Читать книгу Wall Street Blues - Annette Meyers - Страница 6
ОглавлениеIch bin Leslie Wetzon«, begann Wetzon mit ihrer sanften, angenehmen Stimme, »und meine Firma heißt Smith und Wetzon«, fuhr sie fester und eine Spur entschiedener fort. »Wir sind eine Personalberatungsfirma, Lon, und wir arbeiten in der Maklerbranche.«
»Aha, Sie sind also Headhunter«, sagte Lon Campbell am anderen Ende der Leitung.
Eddie Barnes, ein Börsenmakler, dem Wetzon eine Stelle besorgt hatte, hatte sie vertraulich auf Campbell hingewiesen. »Hm, ich bin wirklich stinksauer auf Dayne … gefällt Ihnen, wie? Sie erwischen mich gerade im richtigen Augenblick …«
»Wunderbar«, sagte Wetzon. »Warum sind Sie stinksauer auf Dayne Becker?«
»Weil sie jedem, der im ersten Jahr auf über eine Viertel Million kommt, einen Toyota versprochen haben und alle möglichen Sonderleistungen dazu …«.
»Und?«
»Und das betraf drei von uns, und sie haben es einfach vergessen.«
»Dayne ist nicht für Großzügigkeit bekannt.«
»Weiß ich, weiß ich … Die sind durch und durch geizig.«
Wetzon konnte Campbells Unzufriedenheit fast durch die Telefonleitung spüren. Gut. Sie hatte ihn schon halb in der Tasche. »Die Firmen nehmen die Makler, die als Berufsanfänger zu ihnen kommen, als selbstverständlich hin«, meinte sie mitfühlend. »Aber dann holen sie Leute von anderen Firmen herein, die weniger bringen als Sie, und machen denen im voraus große Versprechungen, ein Büro, eine Verkaufsassistentin. Haben Sie zum Beispiel Ihre eigene Assistentin?« Bleib jetzt dran, dachte sie.
»Noch nicht, aber man hat mir versprochen … Ich soll eine bekommen … Ich habe genaugenommen jemanden gehabt … Wir haben da was laufen …«
»Ach, Sie leben gern riskant.«
»Klar, warum nicht – was liegt mir daran, ob ich in der Firma weiterkomme? Ich baue mir selbst ein Geschäft auf … Ja, wir sehen uns manchmal an, und sie zwinkert mir verschmitzt zu, und dann verdrücken wir uns eine Weile. Wirklich eine tolle Sache … Ich weiß nicht, warum ich Ihnen das erzähle … Ich kenne Sie nicht … Na ja, eigentlich kenne ich Sie doch, oder? Wir haben uns nur noch nie getroffen.«
»Aber das sollten wir auf jeden Fall. Falls ich Sie einmal zu einer vernünftigen Zeit aus dem Büro herausholen kann, lade ich Sie zu einem Drink ein.«
»Ich habe einen Termin, durch den ich nächste Woche mal früher aus dem Büro kann …«
»Okay, wann soll ich Sie anrufen, damit wir es festmachen?«
»Rufen Sie Montag an.«
»Prima. Wir sprechen uns am Montag.«
»Machen Sie’s gut, Wetzon, ja?«
»Wiederhören.« Sie legte lächelnd den Hörer auf und machte eine Notiz in ihrem Kalender. Sobald sie sich persönlich kennengelernt hatten, war die Beziehung hergestellt. Dann standen die Chancen gut, daß Campbell sich von ihr vertreten ließe, falls er die Stelle wechseln wollte.
Sie hielt das Gespräch auf einem Fahndungsbogen fest. Irgendwann würden sie alles in den Computer eingeben. Bis dahin arbeiteten sie und Xenia Smith mit A4-Karteikarten, die in der Branche »Fahndungsbogen« genannt wurden.
Was sie und Smith taten, war geheimnisvoll, im besten Sinn des Wortes, und deshalb war es wunderschön. Sie verstanden sich als Detektive auf der Suche nach den besten Kandidaten für die Posten, die ihre Kunden zu besetzen hatten. Wall Street bezeichnete sie und ihresgleichen als Headhunter, Kopfjäger, aber es störte sie nicht. Abseits der Wall Street warben Abwerber Fachleute ab, und Headhunter war dort ein abfälliges Wort. Aber in der Wall Street bewunderte man Ellbogengebrauch und Piraterie. Jeder, der »ungestraft davonkam«, wurde respektiert.
Und die Kunden waren keine gewöhnlichen Geschäftsleute, sie waren die treibenden Kräfte und die Drahtzieher der allmächtigen Finanzgemeinde. Wall Street. The Street.
Smith und Wetzon waren zwar nicht direkt Insider, aber das Gegenteil waren sie auch nicht. Daher waren sie in der idealen Lage, jedes Problem objektiv zu sehen und dem Kunden einen Überblick zu verschaffen.
Sie waren ein seltsames Paar. Smith war aus dem Personalbereich gekommen und Wetzon aus dem Showbusineß. Daß ihre Namen zusammen auf einprägsame Weise an die Büchsenmacher erinnerten, fanden sie nur lustig, aber sie nutzten es aus, um ihre Einmaligkeit zu betonen. Sie waren Frauen in einer Männerwelt.
Sie arbeiteten von einem kleinen Büro aus, das vorher eine Einzimmerwohnung in einem umgebauten Stadthaus gewesen war, ganz nah an der Ecke Second Avenue und 49. Street. Es lag zu ebener Erde mit einem hübschen Garten vor den Türen, in dem gerade die Forsythien aufblühten. Ein Weg aus roten Ziegelsteinen faßte Beete mit Tulpen, Narzissen und Iris ein.
»Bringen Sie die Sachen hier nach hinten«, rief eine Stimme. Die Tür ging auf, und Smith erschien, eine große, breitschultrige Frau in den Dreißigern, hinter ihr zwei Ausfahrer in Overalls, die gußeiserne Gartenstühle schleppten, weiß und viktorianisch mit floralen Motiven. Sie stellten sie auf den Ziegelsteinboden der Terrasse, die etwa eineinhalb Meter breit an der Rückseite des Hauses entlanglief, und überließen es Smith, den richtigen Standort für die Stühle auszuprobieren. Kurz darauf kamen sie mit einem runden Tisch und zwei weiteren Stühlen wieder. Smith griff in ihre Jackentasche und gab jedem der erwartungsvoll dastehenden Männer fünf Dollar. Dann überblickte sie, die Hände in die Hüften gestemmt, die Terrasse und war sehr mit sich zufrieden.
»So, was meinst du?« fragte sie Wetzon, die in der offenen Tür auftauchte.
»Wunderschön.« Wetzon bewegte sich immer noch wie die Tänzerin, die sie gewesen war. Sie trat auf die Terrasse und drehte einen Stuhl, um ihn besser betrachten zu können. «Genau das Richtige.«
»Meinst du, wir brauchen noch was?«
»Im Moment nicht. Warten wir es ab«, sagte Wetzon und streichelte das eiserne Filigran. »Vielleicht später mal eine Bank, aber das ist ein guter Anfang.«
»Wir können hier draußen bald unsere Lunchpause machen«, sagte Smith glücklich, »und an unsrer Bräune arbeiten.«
Sie sprach immer von unser, wenn sie mein meinte. Im Sommer wurde sie dunkel wie eine Zigeunerin. Mit ihrem kurzen, dichten dunklen Haar und dem Olivton der Haut war sie ein geborener Sommermensch. Wetzon war blaß und blond und hatte das dünne feine Haar immer noch nach Tänzerinnenart zu einem Knoten aufgesteckt. Sie trug immer einen Hut, wenn sie sich der Sonne aussetzte.
Aber sie leistete Smith in der Sonne Gesellschaft, weil sie dort ihre besten Einfälle hatten. Im vergangenen Sommer hatten sie alte Liegestühle benutzt, die Wetzon, die leidenschaftlich gern organisierte, im Trödelladen Irvington gefunden hatte.
Doch da für sie gerade ein glänzendes Geschäftsjahr zu Ende gegangen war, ihr bestes Jahr bisher, hatten sie beschlossen, sich für die weißen viktorianischen Gartenmöbel, die Wetzon in einem Geschäft an der Atlantic Avenue in Brooklyn entdeckt hatte, in Unkosten zu stürzen.
»Smith …« Harold kam an die Tür. Seine Augen hinter der Hornbrille leuchteten auf. »Toll.«
»Ja«, sagte Smith selbstgefällig. »Sie sehen klasse aus. Du wolltest mich sprechen?« »Oh, fast hätte ich es vergessen. Frank Farnham ist am Telefon. Für dich.«
Harold Alpert war ihr Assistent. Während seines Studiums hatte er als Ferienpraktikant bei ihnen gearbeitet, und jetzt, nach seinem Examen, war er wild entschlossen, ein richtiger Headhunter zu werden.
Sie hatten Harold durch einen Zufall kennengelernt. Smith versuchte damals, ein Ehepaar bei Dean Witter zu vermitteln. Sie hatte für sie erfolgreich einen Wechsel zu Bear, Stearns, eingefädelt, aber der Handel, so lukrativer war, schloß nicht den Ferienangestellten des Ehepaares ein, für den sie sich verantwortlich fühlten. Bear weigerte sich, Harold als Praktikanten zu übernehmen, und schließlich wurde es ein Reizthema für alle. Also deutete Smith an, Smith und Wetzon könnten wahrscheinlich einen Assistenten gebrauchen, und Harold war für den Rest des Sommers zu ihnen gekommen und hatte sich in dieser Zeit einen Bart stehen lassen, um reifer auszusehen. Das war zwei Sommer her, und nun war er ganztags bei ihnen angestellt.
Er hatte geplant, weiterzustudieren und auch noch seinen Abschluß in Betriebswirtschaft zu machen, aber jetzt war er unschlüssig, und vorerst hatte er ja eine gute Stelle, mit der er besser dran war als viele seiner Kommilitonen am College.
Der Börsenkrach im Oktober 1987, auch als Schwarzer Montag bekannt, als die Kurse um über fünfhundert Punkte stürzten, hatte ihrem Geschäft tatsächlich gutgetan. Leute, die verkaufen konnten, Börsenmakler, die gute Aufträge hereinholten, waren außerordentlich gefragt. Die Maklerfirmen lockten mit den größten Angeboten. Und Smith und Wetzon halfen mit größtem Vergnügen, gute Leute zu vermitteln. Deshalb hatten sie sich darauf geeinigt, daß Harold endlich Teilhaber werden sollte, und sie wollten ihn bald mit den telefonischen Vorgesprächen anfangen lassen, aber vorher mußten sie einen Ersatz für ihn einstellen. Er sagte immer wieder: »Heute, Smith? Heute, Wetzon? Ich meine, ich bin jetzt soweit. Wann kann ich mit den Interviews anfangen?«
Er war zu scharf darauf, zu hungrig, um ihn noch lange zappeln zu lassen. Morgen wollten sie mit den ersten Bewerbern für seine alte Stelle Einstellungsgespräche führen.
Als Wetzon nach einer letzten befriedigenden Besichtigung des Gartens wieder ins Zimmer kam, hatte Smith Frank Farnham am Telefon, den Manager bei Boyd & Boyd, der ihnen immer noch das Honorar für Roger Compari schuldete. Wie alle Headhunter auf ihrem Gebiet wurden sie mit einem prozentualen Anteil an der Bruttoproduktion des Maklers bezahlt, das heißt seinen jährlichen Bruttoprovisionen für den Verkauf von Aktien, festverzinslichen Wertpapieren und so weiter. Vor fast vier Monaten hatten sie Roger Compari bei Boyd & Boyd untergebracht und jeden Monat ihre Rechnung geschickt, und jeden Monat gab es eine neue Ausrede, warum sie noch nicht bezahlt war.
Smith, die mit dem Rücken zu Wetzon saß, drehte sich mit dem Stuhl um und deutete auf das Telefon, dann an ihren Kopf und beschrieb einen Kreis mit der Hand. Wetzon verdrehte die Augen und hielt ihren Mittelfinger hoch. Smith hielt die Sprechmuschel zu und lachte.
Das Telefon läutete. Und noch einmal. Wohin war Harold verschwunden? Wetzon griff nach dem Hörer.
»Smith und Wetzon«, sagte sie forsch.
»Oh, gut, Sie sind’s.« Wetzon erkannte Barry Starks Stimme sofort, obwohl sie ihn kaum hören konnte. Die Stimme klang nasal, als hätte er eine Nebenhöhlenerkrankung, was vermutlich zutraf – wer in New York litt nicht darunter? –, aber es war so gar nicht seine Art, so leise zu sprechen.
Wetzon kannte Barry Stark seit drei Jahren. Erst bei Merrill, jetzt bei Jake Donahue.
»Ihr Stil gefällt mir«, hatte er gesagt, als sie ihn zum erstenmal auf gut Glück angerufen hatte. »Sie sind wirklich gut. Sie hören zu. Sie können mich jederzeit anrufen.« Seine Stimme hatte sie praktisch durch die Leitung angebrüllt.
Sie war bei ihm nie bis zu einem Abwerbegespräch gekommen und würde es vermutlich nie schaffen, aber er war eine gute Informationsquelle. Weil er anscheinend Gott und die Welt kannte, konnte er Wetzon, die er als Freundin betrachtete – und das war sie, soweit Leute in der Branche fähig waren, Freunde zu haben –, mit Namenslisten und Verzeichnissen von jedem Makler in jedem Büro jeder Firma, zu der er Kontakt hatte, mit einer Beschreibung jeder Person bis zur Art der Geschäfte und ihren Einkünften versorgen. Eines mußte man Barry lassen – ihm entging nichts. Sie hatte seit Monaten nicht mehr mit ihm gesprochen, seit Weihnachten nicht mehr, als sie ihm telefonisch schöne Feiertage gewünscht hatte, und er war zu beschäftigt gewesen, um viel zu reden.
»Ich muß Sie sehen, es ist dringend«, sagte er jetzt. Er hörte sich übernervös an.
»Alles in Ordnung?« fragte Wetzon. Smith schimpfte oft, sie sei zu gutmütig und lasse sich von diesen verkorksten Typen mit ihren Problemen überrumpeln und ausnutzen, aber Barry war nicht so schlecht, wie Smith meinte.
»Warum läßt du dich ausnutzen?« fragte Smith immer wieder. »Genau das tun sie nämlich. Die fahren auf dich ab. Und Barry Stark ist ein Kokser wie alle andern auch.«
»Oh, ich weiß, was er tut«, gab Wetzon dann zurück, »und ich halte ihn auch nicht für einen Kokser. Dafür interessiert er sich zu sehr für seinen schönen Körper. Aber wenn jemand Hilfe braucht, kann ich doch nicht nein sagen. Das liegt mir einfach nicht.«
Sie konnte es wirklich nicht, weshalb sie schnell im Kopf mit ihren Terminen jonglierte. »Bleiben Sie einen Moment dran, Barry, mal sehen, was ich tun kann. Wann möchten Sie mich treffen? Paßt Ihnen fünf Uhr?«
»Ausgezeichnet. Ich brauche ungefähr eine halbe Stunde, um hochzufahren. Wo wollen wir uns treffen?«
»Im Four Seasons. Nehmen Sie den Eingang an der 52. Street zwischen Park und Lexington, gehen Sie die linke Treppe nach oben. Sie wissen doch, wenn Sie oben sind, haben Sie rechts die Bar und links ein paar Sessel. Ich werde dort sein.«
»Okay«, sagte Barry. »Ich erinnere mich. Wo wir uns schon mal getroffen haben.« Seine Stimme war immer noch eigenartig, fast ein Flüstern.
»Alles in Ordnung, Barry?«
»Es ist etwas passiert. Sie wollen – ich sag’s Ihnen nachher.« Er hängte ein.
Wetzon seufzte und legte den Hörer auf. Der arme Barry mußte sich in eine Zwangslage manövriert haben. Er mußte eben immer den kürzesten Weg nehmen, konnte sich nicht an die Regeln halten. Er hatte sehr schnell eine Menge Geld verdient, und er war vermutlich noch unter dreißig. Er schien immer extrem zu leben, mußte ständig in Aktion sein; es war wie eine Droge, und er sah sich selbst als einen Mann mit höchst eigenwilligen Methoden, der seine eigenen Geschäfte machen konnte. Nicht einmal der Börsenkrach hatte ihm einen Dämpfer verpaßt.
Aber Wetzon sah aus ihrem Blickwinkel, daß Barry sich verrannt hatte. Er hatte Fehler gemacht, und eines Tages würde er einen großen machen und sich und seine Kunden in den Abgrund reißen. Selbstzerstörung war ihm auf den Leib geschrieben.
Vor drei Jahren, als sie ihn kennengelernt hatte, war er wie ein Sportler die Treppe im Four Seasons hochgesprungen, fast überlebensgroß, verspätet. Sehr groß, über einsachtzig, dunkelbraunes gelocktes Haar fast bis auf die Schultern. Grübchen im Kinn. Er sah aus wie ein griechischer Gott im grauen Nadelstreifenanzug.
»Also reden Sie, Wetzon«, hatte er gedröhnt. »Was haben Sie zu erzählen?«
Sie lächelte, als ihr einfiel, wie die Leute sie damals angestarrt hatten.
Smith knallte den Hörer auf.
»Neue Ausreden?« fragte Wetzon.
»Der Scheck ist unterwegs.« Smith drehte sich um und lächelte schief. »Ich glaube, Frank hat ein Problem. Alkohol oder Drogen. Ich weiß nicht, was, aber einmal hat er tiefe Depressionen, und dann ist er wieder high. Manchmal redet er sogar sinnloses Zeug daher.« Sie schüttelte den Kopf. Es war allgemein bekannt, daß Drogen in der Wall Street grassierten.
»Hör zu«, begann Wetzon. »Bei meinem letzten Gespräch mit Roger sagte er, daß es dort nicht so glatt läuft, daß Frank ihm eine eigene Verkaufsassistentin und einen Kundenwerber versprochen hat, und er bekommt weder das eine noch das andere, außerdem hapert es derart bei der Organisation, daß er anscheinend nicht klarkommt. Er weiß nicht einmal, mit wem er auf den verschiedenen Ebenen verhandeln soll. Was machen wir, wenn er nicht bleibt und sie uns immer noch nicht bezahlt haben?«
»Wir verklagen sie.« Smith grinste.
»Oh, nicht schon wieder«, stöhnte Wetzon.
Sie hatten mit ihren Prozessen unglaublich viel Glück gehabt, und die Einigungen waren immer mit Gerichtskosten verbunden, aber Smith hatte eine Vorliebe fürs Prozessieren, die Wetzon nicht geheuer war. Smith konnte hervorragend verhandeln, und sie hatten immer gewonnen. Sie waren so erfolgreich gewesen, daß ihre Auftraggeber jetzt rechtzeitig zahlten, und von denen, die wegen Nichtzahlung verklagt wurden, nahmen sie keine Aufträge mehr an. Der einzige Haken war, daß Prozesse sich endlos hinzogen und Leon und Smith die juristischen Geplänkel anscheinend zu sehr genossen. Doch Leon, ihr Anwalt, wurde immer bezahlt, so oder so, warum sollte er es also nicht genießen? Falls sie das Geld bei Boyd & Boyd und Frank Farnham einklagen müßten, könnte es ein ganzes Jahr dauern. Ihr Honorar betrug zwanzigtausend Dollar, und sie würden sich wahrscheinlich darunter einigen müssen.
»Wann haben wir morgen unser erstes Gespräch?« fragte Smith Harold, der mit vollen Backen an einem Chipwich kaute.
»Mmmf, neun Uhr«, murmelte er, »mit einem Bailey Balaban, frisch von der Universität Boston.« In seinem Bart hingen Krümel von seinem Chipwich.
»Irgendwelche Makler heute nachmittag?« wollte Smith von Wetzon wissen.
»Ja, Barry Stark.« Smith murrte laut. »Nicht schon wieder.«
»Ich konnte nicht nein sagen, Smith. Er hat sich wirklich schlimm angehört.«
»Hat er wieder eine kleine alte Frau um sämtliche Ersparnisse gebracht, oder haben sie ihn endlich wegen Drogenhandel geschnappt? Wetzon, warum läßt …«
»Ich weiß, ich weiß … warum lasse ich mich ausnutzen«, beendete Wetzon den Satz. »Ich kann eben nichts dagegen machen. Ich wollte eigentlich in meinen Tanzkurs gehen, also lasse ich nichts Wichtiges ausfallen, und wenn er diesmal wirklich in der Klemme ist?«
»Ja, was dann? Was kannst du überhaupt für ihn tun?«
»Und Barry hat noch nie eine alte Frau übers Ohr gehauen«, fügte Wetzon hinzu. »Das war sein Freund, Georgie Travers.«
»Na und? Das ändert auch nichts. Die sind alle gleich.«