Читать книгу Mörderisches Musical - Annette Meyers - Страница 16

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»Ich müßte verrückt sein, zu wechseln, Wetzon. Er möchte, daß ich nach New York umziehe, so ein Scheiß, und eine Kürzung hinnehme.«

»Damit ich das richtig verstehe, David. Er hat Ihnen zehntausend im Monat über sechs Monate gegen eine Auszahlung von sechzig Prozent geboten? Das ist kein Pappenstiel.«

»Wetzon, er hat mir einen Vorschuß, einen verdammten Vorschuß, von zehntausend im Monat geboten, mit Rückzahlung, wenn ich es nicht verdiene. Ich möchte fünfzehn, oder ich komme nicht. Sagen Sie dem Scheißer, wenn er glaubt, daß er so ein toller Hecht ist und aus mir einen Millionen-Dollar-Produzenten machen kann, dann kann er auch verdammt noch mal ein Risiko eingehen. Er will, daß ich das ganze Risiko trage. Wissen Sie, was das Leben in New York kostet?«

Allerdings, dachte sie. »Ich will sehen, was sich machen läßt, David.«

»Wetzon, hören Sie. Er braucht nur auf fünfzehn im Monat über sechs Monate gegen sechzig Prozent zu gehen, und ich bin morgen da.«

Sie legte auf. Daraus würde nichts. Nach beinahe sieben Jahren im Geschäft gab es nur noch sehr wenige Überraschungen für sie. Sie hatte einen sechsten Sinn dafür entwickelt, aus welchen Situationen sich etwas machen ließe und aus welchen nicht. In diesem Fall duellierten sich zwei gigantische Egos, und verlieren würden beide.

Die Telefone schrillten, ließen die Lämpchen blinken. Es gab viel zu tun.

»Ich werde mir deswegen kein Bein ausreißen«, sagte sie zu Smith, die gerade hereingekommen war und einen Schwall kalte Luft mitgebracht hatte.

Ihr Büro befand sich im Parterre eines mehrstöckigen Hauses in der East 49. Street zwischen First und Second Avenue. Früher war es eine Wohnung gewesen, und an der Stelle der Küche hatten sie ihren Empfangsbereich. B. B., dessen Geburtsurkunde auf Bailey Hinson Balaban lautete, hatte ein winziges Kabuff von Büro in einer Ecke des Raumes. Die Fenster des großen Raumes, den Smith und Wetzon sich teilten, gingen auf ihren eigenen privaten Garten hinaus. Nachdem sie jahrelang Mieter gewesen waren, hatten sie das Gebäude 1992, als die Immobilienpreise in New York im Keller waren, zu einem Spottpreis gekauft. Nun waren sie Hausbesitzer.

Smith hatte sich an diesem Morgen mit einem kupferfarbenen Strickkostüm in Schale geworfen. Der enge Rock bedeckte so eben den halben Oberschenkel, und Strumpfhose und Schuhe paßten perfekt zur Aufmachung. Wie hatte sie das wieder fertiggebracht, fragte sich Wetzon.

»Was hast du gesagt, Zuckerstück?« Smith setzte sich an ihren Schreibtisch, schlug ein Bein über das andere, warf sich in Positur.

»Ich habe gesagt, wie reizend du aussiehst, Smith.« Smith grinste ihre Partnerin an. Sie waren beide solche Heuchler.

»Wir haben doch eine Verabredung zum Mittagessen, oder?« Smith kniff die Augen zu Schlitzen zusammen und sah Wetzon prüfend an. »Was ist los mit dir? Du hast keine Farbe im Gesicht. Und mir gefällt diese Grundierung nicht. Sie macht deine Haut so bläßlich.«

»Mann, wie gern ich meine Zeit mit dir verbringe, Smith. Du trägst immer dazu bei, daß ich mich wohl fühle.«

»Verstehe. Du vermißt Alton.«

»Sprechen wir nicht über Alton.« Nein, ich vermisse Alton nicht. Ich bin gern mit ihm zusammen, aber er fehlt mir nicht, wenn er nicht da ist. Er war seit drei Tagen weg, und sie war froh gewesen, allein in ihrer Wohnung zu sein – wenigstens bis letzte Nacht. »Und zu deiner Information: Ich vermisse ihn nicht.«

»Es gibt einen Gott.« Smith stimmte Wetzon mit selbstgefälligem Nicken zu. »Denk nur daran, was ich dir gesagt habe, Kleines. Eine Beziehung ist nur gut, wenn er dich mehr liebt als du ihn.«

Laß mich in Ruhe, dachte Wetzon. Sie blickte auf ihre ›Fahndungsbogen‹ und sortierte sie so, daß die aussichtsreichsten Kandidaten zuoberst auf dem Stapel lagen.

»Wie läuft es mit David Dwyer?« wollte Smith wissen.

»Tja, was nach einer Vermittlung mit links aussah, funktioniert nicht. Ich glaube nicht, daß David zuviel verlangt – fünfzehn im Monat über sechs Monate, aber Ron stellt sich auf die Hinterbeine und bewegt sich nicht.«

»Führe ihn woanders ein.«

»Er ist an keiner anderen Firma interessiert.«

Smith bedachte Wetzon mit einem Blick, der besagte, du strengst dich nicht genügend an, und kehrte ihr den Rücken. »Wo kommen bloß die vielen Nachrichten her.« Sie blätterte die rosa Zettel durch, faltete das ganze Bündel einmal und ließ es in den Papierkorb fallen. Smith erhob es zu einem Fetisch, Anrufe nie zu beantworten. Es machte Wetzon wahnsinnig.

»Wie willst du wissen, ob nicht etwas Wichtiges auf einem davon steht?« fragte Wetzon.

»Oh, bitte. Wenn es wichtig ist, rufen sie noch mal an. Was Neues?«

»B. B. hat heute morgen zugeschlagen.« Ihr junger Teilhaber hatte es weit gebracht, seit Smith und Wetzon ihn direkt vom College eingestellt hatten. Er war als eifriger Kundenwerber zu ihnen gestoßen. Damals war der doppelzüngige Harold Alpert ihr Teilhaber gewesen, der sie später verraten hatte und zu ihrem Hauptkonkurrenten, Tom Keegen und Partner, übergewechselt war.

Letztes Jahr hatten sie Max Orchard, einen in Rente gegangenen Buchhalter, als Kundenwerber auf Teilzeitbasis eingestellt, trotz Smith’ laut geäußerter Einwände, und er hatte sich als ein Juwel erwiesen, zuverlässig und tüchtig. Unterm Strich, meinten beide inzwischen einmütig, war Max ein Gewinn.

»B. B.? Wo? Wieviel? Wer?«

»Larry Cooper. Dreihunderttausend. Wir sehen fünfzehn davon. Rivington Ellis. «

»Larry Cooper? Der Typ von der Börse, der wegen Geldwäsche gerügt wurde?«

»Genau der. So ein Schönredner. Ich hasse es, mit diesen Typen zu arbeiten. Ich habe immer das Gefühl, ich müßte mir die Hände waschen, wenn ich mit ihnen zu tun hatte.«

»Ich freue mich jedenfalls, daß ihr ihn bei Rivington Ellis untergebracht habt. Wenigstens zahlen die uns auf der Basis der laufenden zwölf.«

»Für wie dumm hältst du mich, Partnerin? Wer weiß, wie lang er im Geschäft sein wird?«

»Zünden wir ein paar Kerzen an. Vermutlich solltest du seine Hand halten, bis die neunzig Tage vorbei sind.«

»Genau das habe ich vor, aber das hängt vom Zufall ab. Seine Vergangenheit wird ihn einholen, oder er stellt bei Rivington Ellis etwas Schreckliches an. Diese Kerle können sich nicht bremsen, bis sie wieder töten.« Igitt, dachte Wetzon. Sie hatte Mord im Kopf.

Smith klopfte ihre mauvelackierten Fingernägel gegeneinander und betrachtete Andy Warhols Bleistiftzeichnung von einer Rolle Dollarnoten an der Wand. Sie hatten sie Vor Jahren von ihrem ersten Honorar gekauft, weil sie sie für wunderbar symbolisch hielten. »Jedenfalls haben sie keine Katze im Sack gekauft.«

»Sie wissen, was er ist, und haben ihn trotzdem gewollt. Laura Lee behauptet, Larry hätte bei der Geburt einen moralischen Bypass bekommen.«

»Hm. Diese Laura Lee hält sich für so gescheit. Wann verstehst du endlich, daß du mit solchem Abschaum nicht befreundet sein kannst?«

»Smith, du weißt ganz genau, daß Laura Lee mir seit langem eine gute Freundin ist. Behalte also deine Ansichten für dich.«

»O Verzeihung.« Smith warf die Hände hoch. »Wann ist das Mittagessen?«

»Halb eins. Ich glaube, ich sollte Twoey vielleicht sagen, daß du mitkommst.«

»Wenn du das tust, spreche ich kein Wort mehr mit dir.«

Wetzon drohte Smith mit dem Finger. »Du wirst ihn quälen. Er ist immer noch in dich verliebt.«

Smith lächelte katzenartig und rümpfte die Nase.

Jetzt war es an Wetzon, die Hände hochzuwerfen.

»Herein«, rief Smith herrisch, als es an der Tür klopfte. »Max, Zuckerstück.« Sie zwinkerte Wetzon zu. »Wie aus dem Modeheft heute.«

Max trug seinen üblichen glänzenden braunen Anzug, weiße Socken und braune Schuhe mit Gummisohlen. Seine Hose war bis unter die Brust hochgezogen und wurde von Hosenträgern gehalten. Heute hatte er eine beschwingte, rotweiß getupfte Krawatte hinzugefügt. Ein passendes Taschentuch hing aus der oberen linken Tasche seines Jacketts.

»Danke.« Max behandelte Smith stets mit Nachsicht, als wäre sie eine Tochter auf Abwegen. »Ihr Sohn ist auf Apparat zwei.«

Smith warf Max eine Kußhand zu, griff schnell zum Hörer und begann zu schnurren: »Wie geht’s meinem kleinen Schatz?« Sie machte schmatzende Geräusche ins Telefon.

»O Smith«, stöhnte Wetzon. »Er ist siebzehn Jahre alt, um Gottes willen.«

Smith funkelte sie an. Mark war in seinem letzten Jahr am Choate und würde im Herbst in Harvard anfangen, doch Smith nannte ihn immer noch ihren kleinen Schatz. Es war ein Wunder, daß er es überhaupt geschafft hatte, erwachsen zu werden.

Wetzon tippte Carlos Nummer, lauschte dem Rufzeichen. Als sich der Anrufbeantworter meldete, sagte sie kurz angebunden: »Ruf mich bitte an« und legte auf. Wahrscheinlich war er bei einer Probe. Dennoch machte sie sich Sorgen.

Das Telefon läutete. Drei Leitungen waren besetzt, und der Anruf kam auf vier. Wetzon meldete sich. »Smith und Wetzon. Leslie Wetzon am Apparat.«

»Hallo, Tag, Leslie. Sunny Browning hier, Mort Hornbergs Assistentin.«

»Richtig. Bleibt es bei dem Mittagessen heute?«

»Es bleibt. Ich wollte es nur bestätigen, zwölf Uhr dreißig im Four Seasons. Ich habe einen Tisch für vier reserviert.«

»Okay, Liebling«, sagte Smith ins Telefon.

»Vier? Ach, Sie haben gehört, daß meine Geschäftspartnerin mitkommt?«

Smith legte geräuschvoll auf und drehte demonstrativ ihren Stuhl, um Wetzons Gespräch mitzuhören.

»Nein. Dann sollte ich für fünf bestellen«, sagte Sunny. »Ich bin die vierte, weil es meine Aufgabe ist, Morts Show zu finanzieren.«

»Gut, dann also fünf. Meine Partnerin, Xenia Smith, ist sehr daran interessiert, in die Show zu investieren.«

Smith begann im Zeitlupentempo Beifall zu klatschen, und Wetzon beendete das Gespräch.

»Wer war das?« Smith’ Miene war die reine Unschuld.

»Mort Hornbergs Assistentin, Sunny Browning. Sie beschafft das Geld für die Shows. Du lernst sie beim Mittagessen kennen.« Doch Wetzon war sich sicher, daß das Mittagessen zur Strapaze werden würde. Smith war zum Streiten aufgelegt.

Smith betrachtete eingehend ihre Fingernägel und sagte: »Bestimmt.« Sie stand auf, riß die Tür zum Bad auf und lächelte sich in dem Ganzfigurspiegel an. »Was sind das wohl für Leute, die ein Kind Sunny nennen? Ist sie schwarz?«

»Nein. Und wäre das nicht sowieso egal? Ihr richtiger Name ist Sunshine.«

»Sunshine! Unglaublich! « Smith begann an ihrem Make-up herumzumachen und legte Rouge auf.

Mein Königreich für ein Valium, dachte Wetzon.

Das Telefon läutete einmal, zweimal, dann hörte es auf. Max klopfte und machte die Tür auf »Mrs. Orkin für dich, Wetzon.«

»Für mich?« Mrs. Orkin? Susan Orkin?

»Ja.« Max machte die Tür zu.

Sie nahm den Hörer ab: »Leslie Wetzon.«

»Leslie, Susan Orkin.« Eine weiche Stimme mit einer gewissen sexy Heiserkeit. Irgend etwas entfernt Bekanntes klang an.

»Ja?« Wetzon blieb unverbindlich.

»Du erinnerst dich wohl nicht.«

»Tut mir leid.«

»Ich war Susan Cohen, als wir zusammen am Douglass waren.«

»Susan Cohen? Vom Douglass? Das gibt’s doch nicht.« Was für eine Überraschung. Susan Orkin war die ganze Zeit Susan Cohen gewesen, und Wetzon hatte es nicht gewußt. Sie sah das Mädchen Susan Cohen so deutlich vor sich, als wäre es gestern gewesen. Schlank, winzig, honiggelbes Haar, eine attraktiv gebogene Nase, Grübchen. Sie hatten während der vier Jahre am College viele Kurse gemeinsam belegt.

»Ich bin Susan Cohen Orkin. Dilla und ich…«

»Ich weiß. Ich wußte nur nicht, daß du die Susan bist, die ich kannte. O Gott, das klingt so verworren. Es tut mir leid wegen Dilla. Kann ich irgendwas für dich tun?«

Diesmal brach Susans Stimme: »Bitte, können wir uns ungestört unterhalten? Ich brauche deine Hilfe.«

Mörderisches Musical

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