Читать книгу Der Seelenhandel - Anna Katharina Bodenbach - Страница 12

4

Оглавление

… sie wachte auf. Ein Schrei erstickte in ihrem Hals. Schweißgebadet und am ganzen Leib zitternd saß Lara in ihrem Bett. Daniel lag neben ihr. Er rührte sich nicht, daher rüttelte sie vorsichtig an ihm. »Schatz?«

Es kam keine Reaktion – sie schubste ihn ängstlich erneut an.

Daniel drehte sich murmelnd um und begann zu schnarchen.

Ihr fiel ein Stein vom Herzen.

Ein lauter Donner ließ sie zusammenzucken und einen Blick aus dem Fenster werfen. Die Blitze zuckten weiterhin wie wild und erhellten die ganze Gegend. Innerlich immer noch zitternd stand sie auf, um den Rollladen he-runterzulassen, damit sie wieder schlafen konnte.

Vorsichtig setzte sie einen Fuß vor den anderen und versuchte dabei, langsamer zu atmen. Lara wollte sich beruhigen, doch als sie genau vor dem Fenster stand, schlug ein Blitz in die Tanne des Nachbarn ein. Die ganze Gegend wurde so plötzlich erhellt, dass sie in den ersten Sekunden dachte, erblindet zu sein. Augenblicklich folgte der Donner und ließ die Wände erzittern. In ihren Ohren piepste es grell, sodass ihr Magen eine Etage tiefer sackte.

Die Tanne hatte es nun hinter sich. Der Baum war gespalten und kokelte noch etwas vor sich hin. Wäre der Regen nicht gewesen und hätte das Feuer gelöscht, wer weiß, was dann passiert wäre. Der heiße, dürre Sommer, der nach einer langen Winterkälte kam, hatte der Natur mit ihren Pflanzen ganz schön zugesetzt. Trockene Tannen brannten wie Zunder, doch nun schützte sie der Regen davor.

Daniel lag immer noch regungslos im Bett und schlief seelenruhig wie ein kleines Baby. Wenn sie im Tiefschlaf sind, kann man sogar unter dem Bettchen staubsaugen, ohne sie zu wecken. Auch Daniel juckte das Gewitter nicht im Geringsten.

Vom Blitz geblendet ging Lara einen Schritt zurück, stolperte und knallte auf den harten Parkettboden. Ein stechender Schmerz schoss ihr durch den Rücken hinauf bis zum Genick. Sie stöhnte, verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. Vorsichtig rieb sie ihren Nacken. Der laute Donner war in der Ferne verklungen.

Doch was war das?

Auf einmal hörte sie eine unheimliche Stimme, die nicht zu lokalisieren war. Die Stimme schien direkt in ihrem Kopf zu sein. Erst war sie ganz leise und kaum wahrnehmbar. Doch dann wurde sie immer lauter. Sie kam ihr seltsam vertraut vor, wie von einem Bekannten, doch Lara wusste genau, dass sie sie noch nie gehört hatte. Doch woher kam dann die fast familiäre Vertrautheit?

Es war wie bei einem Déjà-vu.

Dunkel hallte es in ihrem Kopf: »Wir haben dich gefunden und werden kommen! Endlich ist die Zeit reif, um die Sache zu beenden!«

Die Worte wurden wiederholt. Nach dem dritten Mal verstummte die Stimme schlagartig. Ein eiskalter Schauer lief ihr den Rücken hinunter.

Plötzlich wurde Lara von einer kalten Hand fest an der Schulter gepackt. Eine blitzschnelle Reaktion folgte. Sie drehte sich um und schlug einfach so fest zu, wie sie konnte, um ihren Angreifer außer Gefecht zu setzen. Sie zog ihre Faust zurück und ließ sie blitzschnell ein weiteres Mal mit aller Kraft nach hinten sausen. So kraftvoll, wie es ihr möglich war.

Es lagen noch nicht mal Sekunden zwischen den zwei Schlägen, ein Aufschrei folgte, doch es war nicht, wie sie den Aufschrei erwartet hatte: grauenvoll böse, sondern es war der Aufschrei ihres Mannes Daniel.

»Was ist los?«, schrie er ahnungslos mit schmerzverzerrter Stimme. »Mann, Lara! Scheiße! Was sollte das?«

»Ach, du warst das«, sagte Lara erleichtert und probierte, unschuldig zu klingen. »Ups …«, stotterte sie los und versuchte dann, sicherer weiterzusprechen: »Nichts ist los. Ich bin nur gestolpert, als ich auf dem Weg zum Fenster war.«

Daniels Nase blutete Gott sei Dank nicht, doch die Schmerzen waren höllisch. »Verdammt, was wolltest du denn mitten in der Nacht am Fenster? Außerdem, wer außer mir sollte im Haus sein und würde dir die Hand auf die Schulter legen? Wen hast du erwartet?«, fragte er sauer.

Lara schaute ihn entgeistert an, immer wieder wurde sein Gesicht, wenn es draußen blitzte, für den Bruchteil einer Sekunde erhellt.

»Ich konnte wegen dem Gewitter nicht schlafen, da wollte ich den Rollladen herunterlassen. Doch der Boden war rutschig, da bin ich hingefallen. Tut mir so leid, dass ich dich geschlagen habe, Daniel, aber …« Lara verstummte.

»Aber was?«

»Ach, du hast mich einfach nur so erschreckt, weil ich dachte, dass du noch schlafen würdest«, fügte sie hastig und unsicher hinzu.

»In Ordnung. Lass uns wieder schlafen gehen! Aber erschlag mich nicht im Bett! Ich wollte noch etwas länger unbeschadet und gesund leben. Ich sehe schon die Schlagzeile …«, gab er zurück.

»Haha. Sehr witzig. Ich habe doch schon gesagt, dass es mir leidtut. Außerdem war der Schlag wohl nicht fest genug, wenn du noch in der Lage bist zu scherzen.«

Daniel stand auf, kurbelte den Rollladen herunter und legte sich wieder ins Bett.

Lara folgte ihm, doch sie lag noch eine Weile wach. So viele Fragen wollten ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen.

Warum diese Stimme? Was hat sie damit gemeint? Hat es etwas mit meinen Träumen zu tun? Oder werde ich so langsam verrückt?

Doch keiner konnte ihr die Antworten auf ihre Fragen geben, wenn sie diese noch nicht einmal selbst wusste. Was sollte sie jetzt bloß machen? Würde sie ihrem Mann Daniel davon erzählen? Oder sollte sie es lieber für sich behalten? Könnte man sie womöglich für verrückt halten?

In diesem Moment gab es darauf keine Antworten. Aus diesem Grund beschloss sie, alles erst einmal mit sich selbst auszumachen. Daniel würde sie ohnehin für eine Irre halten. Er war ja schließlich ein Anwalt und stand übernatürlichen Dingen mehr als skeptisch gegenüber. Außerdem glaubte Lara ja selbst nicht an solche unerklärlichen Dinge. Gott und Spiritualität spielten keine Rolle in ihrem Leben. Mit etwas Distanz zu ihrem Traum und den Geschehnissen danach kam es Lara ohnehin auf einmal nicht mehr so real vor. Die Gefühle und Erinnerungen verblassten schnell.

War es überhaupt passiert? Oder hatte sie vielleicht einfach noch geschlafen? Außerdem gab es für sie als Journalistin nur Fakten und logische Erklärungen. Egal für welche Phänomene. Für jede Sache gab es eine simple Lösung. Es lag bestimmt daran, dass sie in der letzten Zeit einige Horrorfilme gesehen und Thriller gelesen hatte. Daran lag es mit Sicherheit. Je mehr sie über alles nachdachte, desto lächerlicher wurden die Ängste, die sie kurz zuvor noch gespürt hatte. Es war alles nicht real. Nichts von dem war wirklich passiert. Es war nur ein böser Traum, der mit Sicherheit nichts zu bedeuten hatte.

Das Gewitter ließ nach, Lara kam langsam zur Ruhe. Ihre Gedanken hatten sich beruhigt und geordnet. Der anfängliche Vulkanausbruch war vorüber, ein leerer, ruhiger Gedankensee in ihrem Kopf breitete sich aus. Der letzte Donner verstummte in der Ferne, sodass sie einschlief.

In dieser Nacht hatte sie keine weiteren Träume mehr. Es war faszinierend, welche Streiche einem der eigene Kopf spielen konnte.

Der Seelenhandel

Подняться наверх