

»Wie versteh ich denn das? Entweder ist sie bei der Kripo oder sie ist es nicht.«

»Das ist es ja. Ich weiß es nicht.« Er erzählte davon, wie er zur Leiche gerufen worden und am Tatort auf Adda Fried gestoßen war. Bis hin, als er sie wieder vor der Pommesfabrik abgesetzt hatte.

»Wenn ihre Tochter nicht wäre, die mir einen unwahrscheinlich ehrlichen, aber auch sehr ängstlichen Eindruck macht, dann würde ich sogar glauben, es mit Kriminellen zu tun zu haben. Aber diese Wild, die ist so was von, mir fällt gar kein passendes Wort dafür ein, dass man fast meinen könnte, dass sich zwei Hobbydetektive bei mir eingenistet haben.«

Waltraud lachte glucksend. »Sag mal, Süßer, hast du zu viele Miss-Marple-Krimis geguckt?« Ihre Finger grapschten nach einem Cornichon. »Nee, nee, Edgar, so etwas gibt’s nur im Kino. Glaub mir, deine komische Alte ist schon echt.«

Edgar sah seine Frau zweifelnd an. »Glaubst du wirklich?«

»Klar doch.« Nochmals fischte sie ein Cornichon aus dem Gurkenglas. »Wenn du aber Zweifel hast, dann frag doch einfach bei ihrer Dienststelle nach. Die werden dir schon sagen können, ob die Nudel dort arbeitet, oder aber auch nicht.«

»Ja, das könnte ich tun …«

»Na, warum zögerst du dann noch?«

»Traudel, wenn ich erst einmal weiß, dass sie keine Ermittlerin ist, sondern Amtsanmaßung betreibt, wäre ich gezwungen, etwas gegen sie zu unternehmen …«

»Und das willst du nicht?« Dieses Mal fiel eine Cocktailtomate Traudels Zähnen zum Opfer.

Edgar schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht. Auf irgendeine Art finde ich die Frau echt klasse. Irgendwie ein Original.«

»Dann weiß ich nicht, was dein Problem ist.« Waltraud sah ihren Mann lächelnd an. »Finde für dich heraus, was dir wichtiger ist: Entweder du entlarvst sie, wenn sie unecht, eine Gauklerin ist, oder aber, du arbeitest mit ihr zusammen und passt auf, dass dein Chef nicht dahinterkommt.«

»Der Alte ist in Kur, und ‘nen Vertreter gibt’s nicht. Sparmaßnahmen.«

»Na, dann ist doch alles klar.«

»Was ist klar, Traudel?« Edgar wirkte verwirrt, als er zu seiner Frau aufschaute.

»Nimm sie bei deinen Fällen …«

»Die sucht keine Fälle, die will Leichen, mein Hähnchen, echte Leichen. Die wartet regelrecht auf einen Mordfall«, unterbrach er sie.

»Mein Gott, Edgar, du stellst dich aber auch an!« Waltraud ging zu ihrem Mann, setzte sich bei ihm auf den Schoß. »Mach nicht so ein Aufsehen um das Ganze, sondern geh und nimm sie bei deinem nächsten Mord mit. Punktum.«

»Sie will auch ein Funkgerät von mir. Und gutmütig, wie ich bin, hab ich Trottel, ihr auch noch eins versprochen, zu besorgen.«

»Mein Gott, Edgar. Dann geh zu Erwin und frag ihn nach einem. Wozu bist du all die Jahre mit ihm befreundet!«

»Erwin Böhm?« An ihn hatte er ja noch gar nicht gedacht. Erwin Böhm, der Techniker der Kriminalabteilung. Klar, den konnte er fragen, ohne, dass es gleich an die große Glocke gehangen wurde.

Nicht mehr lange, und die beiden gingen zu Bett. Den darauf folgenden Verführungskünsten seiner Frau, war Edgar nicht in der Lage, sich zu entziehen. Wollte er auch gar nicht. Im Gegenteil!

Als Traudel endlich von ihm abließ, küsste er sie nochmals, um sich gleich darauf zur Seite hin, wegzudrehen, um in den Schlaf zu finden.

Doch an diesem Abend gelang ihm dies nicht.

Noch lange dachte er über Adda Fried nach, und darüber, wer diese Frau tatsächlich war.

Seine Gedanken befassten sich dermaßen viel mit der älteren Dame, dass sie ihn sogar bis in den Schlaf verfolgte.

Im Traum wurde er an einen Tatort gerufen, an welchem drei Leichen in einem Billardzimmer lagen. Zwischen ihnen krabbelte Adda Fried, mit einer großen Lupe in der Hand, und suchte nach Spurrückständen.

Als Kommissar Edgar Braun am Morgen erwachte, hatte er keine Erinnerung mehr an diesen Traum. Jedoch die Erinnerung an Adda Fried und sein Versprechen, hinsichtlich des Funkgeräts, waren geblieben.

Nach dem Frühstück ging er und rief Erwin Böhm an. Mit dem Ergebnis des Anrufs war er zufrieden. Erwin hatte, was er brauchte. Somit war sein nächstes Treffen mit Adda Fried vorprogrammiert. Und wenn er ganz ehrlich war, eigentlich freute er sich auf eine neuerliche Begegnung mit dieser ulkigen Nudel, die ihn doch tatsächlich ein klein wenig an Miss Marple erinnerte.

Sogar die Größe der beiden kommt in etwa hin. Gut, die Schauspielerin war beachtlich älter, als Adda es ist, aber ansonsten … Er lächelte vor sich hin.

Adda Fried

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