Читать книгу Sachsen-Anhalt, wie es glänzt und dämmert - Annette Riemer - Страница 12
Blankenburg
ОглавлениеBlankenburg ist etwas für den Nachmittag. Vorher sollte man nicht in diese kleine Stadt am Nordrand vom Harz fahren, denn um den Mittagstisch ist es hier schlecht bestellt: Die meisten Restaurants haben Mittagsruhe. Aber an diesem einen Nachmittag lässt es sich gut durch die weitläufige Ortschaft und ihre gewundenen, stark ansteigenden Straßen flanieren.
Was gibt es zu sehen? Ein imposantes Rathaus, ein kleines Barockschlösschen nebst symmetrisch angelegtem Garten – und dann einen altersschwachen Kasten, der als größtes deutsches Welfenschloss firmiert. Der Aufstieg zu dieser ehemaligen Residenz führt an verfallenen Nebengebäuden vorbei. Oben kann man sich den Wanderpass abstempeln lassen – zur Selbstbestätigung einer sportlichen Leistung, die keine ist, denn das Schloss auf seinen gerade einmal 300 Höhenmetern ist sehr gemütlich zu erreichen.
Oben dann ein Innenhof, davor ein Ausblick auf niedrigere und höhere Berge, darin ein Café, das zwei Stunden pro Woche (samstags) geöffnet hat. Ansonsten der Muff vergangener Epochen. Von den Welfen bleibt hier nur die Gewissheit, dass ihre Zeit schon lange her ist.
Im Teehaus gibt es Kaffee, in der oberen Mühle Bier, aber sonst ist Blankenburg ziemlich sonntagsträge. Die leeren Geschäfte deuten an, dass es hier auch werktags nicht sonderlich belebter zugeht. Dass es mit Blankenburg eher ab- als aufwärts geht, verrät schon ein Schild am Bahnhof, das warnt: «Auf diesem Bahnhof ist jetzt kein Aufsichtsbeamter mehr. Sorge bitte selbst für Deine eigene Sicherheit!»
Die Stadt hat eben das Pech, in einer ziemlich prominenten Nachbarschaft zu liegen: Halberstadt hat die besseren Museen, Wernigerode das bekanntere Rathaus und ein restauriertes Schloss, Thale hat die schönere Umgebung mit Rosstrappe und Hexentanzplatz und Quedlinburg ist überhaupt ein einziges Flächendenkmal.
Trotzdem lohnt sich ein Abstecher nach Blankenburg. Zum einen ist es – gerade weil so unspektakulär – tatsächlich ein Erholungsort. Hier zieht nichts ernsthaft an den Nerven, die Seele kann sich entspannen. Zum anderen gibt es etwas nördlich der Stadt die Reste der Burg Regenstein zu besichtigen. Diese hochmittelalterliche Festung wurde in den Felsen gebaut. Man wandelt durch künstliche Höhlen, die ineinander übergehen und von denen heute niemand mehr weiß, was Kapelle, was Rittersaal, was Schlafgemach war. Hier darf man träumen von alten Geschichten, die man aus Kinderbüchern kennt. Hier spuken die Harzer Sagen um Teufel und Düsternis. Hier ist Blankenburg geradezu märchenhaft.