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3. Kapitel

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»Carlos, traust du dieser Bonnie?«

»Sie hat ihre Wurzeln vergessen, Häschen. Ts … Ts … So geht’s, wenn Zigeuner nach Hollywood gehen.«

»Tja, Shirley MacLaine erinnert sich an ihre Wurzeln.«

»Ihre und all die andern, mit denen sie in einem früheren Leben zusammen war.«

»Verdammt, Smith! Wie konntest du eine Mitarbeiterin einstellen, ohne mich nach meiner Meinung zu fragen?«

»Pst, sie kann dich hören.« Smith ließ einen Schimmer von Betroffenheit erkennen. Sie hängte einen gewaltigen Waschbärhut an den Türgriff und starrte ihn an.

»Es ist mir egal, ob sie es hört. Sie ist meschugge. Behauptet, jemand habe versucht, sie umzubringen.«

Smith überlegte es sich anders, nahm den Hut vom Türgriff und probierte ihn an. Er saß wie angegossen. »Es stimmt aber, und ich weiß bloß nicht, wer.«

»Oh, bitte! Ist das ein neuer Hut?«

»Ich teste ihn.«

»Wo hast du sie überhaupt gefunden? Und was zum Kuckuck versteht sie von Headhunting? Ich nehme an, ich muß sie erst anlernen.«

»Nimm nichts an, Zuckerstück.« Smith hatte ihr breitestes Grinsen aufgesetzt. »Warte ab, bis du alles gehört hast. Es wird dir gefallen.«

»Ich kann es kaum noch erwarten zu hören, wie es mir gefallen wird.« Wetzon setzte sich an ihren Schreibtisch. Verdammt, Smith hatte sie wieder einmal überfahren.

Smith leckte sich die Lippen und sprach langsam, um es spannend zu machen. »Darlene ist – ich korrigiere, war – Tom Keegens neueste Starkundenwerberin. Geschult von unserem höchstpersönlichen Benedict Alpert, dem einen und einzigen Harold, und sie hat ihn in weniger als einem Jahr in den Schatten gestellt.«

Benedict Alpert. Smith hatte tatsächlich einen Scherz gemacht. »Sehr lustig, Smith.«

»Schlau würde ich es nennen. Was sagst du zu meinem Star?«

Trotz ihrer Wut war Wetzon beeindruckt. »Was, Harold in den Schatten gestellt? Auf wieviel bringt sie es?«

»Vierhunderttausend in neun Monaten.«

»Mein Gott! Okay, du hast gewonnen. Ich bin beeindruckt.«

»Ich wußte, es würde dir gefallen. Es ist ein Coup.«

»Sie sieht allerdings billig aus, Smith.«

»Ist das alles, was du zu sagen hast? Kein ›Danke, liebe Smith‹?« Smith zog einen Schmollmund. »Du bist mir nie dankbar.«

Wetzon seufzte. »Doch, das bin ich. Du bist wunderbar. Es ist ein Coup.«

Jetzt strahlte Smith unter dem dicken Pelz. »Wir kriegen sie hin. Sie ist eine Tafelrose.«

»Eine Tafelrose? Was zum Kuckuck soll das sein?«

»Du weißt schon, eine leere Tafel.«

Wetzon mußte lachen. »Du meinst tabula rasa

»Oder so ähnlich.«

»Also, wer versucht, Darlene umzubringen?«

»Tom Keegen natürlich.« Smith setzte sich auf ihren Schreibtisch und ließ ein langes, schlankes Bein baumeln. Sie nahm ein Fläschchen farblosen Lack, natürlich Chanel, aus ihrer Handtasche und trug eine zweite Schicht auf ihre Fingernägel auf.

»Ich könnte mir denken, daß Keegen eher versuchen würde, dich zu töten oder auch mich, wenn überhaupt.«

»Oh.« Das Bein von Smith hörte auf zu schaukeln, während sie darüber nachdachte. »Du hast recht. Ich habe es eingefädelt. Also versucht er, mich zu töten.« Doch anstatt erschrocken auszusehen, schien sie sich zu freuen. Und ihr Bein pendelte weiter. Sie schob den Lack beiseite und pustete auf ihre Nägel.

»Nein, bestimmt nicht«, sagte Wetzon. »So verrückt ist Keegen nicht. Wie wir aus Erfahrung wissen, sind Headhunter austauschbar. Aber wie um alle Welt hast du es fertiggebracht, Darlene von ihm wegzulocken?«

»Tjaaa, ich habe durch einige unserer Kunden von ihr gehört – du weißt ja, wie gern sie uns damit quälen, daß unsere Konkurrenz so gut ist …«

»Wie sie bestimmt unsere Konkurrenz damit quälen, wie gut wir sind.«

»Wie dem auch sei, hättest du gedacht, daß wir zum selben Friseur gehen – zu Ishi?« Selbstgefällig war das einzige Wort, das in diesem Augenblick auf Smith paßte.

»Seit wann gehst du zu Ishi?«

Lächelnd tätschelte Smith den Waschbärhut.

Wetzon rieb sich die Stirn. »Vergiß es, sag nichts. Es ist erstaunlich, wie doof ich bin.«

»Manche von uns haben es, Zuckerstück, und manche haben es nicht.« Die Beine übergeschlagen, setzte sich Smith in Positur. »Übrigens, muß ich dir sagen, daß es Liebe auf den ersten Blick war?«

»Tatsächlich?«

Smith runzelte die Stirn. »Nicht was du denkst.«

»Oh, entschuldige, ich habe den Kopf verloren.«

»Ich mußte einen raschen Entschluß fassen, weil Keegen sie drängte, sofort einen lukrativen, aber einschränkenden Vertrag zu unterschreiben.«

»Und was haben wir ihr gegeben, wenn ich fragen darf?«

»Einen lukrativen und einschränkenden Vertrag. Und uns beide, zwei reizende Personen als Mitarbeiter.«

»Zur Sache, Smith.«

»Wir haben ihr den Titel einer Direktorin gegeben und fünfzig Prozent auf jede Vermittlung, die sie tätigt.«

»Ist das alles? Bist du sicher, daß sie so gut ist? Fünfzig Prozent von nichts ist …«

»Vertrau mir, Schatz. Würde ich ein schlechtes Geschäft für uns abschließen?«

Wetzon sann darüber nach, während sie Marissa Peisers telefonische Nachricht zwischen den Fingern in Ziehharmonikafalten preßte. Im Geschäftemachen war Smith gerissen. Sie witterte Profite, wie die Hunde der New Yorker Polizei Sprengstoff erschnupperten. Und doch, vertrau mir löste bei Wetzon stets die Erinnerung an ein Gespräch mit einem Börsenmakler in ihrem ersten Jahr als Headhunterin aus. Er hatte ihr gesagt, daß vertrau mir im Geschäftsleben in Wirklichkeit leck mich am Arsch bedeutet.

»Machen wir doch gleich jetzt eine klitzekleine Konferenz«, fuhr Smith fort, »und bringen alles in Gang. Wenn es funktioniert, und davon bin ich überzeugt, sind wir in der Lage, den Durchbruch nach oben zu schaffen und ein zweistöckiges Büro zu bekommen.« Smith ging zur Tür, stieß sie auf und warf ihre Schlußbemerkung über die Schulter. »Und, Schatz, sei nett zu Darlene. Sie ist sehr nervös, weil sie nicht weiß, ob du sie magst.«

»Meinetwegen nervös? Menschenskind, Smith. Ich würde sagen, die Frau ist generell ein wenig überspannt. Weiß sie, daß unsere Krankenversicherung erlaubt, bei Psychiaterrechnungen bis zu zehntausend abzusetzen?«

»Ach, du.« Smith tat Wetzons Worte mit einer nachsichtigen Handbewegung ab, steckte den Kopf durch die Tür und rief: »Herzchen, kommen Sie herein.«

Darlenes kurzer Rock, vorne gerafft wie ein Sarong, enthüllte dickliche Knie in hauchdünnen Strümpfen. Die Absätze ihrer Sandaletten waren sogar noch höher als die der Pumps von Smith. »Oh«, rief sie und starrte den Kopf von Smith an. »Sie haben meinen Hut gefunden!«

»Er lag vor unserer Tür«, sagte Smith streng, setzte ihn ab und untersuchte ihn. »Er ist sehr schön.« Sie gab ihn Darlene, wenn auch widerstrebend. »Aber Sie sollten diesen häßlichen Fleck entfernen lassen.«

»Was für einen Fleck?« Darlene hielt den Hut an die Nase, dann betrachtete sie ihn und begann zu zittern. »Sehen Sie, ich habe es Ihnen gesagt.« Sie hielt Smith den Hut hin, die zu Wetzons Verwunderung mit einem eigenartigen Gesichtsausdruck zurückwich.

Bedauerte Smith bereits, daß sie Darlene eingestellt hatte? fragte sich Wetzon. Falls ja, dann machte das schon zwei. Smith bekam glasige Augen. Verdammt, dachte Wetzon.

Darlenes Stimme überschlug sich. »Sie verstehen das nicht! Er bringt mich um. Schauen Sie, Wetzon – schauen Sie sich das an. Ich bin nicht verrückt. Ich weiß, daß Sie mich für verrückt halten. Aber Sie müssen mir glauben!«

Sie tat Wetzon leid. Also nahm sie den Pelzhut aus Darlenes zitternder Hand und betrachtete ihn; dann sah sie genauer hin.

Wie ein dunkler Fleck lief eine Kerbe über die Oberseite.

Der letzte Vorhang

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