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Biederitz

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Karl May ließ seinen Trapper aus St. Louis in dem auch für Mays Verhältnisse recht kitschig geratenen Groschenheft-Roman Waldröschen zwar nach Biederitz kommen – was an sich schon eine literarische Sensation ist –, trotz dreistündigem Aufenthalt kommt der Wildwestmann allerdings nicht über den Bahnhof des Dorfes hinaus.

Und so mag es auch heute noch vielen Reisenden ergehen: Biederitz ist das Tor zum Jerichower Land, hier steigt um, wer nach Gommern, Burg oder Möckern will, aber auch, wen es weg von hier nach Berlin, Magdeburg und Braunschweig, Dessau und Leipzig zieht. Zu sehen bekommen die meisten Menschen, die nach Biederitz geraten, also auch heute nur den Bahnhof mit – was selten ist in diesen Breiten – einer ziemlich ordentlichen Gaststätte.

Biederitz erleidet dasselbe Schicksal wie die anderen beiden Einheitsgemeinden des Jerichower Landes, Elbe-Parey und Möser: Sie stehen hinter der fünf Städten Burg, Genthin, Gommern, Jerichow und Möckern zurück und sind noch gesichtsloser als diese. Weil sie zusammengeschustert worden sind, künstliche Gewächse. Aber auch, weil da eben nicht viel ist auf dem platten Land Ostelbiens: Dorfkerne und Wohnparks, alte, gewundene und am Reißbrett entworfene Straßenzüge eng beieinander.

Immerhin, man bemüht sich. In Biederitz etwa, genauer gesagt im Ortsteil Heyrothsberge, wird ein alter NVA-Bunker als Konzertbühne und Bar genutzt. Das ansehnlichere Schloss Neu Königsborn hingegen verfällt. In Möser befindet sich neben einer Bockwindmühle, einem Hünengrab und einem Weinberg ein ziemlich imposantes Wasserstraßenkreuz, wo die Elbe den Mittellandkanal passiert. Und in Elbe-Parey? Na, alle sieben Dörfer der Gemeinde von Bergzow bis Zerben haben kleine, niedliche Dorfkirchen vorzuweisen. Es muss ja nicht immer Berlin sein. Und auf dem teilsanierten Schloss Zerben lebte einst das leibhaftige Vorbild für Theodor Fontanes Effi Briest – also doch ein bisschen Berlin und Preußen.

Und dann schwebt seit einigen Jahren die jährlich gekürte Elbauenkönigin durch alle Bierzelte der am dünnsten besiedelten Gemeinde des Landkreises. Das hat schon was, das verleiht Kultur, wenngleich auch eher Agri-Kultur. Denn Elbe-Parey ist wie alle anderen Gemeinden im Landkreis auch hauptsächlich landwirtschaftlich geprägt. Der Tourismus hingegen beschränkt sich auf den Verkehr: Die Radfahrer ziehen langsamer, die Zugreisenden (meist) schneller durch das Land. Und länger als für eine Nacht, so versichert der Gastwirt in Biederitz, ist hier noch niemand abgestiegen. Wozu auch, fragt er.

Sachsen-Anhalt, wie es glänzt und dämmert

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