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Bitterfeld-Wolfen

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Bitterfeld – das gibt es ja heute gar nicht mehr. Seit 2007 ist die einstige Boomtown der DDR Teil von Bitterfeld-Wolfen. Seitdem gibt es auch keinen Landkreis Bitterfeld mehr, nur noch Anhalt-Bitterfeld. Dabei lag Bitterfeld nie im historischen Anhalt, nur an der Bitter, wie Kurt Tucholsky in seinem Schloss Gripsholm erzählt. Aber davon wissen nicht einmal die Bitterfelder: Einen Fluss namens Bitter gibt es nicht.

Es stimmt schon etwas traurig, durch diesen Ort zu schlendern. Eigentlich müsste es hier doch aufwärts gehen: Neuer Name, neues Glück. Und ein neues Image: Früher galt Bitterfeld als chemisches Drecksloch, aber inzwischen sind alle Akten ausgewertet: Der verseuchteste Ort der DDR war Merseburg, nicht das verkannte Bitterfeld. Dazu ein architektonisch bemerkenswerter Bitterfelder Bogen statt eines Bitterfelder Wegs in den literarischen Sozialismus. Statt Tagebau heißt es jetzt Seenlandschaft.

Und trotzdem: Das Rathaus in seinem voluminösen Gute-Hitlerjahre-Stil, der Kulturpalast im sozialistischen Betonformat und nicht zuletzt die Glasfronten der neuen Berufsschule – weithin sichtbar – hauchen Bitterfeld etwas martialisch Übergroßes ein. Das Flair fehlt.

Und auch ein bisschen die Einwohner. Die Stadt hat sich seit der Wende fast halbiert. Und wer in einer ehemals boomenden Arbeiterstadt ohne großartiges Bildungsbürgertum nach der Abwanderung der „gut ausgebildeten, meist weiblichen jungen Menschen“ geblieben ist, kann sich wohl jeder denken. Wer nicht, muss nur am Sonntagnachmittag an die Goitzsche raus. Solche derben O-Töne bekommt man sonst nur in Halle-Neustadt zu hören.

Also gar keine Hoffnung für Bitterfeld? Vielleicht mit Blick auf das Europagymnasium in der Binnengärtenstraße, vielleicht vor dem alten, backsteinernen Rathaus am Markt, in den vielen, teils neu angelegten Parks – da ist die Stadt dann doch überraschenderweise – beinah schön.

Sachsen-Anhalt, wie es glänzt und dämmert

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