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3. Gewinnspiele

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Die Notwendigkeit, neue Refinanzierungsmöglichkeiten für das Programm aufzutun, führte zu programmlichen Phänomenen, die ebenfalls besondere Anforderungen an die Aufsicht stellten. Nach Klingeltönen und Sexclips waren und sind es Gewinnspiele und Gewinnspielsendungen, die unter Nutzerschutzgesichtspunkten, insbesondere Minderjährigenschutzgesichtspunkten, zu untersuchen und zu beurteilen sind. Während Gewinnspiele und Gewinnspielsendungen zunächst nur durch freiwillige Vereinbarungen der Veranstalter, sich den von den Landesmedienanstalten entwickelten Auslegungs- und Anwendungsrichtlinien zu unterwerfen, reguliert werden konnten, ist mit Inkrafttreten des 10. RÄStV der Gesetzgeber tätig geworden. § 8a RStV erklärt Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele grundsätzlich für zulässig, unterwirft sie aber dem Gebot der Transparenz und des Teilnehmerschutzes. Die Abgrenzung zum unzulässigen Glücksspiel wird vor allem über das Teilnahmeentgelt vorgenommen, das in der Norm auf 0,50 EUR gedeckelt ist. Den Landesmedienanstalten ist in § 46 RStV freigestellt, die Anforderungen der Norm in einer Satzung oder Richtlinie näher auszugestalten. Für Gewinnspiele in vergleichbaren Telemedien, d.h. Telemedien, die an die Allgemeinheit gerichtet sind, gilt § 8a RStV entsprechend. Was die Ahndung von Verstößen anbelangt, hat der Gesetzgeber einen interessanten Weg gewählt. Nach § 49 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 RStV handelt ordnungswidrig auch, wer einer Satzung nach § 46 S. 1 i.V.m. § 8a RStV zuwiderhandelt, soweit die Satzung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist. Den Landesmedienanstalten hat der Gesetzgeber daher nicht nur anheimgestellt, sich zur Konkretisierung wahlweise einer Satzung oder Richtlinie zu bedienen, sondern es noch darüber hinaus in ihre Hände gelegt, entsprechende Ordnungswidrigkeitentatbestände in der Satzung zu formulieren.[61] Von dieser Ermächtigung haben die Landesmedienanstalten Gebrauch gemacht und übereinstimmende Gewinnspielsatzungen erlassen.[62] Die Satzung enthält vor allem Regelungen zum Jugendschutz, zur Transparenz, Irreführungs- und Manipulationsverbote, Vorgaben zum Spielablauf, -gestaltung und –auflösung sowie Informationspflichten genereller Art und solche während des Spielverlaufs. Der von 9Live im Wege der abstrakten Normenkontrolle angerufene Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 28.10.2009[63] die Gewinnspielsatzung überwiegend für rechtmäßig befunden. Nach Auffassung des Gerichtes findet allerdings die Erstreckung des Geltungsbereichs der Satzung über den Bereich des Rundfunks hinaus auf die sog. vergleichbaren Telemedien in den Bestimmungen des RStV keine tragfähige Grundlage. Ein Satzungsrecht sei den Landesmedienanstalten insoweit nicht ausdrücklich eingeräumt, der erweiternden Auslegung stehe bereits entgegen, dass in Bayern nicht die beklagte BLM zuständig für die Überwachung von Telemedien sei. Weiterhin wurden Regelungen der Satzung im Zusammenhang mit den Transparenzpflichten, dem Schutz der Nutzerinnen und Nutzer vor übermäßiger Teilnahme, Vorgaben in Bezug auf den Ausfallzeitraum, die Gesamtdauer von Gewinnspielsendungen und entsprechende Informations- und bzw. Dokumentationspflichten für unwirksam erklärt. Auf die Revision von 9Live hatte die BLM Anschlussrevision eingelegt. Da die ProSiebenSat.1-Gruppe die wesentlichen Vorgaben der Gewinnspielsatzung mittlerweile erfüllte, hatten sich die Direktoren der Landesmedienanstalten mit den Sendern 9Live, Sat.1, kabel1 und ProSieben zwischenzeitlich geeinigt und einen Vergleich hinsichtlich der Erledigung von zurückliegenden Verstößen gegen die Gewinnspielsatzung geschlossen. Im Rahmen dieses Vergleichs hatten sich die Sender verpflichtet, Einsprüche gegen neun erlassene Bußgeldbescheide zurückzunehmen, welche damit wirksam wurden und zu einer Zahlungsverpflichtung von Bußgeldern in Höhe von insgesamt 100 000 EUR führten. Darüber hinaus wurde die Rücknahme von Widersprüchen und Klagen gegen medienrechtliche Beanstandungen vereinbart. Mit der Rücknahme der beim Bundesverwaltungsgericht eingelegten Revision im Normenkontrollverfahren gegen die Gewinnspielsatzung wurde das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs rechtskräftig.[64]

Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

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